Es ist nicht alles Gold was glänzt
Situation stellen mußten.
»Du bist ein hundsgemeiner Kerl, James.«
»Nicht so laut, alter Junge. Meine Mutter und mein Vater könnten dich hören.«
Adrian entkam in den Ballsaal, wo er, nach einer Suche hinter jedem Pfeiler, Stephen schließlich fand.
»Bist du gut durchgekommen?«
»Ich glaube schon, aber ich will ihn nie mehr wiedersehen. Um wieviel Uhr geht unser Flugzeug?«
»20 Uhr. Jetzt nur keine Aufregung. Halt lieber die Augen offen, daß Jean-Pierre uns nicht entwischt.«
»Verdammt gut, daß er seinen Bart behalten hat.«
Jean-Pierre drückte Harvey die Hand, dessen Blick jedoch bereits zu dem nächsten Gast schweifte, da Jean-Pierre – sich schamlos in die Schlange drängend – es fertiggebracht hatte, sich vor einen Bostoner Bankier zu schieben, der offensichtlich eng mit Harvey befreundet war.
»Wie schön, dich zu sehen, Marvin.«
Jean-Pierre war ungeschoren davongekommen. Er küßte Anne auf beide Wangen, flüsterte: »Spiel, Satz und Sieg für James« in ihr Ohr und ging auf die Suche nach Stephen und Adrian; allerdings vergaß er seine ursprünglichen Instruktionen, als er sich plötzlich der ersten Brautjungfer gegenüberfand.
»Hat Ihnen die Hochzeit gefallen?« fragte sie.
»Natürlich. Ich beurteile Hochzeiten stets nach den Brautjungfern, nicht nach der Braut.«
Sie errötete vor Freude.
»Das muß ein Vermögen gekostet haben«, fuhr sie fort.
»Ja, meine Liebe – und ich weiß auch, wessen«, sagte Jean-Pierre und legte seinen Arm um ihre Taille.
Vier Hände ergriffen einen protestierenden Jean-Pierre und zerrten ihn recht unsanft hinter den Pfeiler.
»Um Himmels willen, Jean-Pierre, die ist doch keinen Tag älter als siebzehn! Wir wollen nicht auch noch wegen Verführung Minderjähriger ins Gefängnis kommen – es reicht schon, daß es uns wegen Diebstahls droht! Trink das und benimm dich!« Adrian drückte ihm ein Glas in die Hand.
Der Champagner floß in Strömen, und selbst Stephen trank ein bißchen über den Durst. Sie brauchten den Pfeiler bereits, um sich an ihm festzuhalten, als der Toast-Master vortrat und sich mit den Worten an die Hochzeitsgesellschaft wandte: »Mylords, Ladies and Gentlemen, ich bitte um Ruhe für Viscount Brigsley, den Bräutigam.«
James hielt eine eindrucksvolle Rede. Der Schauspieler in ihm gewann die Oberhand, und die Amerikaner waren aufs höchste entzückt. Selbst auf dem Gesicht seines Vaters lag ein Ausdruck von Bewunderung. Danach stellte der Toast-Master Harvey vor, der mit erheblichem Stimmaufwand eine reichlich lange Ansprache vom Stapel ließ. Er riß wieder seinen Lieblingswitz, daß er seine Tochter eigentlich mit Prinz Charles verheiraten wollte, worüber die versammelten Gäste lauthals ausgiebig lachten, wie sie es auf einer Hochzeit auch beim lahmsten Witz stets zu tun pflegen, und schloß mit einem Toast auf die Braut und den Bräutigam.
Als der Applaus abgeebbt war und das Stimmengewirr wieder anschwoll, nahm Harvey einen Umschlag aus seiner Brusttasche und gab seiner Tochter einen Kuß auf die Wange.
»Rosalie, dies ist ein kleines Hochzeitsgeschenk für dich als Ersatz für den van Gogh, den ich nun dank deiner Großzügigkeit doch behalten kann. Ich weiß, du wirst das Präsent gut zu nutzen wissen.«
Harvey überreichte ihr den weißen Umschlag, in dem sich ein Scheck über 250.000 Dollar befand. Anne küßte ihren Vater mit aufrichtiger Zuneigung.
»Vielen Dank, Daddy! Ich verspreche dir, daß das Geld eine gute Verwendung finden wird.«
Sie machte sich eilig auf die Suche nach James, den sie von einer Gruppe amerikanischer Damen mittleren Alters belagert fand.
»Stimmt es, daß Sie mit der Königin verwandt sind …?«
»Ich bin noch nie einem echten, lebendigen Lord begegnet …«
»Ach, hoffentlich laden Sie uns einmal nach drüben ein, ihr Schloß zu besichtigen …«
»In der King's Road gibt es keine Schlösser.« James war mehr als erleichtert, Anne herbeikommen zu sehen.
»Liebling, hast du einen Augenblick Zeit für mich?«
James entschuldigte sich und folgte ihr, aber es erwies sich fast als unmöglich, der Menschenmenge zu entgehen.
»Schau her«, sagte sie, »schnell!«
James nahm den Scheck.
»Großer Gott – 250.000 Dollar!«
»Du weißt doch, was ich damit tun werde, nicht wahr?«
»Ja, Liebling.«
Anne ging auf die Jagd nach Stephen, Adrian und Jean-Pierre, was gar nicht so leicht war, da sie sich noch immer in der entferntesten Ecke hinter dem Pfeiler verborgen
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