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Es: Roman

Es: Roman

Titel: Es: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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liebe dich, Beverly, aber ich will nicht, dass das alles verdirbt.«
    »Das wird es bestimmt nicht«, erwiderte sie und umarmte ihn. »Gerade jetzt brauche ich alle Liebe, die ich nur bekommen kann.«
    »Aber du hast Bill besonders gern.«
    »Vielleicht«, gab sie zu. »Doch das spielt keine Rolle. Wenn wir erwachsen wären, würde es vielleicht eine Rolle spielen, zumindest ein bisschen. Ich mag euch alle besonders gern. Ihr seid die einzigen Freunde, die ich habe. Ich liebe dich auch, Ben.«
    »Danke«, flüsterte er, kämpfte mit sich und brachte es schließlich heraus, wobei es ihm sogar gelang, ihr in die Augen zu sehen. »Ich habe das Gedicht geschrieben.«
    Eine ganze Weile saßen sie schweigend nebeneinander. Beverly fühlte sich sicher. Beschützt. Die Bilder, die sie verfolgten – das verzerrte Gesicht ihres Vaters und Henrys funkelndes Messer -, verblassten ein wenig und verloren etwas von ihrem Schrecken, während sie seine Nähe spürte. Dieses Gefühl der Geborgenheit war schwer zu erklären, und sie versuchte es auch gar nicht; erst viel später begriff sie, woher es kam: Sie war in den Armen eines Jungen, der für sie sterben würde, ohne zu überlegen oder zu zögern. Das wusste sie einfach; es war in dem Geruch, der aus seinen Poren kam, etwas ganz und gar Primitives, auf das ihre eigenen Hormondrüsen reagierten.
    »Die anderen wollten auch wieder herkommen«, sagte Ben plötzlich. »Was ist, wenn sie Henry und seinen Kumpanen über den Weg laufen?«
    Sie fuhr erschrocken auf und stellte fest, dass sie fast eingedöst war. Ihr fiel ein, dass Bill Mike Hanlon zum Mittagessen eingeladen hatte. Richie hatte bei Stan Sandwiches essen wollen. Und Eddie hatte versprochen, am Nachmittag sein Parcheesi-Brett mitzubringen. Sie würden bald kommen, ohne auch nur die geringste Ahnung davon zu haben, dass Henry und seine Freunde die Barrens unsicher machten.
    »Wir müssen sie abfangen«, sagte sie. »Henry ist nicht nur hinter mir her.«
    »Wenn wir jetzt rausgehen und die Kerle gerade zurückkommen …«
    »Ja, aber wir wissen zumindest, dass sie hier sind«, fiel Bev ihm ins Wort. »Bill und die anderen nicht. Und Eddie kann nicht gut rennen; sie haben ihm ja schon den Arm gebrochen.«
    »Verflixt«, sagte Ben besorgt. »Du hast recht – wir müssen’s versuchen.«
    »Ja.« Sie schluckte und warf einen Blick auf ihre Timex. Sie konnte das Zifferblatt nicht gut erkennen, glaubte aber, dass es auf der Uhr kurz nach eins war. »Ben …«
    »Was?«
    »Henry ist verrückt geworden. Er wollte mich töten. Er ist wie der Typ in Die Saat der Gewalt. Er wollte mich umbringen. Und die anderen beiden hätten ihm dabei geholfen.«
    »Ach nein«, sagte Ben. »Henry ist zwar verrückt, aber so verrückt auch wieder nicht. Er ist nur …«
    »Nur was?«, fragte Beverly. Sie dachte an Henry und Patrick Hockstetter auf dem Autofriedhof in der grellen Sonne. An Henrys völlig ausdruckslose Augen.
    Ben gab keine Antwort. Er dachte nach. Die Dinge hatten sich verändert … Wenn man selbst von diesen Veränderungen betroffen war, konnte man sie nur schwer erkennen. Man musste ein paar Schritte zurücktreten, sich etwas von den Dingen distanzieren, um die Veränderungen besser erkennen zu können … man musste das zumindest versuchen. Bei Ferienbeginn hatte er Angst vor Henry gehabt, aber nur, weil Henry größer war und dazu ein übler Raufbold. Er gehörte zu jener Kategorie von Jungen, denen es Spaß machte, einen Erstklässler zu packen, ihm den Arm zu verdrehen und ihn weinen zu sehen. Das war aber auch schon alles gewesen. Dann hatte er ein H in Bens Bauch geschlitzt. Und dann war da die Steinschlacht gewesen, und Henry hatte mit seinen M-80 auf ihre Köpfe gezielt. Auf diese Weise konnte man leicht jemanden umbringen. Er hatte sich auch äußerlich verändert … sein Gesicht hatte einen fast besessenen Ausdruck angenommen. Man musste ständig auf der Hut vor ihm sein, so wie man im Dschungel ständig auf der Hut vor Tigern und Giftschlangen sein musste. Aber auch daran gewöhnte man sich; man gewöhnte sich so sehr daran, dass es einem zuletzt ganz normal vorkam. Aber Henry war verrückt, oder etwa nicht? Doch. Ben hatte das am letzten Schultag schmerzlich erkannt, es aber einfach nicht wahrhaben – oder sich daran erinnern wollen. Solche Dinge glaubt man nicht gern, und noch weniger gern erinnert man sich an sie. Und plötzlich kam ihm ein Gedanke – nein, es war mehr als ein Gedanke, es war fast schon eine

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