Es: Roman
spritzte über seinen Unterarm, aber der gallertartige, augenlose Kopf steckte noch in seiner Haut. Dieser Kopf endete in einem schnabelartigen Gebilde, nur war es kein flacher, spitzer Vogelschnabel, er war vielmehr rund und abgestumpft wie ein Moskitorüssel. Und dieser Rüssel hatte sich tief in Patricks Arm hineingebohrt.
Schreiend packte er das geplatzte Ding mit den Fingern und zog es mitsamt Rüssel heraus. Es hatte auf völlig schmerzlose Weise ein Loch von der Größe einer Zehncentmünze in seinen Arm gebohrt, aus dem jetzt eine Mischung von Blut und einer gelblich weißen eiterartigen Flüssigkeit sickerte.
Und obwohl dieses unheimliche Ding doch geplatzt war, wand es sich immer noch zwischen seinen Fingern.
Patrick warf es weg, drehte sich um … und in diesem Moment flog der ganze Schwarm aus dem Kühlschrank und fiel über ihn her, während er noch nach dem Griff tastete. Sie landeten auf seinen Händen, seinen Armen, seinem Hals. Eines ließ sich auf seiner Stirn, in der Nähe der rechten Schläfe, nieder. Als Patrick die Hand hob, um es zu erschlagen, sah er, dass an dieser Hand gleich vier der zitternden Dinger hingen und sich rosa und dann rot verfärbten.
Es tat nicht weh … aber er spürte ein grässliches Saugen. Schreiend, herumspringend, mit blutegelübersäten Händen nach den Blutegeln auf Kopf und Nacken schlagend, jammerte Patrick Hockstetters Verstand: Das ist nicht real, es ist nur ein Albtraum, mach dir keine Sorgen, es ist nicht real, nichts ist real …
Doch das Blut, das aus den zerquetschten Egeln herausschoss, wirkte sehr real, das Surren ihrer Flügel wirkte sehr real … und ebenso sein eigenes Entsetzen.
Einer der fliegenden Blutegel fiel in sein Hemd und saugte sich an seiner Brust fest. Während er wie wild danach schlug und sah, wie sein Hemd sich an dieser Stelle rot färbte, ließ ein anderer sich schon auf seinem rechten Auge nieder. Patrick schloss es rasch, aber das nutzte ihm auch nichts; er spürte das kurze Brennen, als der Rüssel sich durch sein Lid bohrte und begann, die Flüssigkeit im Inneren seines Augapfels auszusaugen. Patrick spürte, wie sein Auge in der Höhle in sich zusammenfiel, und er schrie noch lauter. Ein Egel flog ihm in den Mund und saugte sich an seiner Zunge fest.
Das alles war schmerzlos.
Patrick stolperte taumelnd und wild um sich schlagend den Pfad zurück, auf die Autowracks zu. Die Parasiten hingen jetzt an seinem ganzen Körper. Manche tranken über ihr Fassungsvermögen hinaus und platzten dann von selbst wie Luftballons. Die größeren Egel besudelten Patrick daraufhin mit einigen hundert Millilitern seines eigenen Bluts. Er spürte, wie das Ding in seinem Mund immer mehr aufquoll, und er riss seinen Kiefer weit auf, weil der einzige klare Gedanke, der ihm geblieben war, ihm einflüsterte, das Ding dürfe nicht da drin platzen.
Aber es platzte doch, und Patrick spuckte eine Fontäne aus Blut und Egelfleisch aus. Er fiel auf den schmutzigen Kies und wand sich schreiend hin und her. Allmählich drangen seine Schreie aber nur noch schwach an seine Ohren, und er begriff, dass er das Bewusstsein verlor.
Kurz vorher sah er jedoch noch eine Gestalt hinter dem letzten Autowrack hervorkommen. Zuerst dachte Patrick, es wäre ein Mann, vielleicht Mandy Fazio, und er wäre gerettet. Aber als die Gestalt näher kam, sah Patrick, dass das Gesicht wie Wachs ineinanderlief. Manchmal begann es sich zu verfestigen und wie etwas – oder jemand – auszusehen, aber dann zerfloss es wieder, so als könnte es sich nicht für eine bestimmte Erscheinungsform entscheiden. »Guten Tag und auf Wiedersehen«, sagte eine blubbernde, grässliche Stimme aus dem zerfließenden Talggesicht, und Patrick versuchte wieder zu schreien. Er wollte nicht sterben; als einzige »reale« Person durfte er nicht sterben. Wenn er starb, würde die ganze Welt mit ihm sterben.
Die gesichtslose Gestalt packte ihn an den egelübersäten Armen und begann ihn auf die Barrens zuzuschleppen. Seine blutüberströmte Büchertasche, deren Gurt noch um seinen Hals gelegt war, hüpfte neben ihm her.
Patrick versuchte immer noch zu schreien, verlor aber dann das Bewusstsein.
Er kam nur noch einmal zu sich: in irgendeiner dunklen, stinkenden und tropfenden Hölle, in die kein Lichtstrahl drang. Als Es ihn anzufressen begann.
6
Zuerst war sich Beverly nicht ganz sicher, was sie sah oder was vor sich ging … nur dass Patrick Hockstetter um sich schlug und tanzte und schrie. Sie
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