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Es Geht Noch Ein Zug Von Der Gare Du Nord

Es Geht Noch Ein Zug Von Der Gare Du Nord

Titel: Es Geht Noch Ein Zug Von Der Gare Du Nord Kostenlos Bücher Online Lesen
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nicht das geringste zu tun zu haben, was dazu führte, daß es seine Persönlichkeit spaltete. Aber da er sich seit seiner Kindheit schon oft doppelt gefühlt hatte, Jean-Baptiste auf der einen und Adamsberg auf der anderen Seite, der Jean-Baptiste zusah und ihm hämisch lachend an den Fersen klebte, hatte das dazu geführt, daß sie jetzt drei waren: Jean-Baptiste, Adamsberg und der öffentliche Mann Jean-Baptiste Adamsberg. Heilige und Zerrissene Dreieinigkeit. Er erhob sich, um sich im Raum nebenan einen Kaffee zu holen, wo ein Automat stand, vor dem man häufig Margellon antraf. In diesem Augenblick waren allerdings fast alle da, zusammen mit einer Frau, die ein gehöriges Spektakel zu veranstalten schien und der Castreau gerade geduldig sagte: »Bitte gehen Sie, Madame.«
     
    ***
     
    Adamsberg nahm sich einen Kaffee und sah zu: Die Frau redete mit heiserer Stimme, sie war genervt und auch traurig. Ganz offensichtlich nervten die Bullen sie. Sie war schwarz gekleidet. Adamsberg fand, sie habe den Kopf einer Ägypterin oder irgend so eines Volkes, das diese herrlichen hakennasigen, dunklen Gesichter hervorbringt, die man nie vergißt und die einen überallhin begleiten, ein bißchen wie der kleine Liebling.
    Castreau sagte gerade: »Madame, das hier ist kein Auskunftsbüro, seien Sie so freundlich und gehen Sie, na, gehen Sie jetzt.«
    Sie war nicht mehr jung, Adamsberg schätzte sie auf zwischen fünfundvierzig und sechzig. Sie hatte braune, grobe Hände mit kurzen Nägeln, die Hände einer Frau, die ihr Leben anderswo verbracht haben mußte, damit beschäftigt, etwas mit ihnen zu suchen.
    »Wozu sind die Bullen dann gut?« fragte die Frau und schüttelte ihr schwarzes, über die Schulter fallendes Haar. »Eine winzige Anstrengung, ein kleiner Tip wird Sie doch wohl nicht umbringen, oder? Ich würde zehn Jahre brauchen, ihn zu finden, und Sie kostet das nur einen Tag!«
    Jetzt verlor Castreau seine Gelassenheit.
    »Mit Ihrem Chaos hab ich nichts zu schaffen!« rief er. »Steht Ihr Typ auf der Vermißtenliste? Nein? Na, also. Verschwinden Sie hier, wir sind nicht für Kontaktanzeigen zuständig! Und wenn Sie hier weiter einen Skandal machen, rufe ich den Vorgesetzten!«
    Adamsberg lehnte an der Wand im Hintergrund.
    »Ich bin der Vorgesetzte«, sagte er, ohne sich zu rühren.
    Mathilde wandte sich um. Sie sah den Mann mit den hängenden Augen, der sie mit seltener Sanftheit betrachtete, das Hemd, das auf der einen Seite in eine schwarze Hose gestopft war und auf der anderen heraushing, sie sah, daß das schmale Gesicht nicht zu seinen Händen paßte, die einer Rodin-Statue gehört haben könnten, und sie begriff, daß ab jetzt alles besser laufen würde.
    Adamsberg löste sich ein wenig von der Wand, stieß die Tür seines Büros auf und bedeutete ihr einzutreten.
    »Es stimmt schon«, räumte Mathilde ein, während sie sich setzte. »Sie sind kein Auskunftsbüro. Mein Tag hat schlecht angefangen. Gestern und vorgestern war's nicht besser. Die Phase der Woche ist eben hin. Ich wünsche Ihnen, daß Sie eine bessere Phase hinter sich haben als ich.«
    »Eine Phase?«
    »Nach meiner Vorstellung bilden Montag-Dienstag-Mittwoch eine Phase, und zwar Phase 1. Was in Phase 1 erfolgt, ist von ziemlich anderer Qualität, als was in Phase 2 passiert.«
    »Donnerstag-Freitag-Samstag?«
    »Genau. Wenn man genau hinsieht, dann sieht man in Phase l im allgemeinen mehr ernsthafte Überraschungen, ich sage bewußt im allgemeinen, und mehr Überstürzung, Tempo und Vergnügungen in Phase 2. Eine Frage des Rhythmus. Das wechselt nie, im Gegensatz zur Parkerlaubnis für Autos in bestimmten Straßen, wo man vierzehn Tage lang parken darf, und die nächsten vierzehn Tage nicht. Warum? Damit die Straße sich ausruht? Um sie eine Weile brachliegen zu lassen? Großes Geheimnis. Bei den Wochenphasen jedenfalls wechselt es nie. Phase 1: Man interessiert sich für etwas, man glaubt an Dinge, man findet was. Anthropologisches Drama und Wunder. Phase 2: Man findet nicht das geringste, man lernt null, Lächerlichkeit des Lebens und Co. In Phase 2 gibt es ziemlich viel irgendwas mit irgendwem, und man trinkt nicht gerade wenig, während Phase l erheblich wichtiger ist, ganz klar. Im Grunde kann eine Phase 2 praktisch nicht schiefgehen, oder sagen wir besser, da hat es keine Konsequenzen. Aber wenn man eine Phase l so dahinpfuscht wie in dieser Woche, dann versetzt einem das einen ganz schönen Schlag. Dazu kam noch, daß in der Brasserie

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