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Es: Roman

Es: Roman

Titel: Es: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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außergewöhnlich kräftiger Junge gewesen; mit zwölf Jahren schon über eins achtzig groß und etwa hundertsiebzig Pfund schwer. Den Spitznamen Belch hatte er bekommen, weil er Rülpser – belches – von phänomenaler Länge und Lautstärke zustande brachte. Wenn er gut in Form war, klang er wie eine Kreuzung zwischen Ochsenfrosch und Grille. Manchmal klopfte er sich beim Rülpsen auch rasch mit der Hand gegen den offenen Mund, was dann klang wie ein heiserer Indianer.
    Belch war ein Mordsbrocken gewesen. Nicht eigentlich dick, dachte Eddie jetzt, aber es schien, als wäre es nie Gottes Plan gewesen, dass ein Zwölfjähriger so groß werden könnte; wenn er nicht in jenem Sommer gestorben wäre, hätte er vermutlich mit Leichtigkeit eine Größe von knapp zwei Metern oder noch mehr erreicht und mit der Zeit vielleicht gelernt, mit seinem übergroßen Körper in einer Welt voll kleinerer Menschen zurechtzukommen. Vielleicht hätte er sogar so etwas wie Sanftmut oder Güte erlernt. Aber mit zwölf war er langsam und schwerfällig gewesen, nicht geistig zurückgeblieben, obwohl er oft diesen Eindruck erweckte, weil seine Bewegungen so plump und unkoordiniert waren. Er hatte nicht Stanleys Geschmeidigkeit; man hatte vielmehr das Gefühl, als bestünde zwischen Belchs Körper und seinem Gehirn überhaupt keine Verbindung, als führte sein Körper ein eigenes Dasein. Eddie fiel jener Abend ein, als ein Schmetterball direkt zu Belchs Position im Außenfeld geschlagen wurde – Belch brauchte sich nicht einmal von der Stelle zu rühren. Er stand einfach da, schaute hoch und hob plump seinen Fanghandschuh, aber anstatt im Handschuh war der Ball auf seinem Kopf gelandet und hatte ein hohles Boing! erzeugt, so als wäre er aus großer Höhe auf ein Autodach gefallen. Er prallte von Belchs Kopf ab, flog etwa einen Meter in die Höhe … und fiel dann genau in Belchs Handschuh. Ein unglückseliger Junge namens Owen Phillips hatte über dieses hohle Boing! gelacht, und Belch war zu ihm rübergegangen und hatte ihm so kräftig in den Hintern getreten, dass der Junge mit einem Loch im Hosenboden heulend nach Hause gerannt war. Daraufhin wagte niemand mehr zu lachen … das heißt, Richie Tozier hätte es sich bestimmt nicht verbeißen können, wenn er da gewesen wäre, dachte Eddie, und dann hätte Belch ihn vermutlich krankenhausreif geschlagen. Ähnlich schwerfällig war Belch als Läufer gewesen, aber wenn er als Schläger einen Ball traf, dann mit ungeheurer Wucht, und die beiden Bälle, die Eddie ihn über den Zaun hatte schlagen sehen, waren einfach phänomenal gewesen. Der erste Ball war nie gefunden worden, obwohl über ein Dutzend Jungen den Steilabhang abgesucht hatten, der in die Barrens führte. Die Wahrscheinlichkeit war allerdings auch gering gewesen, denn der Abhang war mit dichtem Gebüsch und Gestrüpp bedeckt.
    Den zweiten Ball hatte man jedoch wiedergefunden. Er gehörte einem Sechstklässler (alle Kinder nannten ihn Snuffy, weil er dauernd Schnupfen hatte, und Eddie fiel partout nicht ein, wie er wirklich geheißen hatte), und mit ihm wurde im Frühling und Frühsommer 1958 gespielt. Deshalb hatte er auch nur noch entfernte Ähnlichkeit mit dem makellos weißen runden Gebilde aus dem Verpackungskarton; er war abgewetzt, hatte Grasflecken und war an vielen Stellen vom scharfen Kies zerschnitten. Die roten Nähte begannen sich an einer Stelle aufzulösen, und Eddie, der über die Grenzlinie geflogene Bälle zurückwarf, wenn sein Asthma es ihm erlaubte (er genoss jedes beiläufige Danke, Kleiner! ), wusste, dass jemand demnächst eine Rolle Isolierband mitbringen und den Ball damit verkleben würde, damit man ihn noch ein, zwei Wochen länger verwenden konnte.
    Aber dazu kam es dann nicht mehr. Ein Siebtklässler mit dem unmöglichen Namen Stringer Dedham warf Belch einen langsamen Ball zu, und Belch schlug ihn mit seinem Schläger mit solcher Wucht zurück (die langsamen lagen ihm besonders gut, wen wundert’s), dass der Überzug sich löste und ein paar Schritte vor der zweiten Base wie eine große weiße Motte zu Boden flatterte. Das Innenleben des Balls flog immer höher in einen prächtigen Abendhimmel, und alle Kinder verfolgten den Flug mit stummem Staunen; Eddie erinnerte sich, dass Stringer Dedham andächtig »Heilige Scheiße!« gerufen hatte, als der Ball hoch über den Zaun hinwegflog, wobei die Schnur, mit der er fest umwickelt war, sich langsam abrollte. Sofort kletterten sechs Jungen affenartig

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