Es geschah in Hollywood
des Thunderbirds in der Ferne verklungen war und die Stille im Zimmer mit jeder verstreichenden
Sekunde lauter wurde. Dann ging ich zu dem Sessel, in dem Carola Russo sich
noch immer in einer Art behaglicher Unverschämtheit räkelte, und bot ihr eine
Zigarette an. Sie nahm eine, und ich hielt ihr das brennende Streichholz hin,
während sie sie sich anzündete.
»Danke .« Sie blies eine Rauchwolke in mein Gesicht. »Ich dachte, die alberne fette Kuh
würde überhaupt nicht mehr fortgehen .«
Ich starrte sie verdutzt an.
»Ich dachte, Sie sprächen nur eine Sprache — Italienisch ?«
»Vielleicht hatte die Kuh, was
Sie anbelangt, doch recht ?« Sie blies mir eine weitere
Rauchwolke ins Gesicht. »Wenn Sie ein guter Presseagent wären, so wüßten Sie,
daß ich ein kleines englisches Starlet war, das in London kein Glück gehabt
hatte und zu Starruhm in Rom aufzusteigen hoffte, als Gino Amaldi mich
entdeckte. Lesen Sie denn Ihre eigenen Presseerzeugnisse nicht ?«
»Ich bin kein Presseagent«,
erklärte ich ihr, »obwohl das keine Rolle spielt. Warum haben Sie denn vor
Monica Hayes diese > Kannitverstan <-Schau
abgezogen ?«
»Es war die einfachste Weise,
sich aus einer peinlichen Situation herauszuwinden«, sagte sie müde. »Und eine
gefährliche Situation war es zudem! Sie sehen doch nicht wie ein blöder Hund
aus — um mich der Redeweise dieser Kuh zu bedienen — . Warum reden Sie also so, als ob Sie einer wären, Mr. Holman ?«
Sie stand mit einer einzigen
geschmeidigen Bewegung, die etwas Katzenartiges hatte, von ihrem Sessel auf und
reckte die Arme über ihrem Kopf. »Ich brauche etwas zu trinken .«
Dies verschaffte mir
Gelegenheit, Carola Russo zum erstenmal , seit ich die
Hütte betreten hatte, richtig zu betrachten. Sie hatte das Gesicht eines
kleinen Gassenmädchens, verwaist und einer grausamen, harten Welt ausgeliefert.
Ihre schlanke knabenhafte Figur stand im Widerspruch zu dem arroganten Schwung
ihrer Brüste, die wiederum größer wirkten, als sie waren, weil sie in scharfem
Kontrast zu den schmalen Hüften standen. Aber jede ihrer Bewegungen, mochten
sie noch so winzig sein, waren völlig weiblich und
katzenhaft. Sie strahlte auf eine gleichsam verächtliche Unbekümmertheit Sex
aus, die bedeutete, daß sie ihr angeboren war. Mittlerweile gehörte dies
einfach zu ihrem täglichen Dasein wie essen, schlafen ,
sich duschen.
Die schwarzseidene Hemdbluse
mit dem gemütlich auf der linken Brust sitzenden goldenen Monogramm war
zerknittert, als ob sie die vorige Nacht darin geschlafen hätte. Ihre schwarzen Caprihosen mit den eingewebten Silberfäden saßen so
eng, als ob sie ihr auf die bloße Haut geklebt worden seien. Als sie sich von
mir entfernte, um zur Bar zu gehen, überlegte ich, daß Gino Amaldi sich
keineswegs als ein solches Genie erwiesen hatte, als er ihre Starqualitäten
erkannte. Nur einem Blinden hätten sie entgehen können.
Sie machte sich einen riesigen
Drink zurecht und goß ihn mit einem einzigen Schluck bis zur Hälfte hinunter,
bevor sie sich mir wieder zuwandte.
»Das habe ich nötig gehabt !« Die innere Spannung zeigte sich in dem gehetzten Ausdruck
ihrer Augen. Sie wirkte wie das von einem unerbittlichen immer eben außer
Sichtweite unablässig anpirschenden Jäger verfolgte Wild, gefangen in einem
jadegrünen Dschungel.
»Was ist aus Don Gallant
geworden ?« fragte ich sie.
»Die Freundin der Kuh hat
gesagt, Sie seien aus dem Studio ?«
Ihre Stimme klang mißtrauisch,
und es lag ein deutlicher Unterton von Furcht, ja beinahe Hysterie darin. Ich
war überrascht, daß eine zweitklassige Schauspielerin wie Monica Hayes — selbst
wenn sie die Rolle der betrogenen Ehefrau diesmal recht realistisch dargestellt
hatte — ein Mädchen wie Carola Russo derart hatte einschüchtern können. Ich
erklärte ihr, wer ich sei und daß die Cadenza -Film
mich durch Lenore Palmer angeheuert hatte, um sie und Gallant so schnell wie
möglich in die Stadt zurückzubringen, in der Hoffnung, dies könnte geschehen,
bevor Monica Hayes und Amaldi entdeckten, wo sie sind.
»Gino?« Sie sog mit einem
zischenden Laut den Atem ein. »Gino ist zurück ?«
»Eine Woche früher als
erwartet«, zitierte ich Lenore Palmer. »Er hat seit vierundzwanzig Stunden
Schaum vor dem Mund .«
Sie schloß, während ihr ganzer
Körper von einem Schauder ergriffen wurde, für eine Sekunde die Augen und
schluckte dann den Rest ihres Glases hinunter.
Ich kehrte zu meiner
ursprünglichen Frage zurück.
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