Erzählungen von der Eroberung Spaniens (German Edition)
als Werke von Menschen, denn von Genien. Allein alle diese bewundernswürdigen Gegenstände ließen es ihn nur um so schmerzlicher empfinden, daß er den ausschließlichen Ruhm nicht ansprechen konnte, dieses Land in Besitz genommen und sich unterworfen zu haben, und es erbitterte ihn um so heftiger gegen Tarek, weil dieser sich augenscheinlich bemüht hatte, die Eroberung als sein Werk erscheinen zu lassen.
Tarek hörte von seiner Annäherung; von der Mehrzahl seiner ausgezeichnetsten Siegsgefährten begleitet, eilte er ihm nach Talavera entgegen; in seinem Gefolge befand sich ein Zug von Pferden und Maulthieren, die mit Beute beladen waren, durch welche er sich die Gunst seines Oberfeldherrn zu sichern zuversichtlich hoffte. Ihr Zusammentreffen fand an den Ufern des reißenden Flusses Tiedar statt, welcher in den Bergen von Placencia entspringt und sich in den Tajo ergießt.
Musa hatte in frühern Tagen, als Tarek ihm als ein untergeordneter und unermüdlicher Heerführer diente, ihn wie sein zweites Ich geliebt und geachtet; jetzt aber, da er sich zu seinem Nebenbuhler aufgeworfen hatte, konnte er seine Eifersucht nicht verbergen. Wie der alte Tarek el Tuerto vor ihm erschien, sah er ihn einen Augenblick mit strenger und zürnender Miene an.
»Warum hast du meinen Befehlen zuwider gehandelt?« sagte er. »Ich hatte dir befohlen, meiner Ankunft und der Verstärkungen zu harren, welche ich mitbringen würde; du hast aber vorschnell das Land durchstreift und unsere Heere und unsere Angelegenheiten der größten Gefahr preis gegeben!«
»Ich habe so gehandelt,« erwiederte Tarek, »wie ich es für die Sache des Islam als das Beste erachtete, und indem ich so that, glaubte ich, Musa’s Wünsche zu erfüllen. Was ich vollbracht habe, vollbrachte ich als Euer Diener. Seht, da ist Euer Antheil als Oberfeldherr an der Beute, welche ich gemacht habe.«
Bei diesen Worten ließ er unermeßliche Schätze von Gold und Silber, kostbare Stoffe und reiche Edelsteine herbeibringen und breitete sie vor Musa aus.
Der Zorn des arabischen Heerführers entflammte nur noch mehr bei dem Anblick dieser Beute; denn sie bewies, wie glänzend die Siege Tarek’s gewesen waren; allein er unterdrückte für den Augenblick seinen Aerger, und sie zogen in düsterm Schweigen mit einander der alten Stadt Toledo entgegen.
Als sie die königliche Stadt betraten und in den alten Palast der gothischen Könige hinaufstiegen, und Musa darüber nachdachte, daß all dies ein Schauplatz des Triumphs für seinen Nebenbuhler gewesen, konnte er seinen Zorn nicht länger zügeln. Er forderte Tarek zu strenger Rechenschaft über alle Reichthümer, die er in Spanien gesammelt, und selbst über die Geschenke auf, welche er für den Kalifen zurückgelegt hatte; vor Allem ließ er sich seine Lieblingstrophäe, die magische Tafel des Königs Salomon, ausliefern. Als all dies geschehen war, tadelte er ihn abermals bitter wegen seines Ungehorsams gegen seine Befehle und wegen der Raschheit seines Benehmens.
»Welches blinde Vertrauen auf das Glück hast du gezeigt,« sagte er, »als du dich in ein so ausgedehntes Gebiet wagtest und mit deinem schwachen Heere so mächtige Städte angriffst! Welche Thorheit, einem verzweifelten Zufalle Alles anheim zu stellen, während du wußtest, daß ich mit einem Heere kommen würde, uns den Sieg zu sichern! Alle deine glücklichen Erfolge sind dem blosen Glücke anheim zu geben, nicht dem Scharfblick und der Feldherrngabe.«
Er ertheilte nun den übrigen Häuptlingen großes Lob wegen der Dienste, die sie der Sache des Islam geleistet; sie erwiederten jedoch kein Wort, und ihre Züge waren düster und unzufrieden; denn sie fühlten das Unrecht, welches ihrem geliebten Führer widerfuhr. Tarek angehend, so glühete zwar das Feuer in seinen Augen, aber er hielt seinen Zorn im Zaume.
»Ich habe mein Bestes gethan, um Gott und dem Kalifen zu dienen,« sagte er mit Nachdruck: »mein Gewissen spricht mich frei, und ich hoffe, so wird auch mein Gebieter thun.«
»Vielleicht thut er so,« antwortete Musa bitter: »mittlerweile aber kann ich seine Interessen keinem Waghals anvertrauen, welcher alle Befehle verachtet und dem Zufalle Alles anheim gibt. Ein solcher Feldherr ist nicht würdig, daß man ihm das Schicksal von Heeren anvertraut.«
So sprach er, entsetzte Tarek seiner Befehlshaberstelle und übertrug sie dem Renegaten Magued. Tarek el Tuerto behielt immerdar die Miene ernster Fassung bei. Sein einziges Wort war: »Der
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