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Es geschah in einer Regennacht

Es geschah in einer Regennacht

Titel: Es geschah in einer Regennacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
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fleischiges Gesicht, dessen ehemals
rötliche Äderung längst in ein ungesundes Pflaumenblau übergegangen war.
Außerdem war seine Vorliebe für Zwetschgengeist, also aus Pflaumen gebranntem
Schnaps, bekannt. Daher rührte der Teint.
    Dr. Lohm zitterte.
    Hoffentlich kippt er nicht um,
dachte Tim.
    Gaby hatte ihren Vater,
Kommissar Glockner, nicht erreicht. Auch seinen Assi nicht, Kriminalinspektor
Bienert, genannt Wespe, den besonderen Freund von TKKG. Beide führten
Ermittlungen in einem üblen Verbrechen, das sich am frühen Abend ereignet
hatte. Ein rechtsradikaler Schlägertrupp war über einen farbigen Mitbürger
hergefallen und hatte den jungen Mann, einen Studenten, halbtot geprügelt.
Jetzt kämpften die Ärzte im Krankenhaus um sein Leben.
    Anstelle von Gabys Vater war
Kommissar Jens-Bodo Kolloschke angerückt. Und den hielt Tim, und nicht nur Tim,
für total unfähig. Tatsächlich war Kolloschke ständiges Schlusslicht der
Aufklärungsstatistik — und das vor allem, weil er sich selbst im Wege stand wie
Stolpersteine und Fußangeln.
    Es liegt an seinem Charakter,
dachte Tim.
    Er und Gaby — und drei
uniformierte Polizisten — befanden sich jetzt in der erleuchteten Eingangshalle
des Landesmuseums. Lohm hatte den hehren Ort aufgeschlossen und war, gefolgt
von Kolloschke, als Erster hineingestürmt.
    »He, ihr beiden!«, wandte sich
Kolloschke an Gaby und Tim. Seine Aussprache war wie stets reichlich feucht.
»Das ist jetzt eine polizeiliche Ermittlung und nicht euer Bier.«
    »Draußen regnet es«, erwiderte
Gaby und zog Oskar an der Leine dichter zu sich. »Sie werden doch wohl nichts
dagegen haben, wenn wir hier im Trockenen abwarten.«
    »Abwarten? Was denn?«
Kolloschke versprühte Speicheltröpfchen.
    Tim grinste ihn an wie ein
Wolf, der gleich zubeißt. »Herr Kolloschke, wir haben diesen Einbruchsdiebstahl
entdeckt und gemeldet. Ich wurde verletzt und bin nur dank meiner guten
Kondition wieder fit. Gaby wurde von den Tätern zu Boden gestoßen. Wir sind
also als Opfer mittendrin in dem Fall und wollen verdammt noch mal wissen, was
Sache ist. Wie sind die beiden reingekommen? Was wurde geklaut? Über den Mangel
an Sicherheitsvorkehrungen, der hier vermutlich vorliegt, werden wir schweigen.
Von uns erfährt die Presse nichts.«
    Lohm stöhnte auf. Das Bund
Sicherheitsschlüssel in seiner pflaumenblauen Hand klirrte.
    »Ich weiß, was ihr euch sonst
immer rausnehmt.« Kolloschkes Blick war pures Gift, »aber bei mir läuft das
nicht. Das hier ist eine polizeiliche Ermittlung...«
    »Und keine Museumsführung«,
fiel ihm Tim ins Wort. »Das haben wir auch keinen Moment vermutet. Aber weil
wir uns sonst immer so viel rausnehmen, wie Sie belieben, es auszudrücken, sind
wir gewieft wie Experten von der Spurensicherung. Wir werden die Ermittlungen
nicht behindern und keine Spuren zertrampeln. Aber wir bleiben hier.«

    Zwei Uniformierte, die hinter
Kolloschke standen, grinsten. Der dritte, in Kolloschkes Blickfeld, verzog
keine Miene, sympathisierte aber garantiert nicht mit seinem Chef.
    Kolloschke maß Tim mit wütendem
Blick, doch in der Haltung des Kommissars fehlte Entschlossenheit. Die fehlte
ihm immer.
    Er sah aus wie ein Verlierer,
falls es für diese Schicksalsbürde ein Erscheinungsbild gibt. Er mochte Ende
dreißig sein, war knapp mittelgroß und schmächtig. Das schwindsüchtige Gesicht
wirkte eingefallen, hohlwangig und käsig mit fliehendem Kinn. Der rotblonde
Dreitagebart war ein vergeblicher Versuch, sich Männlichkeit anzumalen. Sein
zotteliges Haupthaar war meistens verschwitzt.
    Kolloschke wusste natürlich,
wie schwach sein äußerer Eindruck war. Statt das als unabänderlich hinzunehmen,
beging er den Fehler, sein Selbstbewusstsein mit übertriebener Forschheit zu
päppeln. Egal wann und wo — sein Ton war hart, meist pampig. Er schnauzte rum,
war im Präsidium beliebt wie ein Furunkel an der Sitzfläche und würde wohl auch
in dreißig Jahren noch keine Belobigung in seiner Personalakte haben. Im Dienst
war er kleinlich, bei Ermittlungen bestand er bei Nebensächlichkeiten auf
seinem Willen, machte aber schlapp, sobald ihm jemand die Stirn bot.
    Auch jetzt gab er nach.
Verbrämte aber seine Durchsetzungsschwäche mit Generosität (Edelmütigkeit) und einem schiefen Grinsen.
    »Also gut. Weil ihr’s seid. Und
weil der Kollege Glockner dein Vater ist, Gabriele. Aber haltet euch zurück!«
    Tim nickte. Und dachte: Von mir
erfährst du nichts von dem Bon und von dem X-Kratzer an den

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