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Es grünt so grün

Es grünt so grün

Titel: Es grünt so grün Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ward Moore
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vorzuschlagen, ich wäre für zwanzig Dollar „sauber“. Während er zum Telefon ging, verlängerte ich die Rechnung noch um Kaffee und Kuchen. Es war nie falsch, Vorsorge zu treffen, und ich hatte für diese Mahlzeit mehr als nur Geld eingezahlt.
    Jacson Gootes kam niedergeschlagen aus der Telefonzelle, seine Forschheit war wie weggeblasen. „Keine Kohle.“ Bekümmert schüttelte er den Kopf. „Der Alte hat nur sein Bedauern darüber ausgedrückt, daß die niederen Säufer ihn daran hinderten, mich auf der Stelle zu Hearst gehen zu lassen. Tut mir leid.“
    Sein Nervenkostüm wirkte ziemlich ramponiert; da konnte nur ein echter Seelentröster helfen. Nachdem er ein paar Bourbon gekippt hatte, schien er ein wenig erholt, aber längst nicht so weit, daß er wieder in Dialekten sprach oder Tricks vorführte.
    „Mir tut’s auch leid“, sagte ich. „Aber da wir einander nicht mehr nützen können …“
    „Hauen Sie nicht ab, Mann“, drängte er weinerlich. „Was halten Sie von einem letzten Blick auf das Unkraut?“
    Während wir zurückgingen, überlegte ich, daß es mir jedenfalls erspart wurde, Miss Francis der ungebildeten Öffentlichkeit auszuliefern. Alles hatte seine guten Seiten – ich habe Hunderte von Beispielen gesehen, die das beweisen. Vielleicht – wer konnte das schon wissen? – würde doch noch etwas geschehen, das es mir möglich machte, von dem absonderlichen Wachstum zu profitieren.
    „Braucht ’ne Transfusion“, bemerkte Gootes, als wir auf dem Bürgersteig vor dem Rasen standen.
    Er war tatsächlich von anämischem Grün, uneben, zerhackt und zerrissen, seiner smaragdgrünen Schönheit beschnitten. Ein hoch schwebender Dunst filterte das späte Tageslicht; offenbar hatte Mr. Barelli seine Aufgabe vollendet, die neugierigen Zuschauer waren fort. Es war kein gleichmäßig gestutzter Rasenteppich, aber es war auch keine exotische, absonderliche Angelegenheit mehr. Der Flecken wirkt reichlich elend und verkrüppelt.
    „Bleichgesicht zahlen viele Muscheln, damit jeden Tag geschnitten kriegen.“
    „Oh, wahrscheinlich wird es nicht lange dauern, bis seine Kraft erschöpft ist.“
    „Das sagen Sie. Na ja, ich habe ’ne halbe Story, Tschüs!“
    Ich seufzte auf. Wenn Miss Francis das Wachstum doch nur kontrollieren könnte. Ein Vermögen …
    Ich ging nach Hause und versuchte mir vorzustellen, was ich am nächsten Tag tun würde.
8.

    Nach dem Schrecken des Vortages glaubte ich, auf alles gefaßt zu sein; in Wirklichkeit war ich nur auf eines gefaßt – das Gras so vorzufinden wie zu dem Zeitpunkt, als ich gegangen war, oder sogar in seinem ursprünglichen jämmerlichen Zustand. Ich war mir nicht einmal sicher, ob mein Gedächtnis völlig exakt funktionierte und die Geschichte tatsächlich so phantastisch abgelaufen war.
    Aber das Teufelsgras hatte sich selbst übertroffen und meine Erwartungen ad absurdum geführt. Eine grüne Krone wogte höher als die Menschenmenge – eine Menge, die dreimal so groß wie die gestrige war und schnell anwuchs. Alle ihm zugefügten Narben, die schimpflichen Folgen der Behandlung durch Sense und Mäher, wurden von einem noch gewaltigeren Wuchs bedeckt, der alles bisherige Wachstum als unbedeutend erscheinen ließ. Kühn und herausfordernd hatte das Gras seine zerhackten Zonen instandgesetzt und war zu solcher Höhe angewachsen, daß bis auf einen schmalen Streifen ganz oben alle Fenster des Dinkman-Hauses zugedeckt wurden.
    Von der Garage war nur noch das Dach, inselgleich und verirrt, sichtbar; offenbar ruhte es auf einem festen Fundament aus Teufelsgras. Verspielt breitete es sich aus, seine trügerische Weiche erweckte den falschen Eindruck, es handle sich um Fell; es war zugleich spielerisch und zerstörerisch. Mein Optimismus vom letzten Abend war auf einen Schlag dahin; dieser gefräßige Wild wuchs würde sich nicht von selbst fortschrumpfen. Er müßte getötet, von der Wurzel her vernichtet werden.
    Der Rasen der Dinkmans fand keine Fortsetzung bei seinen Nachbarn, war bisher aber von brusthohen Hecken abgetrennt worden. Am Vortag hatten diese das Wachstum abgegrenzt und in Schranken gehalten, doch über Nacht hatte es sie überwunden, war über sie hinweggeschossen und in die kultivierten Grundstücke dahinter eingedrungen; es verwischte die klar abgestochenen Ränder, untersuchte neugierig Blumenbeete und strangulierte brutal die hübschen kleinen Büsche.
    Aber das waren nicht die Verwüstungen, die mich so erregten; es schien

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