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Es geschah in einer Regennacht

Es geschah in einer Regennacht

Titel: Es geschah in einer Regennacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
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zwischen
den Zähnen.
    »Köter!« Das war der Heisere.
    »Ist der hin?«
    Die geflüsterte Frage des
zweiten bezog sich offensichtlich auf Tims Zustand und enthielt kein Quäntchen
Besorgnis.
    »Eher nicht! Komm!«
    Ein rechter Fuß kam so dicht an
Tim vorbei, dass er glaubte, das Leder zu riechen. Im selben Moment drang ein
Lichtschein von irgendwoher. Im Nachbarhaus, einem Wohngebäude, war Licht
gemacht worden hinter einem Fenster. Es erlosch gleich wieder, als eine
Jalousie herabrasselte. Aber Tim hatte den Fuß und den Schuh gesehen. Dann
verschwanden die vier Beine aus Tims Sicht. Doch Tim hatte registriert: Der
Mann trug zweifarbige Sneaker, vermutlich in Rot und Weiß. An dem rechten war
das Leder zerkratzt. Zwei breite Risse, die sich zu einem X kreuzten.
    Laufschritte in Richtung
Straße.
    Tim spürte, wie Gefühl in seine
Beine zurückkehrte.
    Er versuchte aufzustehen. Und
er hörte, wie Gaby schrie. Es klang nach Schreck, nicht nach Schmerz, auch
nicht nach Entsetzen. Tim biss die Zähne zusammen und zog mühsam die Knie an.
Jetzt war Oskar neben ihm. Der treue Vierbeiner hatte sich entschieden, ließ
den Knochen einen Knochen sein und leckte Tim das Gesicht.
    Als hätte die Geste eine Sperre
gelöst, war plötzlich wieder Leben in Tim, Kraft und Gefühl. Er richtete sich
auf. Er taumelte für eine Sekunde und musste sich auf ein Fass stützen, aber
dann stolperte er zu der Hausecke, hinter der die beiden Typen verschwunden
waren.
    »Gaby!«
    Sie antwortete nicht. Tim
spürte abermals Panik, diesmal nicht wegen seiner Gesundheit, sondern wegen
seiner Freundin. Er rannte los, und die Beine gehorchten, als wäre nichts
gewesen. Oskar hechelte neben ihm her und hielt tatsächlich einen gewaltigen
Knochen im Maul, Marke Hammelkeule.
    »Hier bin ich.« Hinter einer
Abfalltonne in der Zufahrt schraubte sich Gaby aus der Dunkelheit hoch. »Diese
Mistkerle! Die haben mich beiseite geschubst. Der Größere war’s. Hat mich
gerempelt ohne Rücksicht. Was war denn los? Hast du Diebe aufgescheucht? Einbrecher?
Die haben was geschleppt.«
    Tim legte die Arme um seine
Freundin. »Bist du verletzt?«
    »Nein. Aber wütend.«
    »Ich war kurzzeitig groggy. Die
beiden waren auf dem Baugerüst und stiegen gerade herunter. Offenbar war ich
ihnen im Wege. Also haben sie mit einer verdammt dicken Bohle geworfen und
genau getroffen. Hätte ich die an die Birne gekriegt, wäre mein IQ (Intelligenz-Quotient) jetzt einstellig.«
    »Um Himmels willen!«, kicherte
Gaby. »Du kannst dir nicht den kleinsten Verlust leisten. Aber mal ernsthaft:
Wo bist du beschädigt?«
    »Nirgends, nur blaue Flecke.
Kannst du die beiden beschreiben?«
    »Wie denn?! Die rannten, als
wäre der Teufel — oder schlimmer noch als wärst du hinter ihnen her. Dunkle
Gestalten. Ein großer Kerl und ein mittlerer. Wollmützen, glaube ich. Und der
eine hatte was Großes, Flaches unter dem Arm. Vom Format her vielleicht ein
Gemälde. Uiiih! Häuptling, wir sind beim Landesmuseum. Die haben doch nicht
etwa...«
    »Ich glaube doch. Das waren
Gemäldediebe. Kunsträuber. Das Baugerüst an der Rückseite lädt ja geradezu ein.
Wahrscheinlich haben sie weiter oben ein Fenster geknackt und einen Rembrandt
geklaut oder sonst einen alten Meister. Das Gemälde war in eine Decke
gewickelt. So viel habe ich gesehen.«
    »Gibt’s denn hier keine
Alarmanlage?«
    »Die meisten Museen in Europa
sind miserabel gesichert. Das weiß leider jeder. Die Verantwortlichen, die
Kunst verwalten, sind anscheinend arglos wie kleine Kinder.«
    »Unter kleinen Kindern gibt’s
schon gewiefte Trickdiebe. Sieh dich mal im Sandkasten um.«
    »Ich weiß. Dort habe ich meine
ersten Keilereien angezettelt.«
    Tim blickte zur Straße, wo sich
nichts tat. Peitschenlampen spiegelten ihr Licht auf dem nassen Asphalt. Die
Verfolgung aufzunehmen, wäre sinnlos gewesen. Für Tim war es wichtiger, sich um
Gaby zu kümmern. Außerdem meinte er, ein abfahrendes Auto gehört zu haben —
noch bevor er seine Freundin in die Arme schloss. Die beiden Typen hatten ihr
Fahrzeug sicherlich in der Nähe geparkt. Ein längerer Spaziergang über die
Museums-Meile mit einem verpackten Gemälde wäre zu verdächtig gewesen.
    »Ich rufe Papi an.« Gaby zog
ihr Handy hervor. »Oh, Schiet! Kein Saft mehr auf der Leitung.«
    »Meins ist aufgeladen.«
    Er suchte in der rechten
Hosentasche, die sich jedoch seltsam leer anfühlte — abgesehen von
Schlüsselring und Taschentuch, dann in der linken, wo das Handy

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