Esper in Aktion
öffnete die Autotür und trat ins Freie.
»Guten Tag, Mister Glover«, sagte der junge Mann mit der schiefen Nase, den Jerry als Peter Moray vorgestellt hatte. »Wir freuen uns, daß Sie gekommen sind.«
»Ja?« Glover ignorierte die ausgestreckte Hand. Seine Rechte umklammerte das kühle Metall der Automatik.
Außer Jerry und Moray waren noch vier Personen im Raum – darunter zwei Frauen. Sie erregten vor allem seine Aufmerksamkeit, auch wenn er sich sagte, daß sie potentielle Feinde waren.
Die eine war ein schlankes junges Ding mit dunkelbraunem Haar und einem hübschen Gesicht – Barbara, Morays Frau. Nicht ohne Reize, aber vermutlich treu. Die andere Frau war sehr viel dunkler. Sie hatte riesige schwarze Augen und stolze, herbe Züge. Becky Schofield war in zehn Jahren sicher eine verbitterte alte Jungfer, aber im Augenblick brannte ein leidenschaftlicher Hunger in ihren Augen. Glover ahnte Möglichkeiten.
Er wandte sich wieder den Männern zu. Neben Moray, der bestimmt sehr viel intelligenter war, als er aussah, befanden sich Havenlake und die Dobies im Zimmer. Einer der Zwillinge, ein schlaksiger Halbwüchsiger, rang sich ein paar undeutliche Begrüßungsworte ab; sein Bruder hatte mit überkreuzten Beinen auf einem Brokatsessel Platz genommen und nickte ihm nur lässig zu.
Glover hatte ein unbehagliches Gefühl, als er in die riesigen porzellanblauen Augen des blonden Jungen sah. Es steckte irgend etwas Besonderes hinter der Clownsmaske.
Im Schatten des Bücherregals stand der Mann, den er am meisten fürchtete, wie immer nachlässig gekleidet und mit verschlossenen Gesichtszügen.
»Doktor Havenlake …«
»Guten Tag.« Havenlake kam näher. Ein merkwürdiges Lächeln spielte um seine Lippen. In der Linken hielt er die unvermeidliche Pfeife. »Ich wollte Sie schon in Ihrem Büro anrufen und nach dem Artikel fragen.«
Glovers Hand umkrampfte die Pistole. Wieviel wußte Havenlake? Hatte er bereits erraten, woher die Information über Alsdale stammte? Von all diesen Leuten war Havenlake sein natürlicher Feind …
»Vorsicht, Mister Glover! Das ist ein gefährliches Spielzeug.« Die Stimme klang hoch, beinahe fistelnd.
Glover wandte sich Toby zu. Ein Schauder überlief ihn. Während er sich auf Havenlake konzentriert hatte, war dieses groteske kleine Ungetüm in seine Gedanken eingedrungen.
»Mister Glover ist eine Art Jäger«, fuhr die spöttische Stimme fort. »Ich weiß allerdings nicht, was für Wild er hier im Seendistrikt zu jagen gedenkt.«
»Toby!« sagte Becky scharf.
»Misch dich nicht ein, Becky«, entgegnete Toby, ohne den Blick von Glover abzuwenden.
Glover spürte, wie ihm der Schweiß ausbrach. »Jerry, um Himmels willen!« keuchte er. Es gelang ihm nicht, sich von den porzellanblauen Augen zu lösen.
»Nur keine Aufregung, Mister Glover! Wollen Sie uns nicht zeigen, was Sie in Ihrer rechten Manteltasche haben?«
Glover hatte nicht die geringste Absicht, das zu tun. Er starrte das kleine Ungeheuer herausfordernd an. Und dann entdeckte er zu seinem Entsetzen, daß sich sein Arm bewegte.
Die Hand, die immer noch die Automatik umkrampfte, wurde langsam aus der Tasche gezogen. Sie gehorchte ihm nicht mehr. Genau davor hatte er Angst gehabt. Toby dirigierte ihn wie eine Marionette.
Die Hand war jetzt waagrecht und hob sich immer noch Stück für Stück. Jeder konnte die tödliche kleine Waffe sehen.
»Da«, meinte Toby, »ein prächtiges Spielzeug! Und es ist geladen, Mister Glover, habe ich recht?«
»Hör auf, verdammt nochmal!« Glovers Stimme zitterte vor Demütigung.
Tobys blasse Lippen verzogen sich zu einem Lächeln. »Nur ein Narr trägt Waffen mit sich herum, wenn er nicht die Absicht hat, sie zu benutzen, nicht wahr, Mister Glover? Jemand, der eine Pistole lädt und in die Tasche steckt, ist bereits ein Mörder. Außerdem heißt es, daß Schußwaffen starke phallische Symbole sind. Aber das brauche ich Ihnen wohl nicht zu erklären!«
Molly Quinns Gesicht tauchte quälend deutlich vor Glover auf und erinnerte ihn an sein Versagen. Daneben drängten sich Annettes Züge. Nichts blieb diesem blauäugigen Vampir verborgen. Er zerrte seine geheimsten Sünden ans Licht. Es war, als hätte Toby den Schlüssel zu seiner Vernichtung entdeckt.
Der Haß verlieh Glover neue Kräfte. Mühsam riß er die Linke hoch und löste die Pistole aus der starren Umklammerung der rechten Hand. Er achtete nicht auf die Schmerzen. Mit der Schwerfälligkeit eines Roboters knickte er den
Weitere Kostenlose Bücher