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Erzählungen von der Eroberung Spaniens (German Edition)

Erzählungen von der Eroberung Spaniens (German Edition)

Titel: Erzählungen von der Eroberung Spaniens (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Washington Irving
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heftete sie ihre Augen zu Boden, und ihre Thränen begannen von Neuem zu fließen.
    Abdalasis’ edle Gefühle wurden durch den Anblick der schönen, weinenden Königin erregt. Er befahl, Exilona in einer ihrem früheren Range angemesseneren Weise zu behandeln; seinen Anordnungen zufolge mußte eine Schaar von Dienerinnen ihrer Wünsche harren und eine Ehrenwache sie vor dem Zutritte Unberufener schützen. Jede Stunde, die er von den öffentlichen Geschäften erübrigen konnte, brachte er in ihrer Gesellschaft hin; ja, er vernachlässigte seinen Divan und ließ seine Räthe vergeblich harren, während er in den Gemächern und Gärten des Palastes weilte und der süßen Stimme Exilona’s lauschte.
    Der weise Ayub sah die Gefahr, in welche sich Abdalasis begab.
    »O Abdalasis,« sagte er, »erinnere dich der Worte deines Vaters: »»Hüte dich, mein Sohn, vor den Verführungen der Liebe! Sie macht den Mächtigen schwach und wandelt Fürsten in Sklaven um.«« Das waren die Worte des Schreibens.«
    Schamröthe überzog Abdalasis’ Wangen, und er schwieg einen Augenblick.
    »Warum,« sagte er endlich, »suchst du mich solcher Schwäche zu bezüchtigen? Von den Reizen eines Weibes bezaubert sein, ist etwas ganz Anderes, als durch ihr Unglück gerührt zu werden. Meine Stellung verlangt es, daß ich eine Fürstin tröste, welche durch die Siege unserer Waffen die größte Demüthigung erfahren hat. Indem ich dies thue, höre ich nur auf das Gebot wahrer Großmuth.«
    Ayub schwieg, aber seine Stirne war umwölkt, und zum ersten Male schied Abdalasis unzufrieden von seinem Rathgeber. Je unzufriedener er mit sich und Andern war, desto eifriger suchte er die Gesellschaft der schönen Exilona; denn in ihrer Unterhaltung war ein Zauber, der jeden Kummer verbannte. Er wurde täglich verliebter, und Exilona hörte allmählig auf zu weinen und begann, mit heimlicher Freude auf die Worte ihres arabischen Freundes zu lauschen. Als er jedoch auf seine Leidenschaft hindeutete, gedachte sie der geringen Achtung, welche die Anhänger Mahomed’s ihrem Geschlechte zu erweisen pflegten, und ihr Antlitz wurde ernst und streng.
    »Das Schicksal,« sagte sie, »hat mich dir zu Füßen geworfen; sieh, ich bin deine Gefangene – deine Beute. Obgleich aber meine Person in deiner Gewalt ist, so ist meine Seele doch unbesiegt; und du mußt wissen, daß ich, wenn es mir auch an Kraft fehlt, meine Ehre zu schützen, doch Entschlossenheit genug habe, jeden Mackel derselben mit meinem Blute abzuwaschen. Ich vertraue jedoch in deine edle Sitte als Ritter, daß du mich in meinem Unglücke achtest, indem du gedenkst, wer ich gewesen, und daß, obschon die Krone von meinem Haupte gerissen worden, das königliche Blut noch warm in meinen Adern fließt. [Fußnote:
Faxardo , Corona gothica. T. I. p. 492. – Juan Mariana , De Rebus Hispan. l. VI. c. 27.
– Der Verf. ]
    Exilona’s erhabener Geist und ihre stolze Sprödigkeit dienten nur dazu, Abdalasis’ Leidenschaft zu erhöhen. Er bat sie, ihr Schicksal mit dem seinigen zu vereinigen und seine Macht und Herrschaft zu theilen, indem er ihr versprach, sie werde in seinem Herzen keine Nebenbuhlerin oder Mitgenossin haben. Welche Zweifel auch die gefangene Königin ursprünglich gegen eine Verbindung mit einem der Besieger ihres Gemahls und mit einem Feinde des von ihr angenommenen Glaubens, gehegt haben mogte, – sie wurde leicht zerstreut, und Exilona wurde Abdalasis’ Verlobte. Gern hätte er sie überredet, zu dem Glauben ihrer Väter zurückzukehren; allein, obgleich sie maurischen Ursprungs und in den Lehren des Islam auferzogen worden war, hatte sie sich doch dem christlichen Glauben zu innig hingegeben und blickte mit Widerwillen auf eine Religion, welche dem Manne gestattete, mehrere Frauen zu haben.
    Als der weise Ayub den Entschluß Abdalasis’ vernahm, Exilona zu ehelichen, gerieth er in Verzweiflung.
    »Ach, mein Vetter!« sagte er: »wie bist du geblendet und bezaubert! Hast du das Schreiben deines Vaters gänzlich vergessen? »»Hüte dich, mein Sohn, vor der Liebe; sie ist eine eitle Leidenschaft, welche das Herz schwächt und das Urtheil blendet.«« So lauteten die Worte deines Vaters –«
    Aber Abdalasis unterbrach ihn ungeduldig und sagte: »Mein Vater sprach nur von dem Zauber üppiger Liebe, und gegen diese bin ich durch meine tugendhafte Neigung zu Exilona gesichert.«
    Ayub hätte ihm gern die Gefahren vorgestellt, welchen er sich unterzog, indem er den Verdacht des Kalifen und

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