Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Es: Roman

Es: Roman

Titel: Es: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
Vom Netzwerk:
abgefeuert hätte. Die Wucht dieser psychologischen Schrotflinte hätte ihm den Kopf zerschmettert.
    »Wir sahen Es kommen«, sagt er, an Mike gewandt. »Wir sahen Es kommen, stimmt’s? Wir beide … oder war nur ich es?« Er greift nach Mikes Hand, die auf dem Tisch liegt. »Hast du es auch gesehen, Mikey, oder nur ich? Hast du es gesehen? Den Waldbrand? Den Krater?«
    »Ich habe es gesehen«, sagt Mike ruhig und drückt Richies Hand. Richie schließt einen Moment lang die Augen und denkt, dass er noch nie in seinem Leben eine so warme und mächtige Woge der Erleichterung verspürt hat, nicht einmal als die PSA-Maschine, mit der er von L.A. nach San Francisco geflogen war, von der Rollbahn abkam und einfach stehen blieb – niemand getötet, niemand verletzt. Ein paar Taschen waren aus den Gepäckfächern oben gefallen, mehr nicht. Er war auf die gelbe Notrutsche gesprungen und hatte einer Frau vom Flugzeug weggeholfen. Die Frau hatte sich an einem im hohen Gras verborgenen Erdhügel den Knöchel verstaucht. Sie lachte und sagte: »Ich kann nicht glauben, dass ich nicht tot bin, ich kann es einfach nicht glauben.« Richie, der die Frau halb mit einem Arm getragen und mit der Hand des anderen Arms den Feuerwehrmännern zugewinkt hatte, die den restlichen Passagieren hektische Gesten machten, schnell weiter auszusteigen, sagte: »Okay, Sie sind tot, Sie sind tot, geht es Ihnen jetzt besser?« Und sie hatten beide irre gelacht. Das war ein Lachen der Erleichterung gewesen … aber diese Erleichterung war größer.
    »Wovon redet ihr eigentlich?«, fragt Eddie und blickt von Mike zu Richie.
    Richie sieht Mike an, aber Mike schüttelt den Kopf. »Erzähl du’s, Richie. Ich habe für heute Abend genug geredet.«
    »Ihr anderen wisst es vielleicht gar nicht oder erinnert euch vielleicht auch nicht, weil ihr schon nicht mehr dabei wart«, erklärt Richie ihnen, »aber ich und Mikey, wir waren die beiden letzten Indianer im Rauchloch.«
    »Das Rauchloch!«, murmelt Bill, während sein Blick abschweift.
    »Dieses Brennen in meinen Augen«, sagt Richie, »unter meinen Kontaktlinsen. Ich habe es zum ersten Mal gespürt, kurz nachdem Mike mich in Kalifornien angerufen hatte. Damals konnte ich es mir nicht erklären, aber jetzt weiß ich, was es war. Es war Rauch. Siebenundzwanzig Jahre alter Rauch.« Er sieht Mike wieder an. »Ist das etwas Psychologisches? Etwas Psychosomatisches? Etwas, was aus dem Unterbewusstsein kommt? Was würdest du sagen?«
    »Ich würde sagen – nein«, erwidert Mike ruhig. »Ich würde sagen, dass das, was du gespürt hast, ebenso wirklich war wie die Luftballons oder der Kopf, den ich im Kühlschrank gesehen habe, oder wie die Leiche von Tony Tracker, die Eddie gesehen hat. Komm, Richie, erzähl’s ihnen.«
    Und Richie fährt fort: »Es war vier oder fünf Tage, nachdem Mike das Album seines Vaters in die Barrens mitgebracht hatte. Mitte Juli, glaube ich. Das Klubhaus war fertig. Aber … die Idee mit dem Rauchloch stammte ebenfalls von dir, Haystack. Du hattest sie aus einem deiner Bücher.«
    Ben nickt lächelnd.
    Richie denkt: Es war an jenem Tag bewölkt. Windstill. Die Luft gewitterschwül. Wie an dem Tag etwa einen Monat später, als wir im Fluss standen und einen Kreis bildeten und als Stan uns mit der Scherbe einer Colaflasche die Handflächen ritzte. Die Luft schien einfach dazusitzen und auf etwas zu warten, und später sagte Bill, deshalb sei es da drin auch so schnell so schlimm geworden – weil es völlig windstill war.
    Der 17. Juli. Ja, da war’s, das war der Tag des Rauchlochs. Der 17. Juli 1958, fast einen Monat, nachdem die Sommerferien begonnen hatten, fast einen Monat, nachdem sich in den Barrens die ersten Mitglieder des Klubs der Verlierer – Bill, Eddie und Ben – getroffen hatten. Lassen Sie mich die Wettervorhersage für jenen Tag vor fast siebenundzwanzig Jahren sehen, denkt Richie, und noch bevor ich sie gelesen habe, werde ich Ihnen sagen, wie sie lautete; Richie Tozier, der Große Hellseher. »Heiß, schwül, starke Gewitterneigung. Und achten Sie auf die Visionen, die sich vielleicht einstellen, während Sie unten im Rauchloch sitzen …«
    Es war zwei Tage nach der Auffindung von Jimmy Cullums Leiche gewesen, und am Vortag war Mr. Nell wieder in die Barrens gekommen, und er hatte direkt auf ihrem Klubhaus gesessen, ohne etwas von dessen Existenz zu ahnen, denn sie hatten die Decke schon fertiggestellt und sie anschließend unter Bens Anleitung sorgfältig mit

Weitere Kostenlose Bücher