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Es Geht Noch Ein Zug Von Der Gare Du Nord

Es Geht Noch Ein Zug Von Der Gare Du Nord

Titel: Es Geht Noch Ein Zug Von Der Gare Du Nord Kostenlos Bücher Online Lesen
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kennt. Etwa zehn Tage vor dem Mord, das paßt zu gut.«
    »Willst du damit sagen, daß sie mit der Absicht, Madeleine zu ermorden, zu Adamsberg gekommen ist, um die Unschuldige zu spielen?« fragte Lisa. »So wie diese Frau, die ihren Großvater umgelegt hat, aber einen Monat vorher zu dir gekommen ist, um dir ihre ›Vorahnungen‹ anzuvertrauen? Erinnerst du dich?«
    »Du erinnerst dich noch an dieses miese Weibsstück? Die war übrigens nicht im geringsten paranoisch und eisig wie ein Reptil. Beinahe wäre sie damit durchgekommen. Die klassische Sache mit den Mördern, die anrufen, um die Entdeckung der Leiche mitzuteilen, nur deutlich besser ausgearbeitet. Das Eindringen von Mathilde Forestier läßt einen daran denken. Man hört sie schon protestieren: Kommissar, ich wäre doch nicht selbst gekommen und hätte Ihnen erzählt, daß ich dem Mann mit den Kreisen gefolgt bin, wenn ich die Absicht gehabt hätte, ihn zu benutzen, um selbst zu morden!‹ Ein gefährliches, aber überragendes Manöver, das ziemlich gut zu ihr passen würde. Denn sie gehört in eine ziemlich überragende Kategorie, das habt ihr verstanden.«
    »Und sie hat die dicke Madeleine ermorden wollen?«
    »Nein«, sagte Arlette. »Madeleine wäre nur eine arme Frau, die zufällig gewählt wurde, um damit eine Reihe zu beginnen, um das Ganze dem Irren mit den Kreisen anzuhängen. Der wahre Mord kommt später. Das ist es, was Papa durch den Kopf geht.«
    »Vielleicht ist es das, was Papa durch den Kopf geht«, bemerkte Danglard.
     
    ***
     
    Am nächsten Morgen begegnete Mathilde am Fuß der Treppe Charles Reyer, der sich vor seiner Tür bückte. Sie fragte sich, ob er nicht in Wahrheit auf sie wartete, während er so tat, als fände er das Schlüsselloch nicht. Allerdings sagte er nichts, als sie vorüberging.
    »Charles«, sagte Mathilde, »heften Sie Ihr Auge auf die Schlüssellöcher?«
    Charles richtete sich auf und zeigte in der Dunkelheit des Treppenhauses ein finsteres Gesicht.
    »Sind Sie es, Königin Mathilde, die derart grausame Wortspiele machen?«
    »Ich bin es, Charles. Ich überflügle Sie. Sie kennen die alte Regel: ›Wenn du Frieden willst, bereite den Krieg.‹«
    Charles seufzte.
    »Einverstanden, Mathilde. Dann helfen Sie einem armen Blinden, den Schlüssel ins Schloß zu stecken. Ich habe mich hier noch nicht eingewöhnt.«
    »Da ist es«, sagte Mathilde und führte seine Hand. »So, jetzt ist abgeschlossen. Charles, haben Sie sich was zu dem Bullen gedacht, der gestern abend hier war?«
    »Nein. Mir ist es nicht gelungen, hinter Ihr Gespräch zu kommen, und außerdem habe ich Clémence unterhalten. Mir gefällt an Clémence, daß sie einen Knacks hat, und die Anwesenheit von Leuten mit 'nem Knacks tut mir sehr gut.«
    »Heute habe ich vor, einen Typen mit Knacks zu verfolgen, der sich für die sagenhafte Drehbewegung der Sonnenblumenstengel interessiert, ich würde gerne wissen, warum. Das kann den ganzen Tag und den Abend dauern. Wenn es Ihnen nichts ausmacht, würde ich Sie bitten, daß Sie an meiner Stelle zu dem Bullen gehen. Es liegt auf Ihrem Weg.«
    »Was arrangieren Sie da, Mathilde? Sie haben Ihre Absichten aber welche? - schon zum Teil verwirklicht, indem Sie dafür gesorgt haben, daß ich bei Ihnen wohne. Sie wollen meine Augen neu machen, Sie halsen mir Clémence für einen ganzen Abend auf, und jetzt treiben Sie mich in die Hände dieses Polizisten... Warum haben Sie mich nur gesucht? Was wollen Sie mit mir machen?«
    Mathilde zuckte mit den Schultern.
    »Sie fragen sich zuviel, Charles. Wir sind uns begegnet, das ist alles. Außer in Fällen von unterseeischer Biomasse sind meine Eingebungen im allgemeinen ohne Grundlage. Und wenn ich Sie so höre, bedaure ich, manchmal nicht ein bißchen mehr Grundlage zu haben. Das würde es mir ersparen, hier auf einer Stufe festgenagelt zu stehen und mir meinen Vormittag von einem schlechtgelaunten Blinden verhunzen zu lassen.«
    »Entschuldigung, Mathilde. Was soll ich Adamsberg von Ihnen ausrichten?«
     
    Charles rief in seinem Büro an, um mitzuteilen, daß er etwas später kommen würde. Er hatte Lust, zunächst den kleinen Gang auf das Kommissariat für Königin Mathilde zu erledigen, Lust, ihr diesen Dienst zu erweisen, Lust, ihr einen Gefallen zu tun. Heute abend zu versuchen, sanft zu ihr zu sein, ihr anzuvertrauen, daß er Hoffnung in sie setzte, ihr liebenswürdig zu sagen, daß er ihr liebenswürdig einen Dienst erwiesen habe. Er wollte Mathilde nicht

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