Essenz: Band 1 [Das Blut der Götter] (German Edition)
sich im Dunkeln an
eines der Fenster stellte und durch einen Spalt auf die aufgeräumte Innenstadt
von Paris herunterblickte. Nichts erinnerte hier an den Jahreswechsel. Keine
aufgeweichten Überreste verbrannter Feuerwerkskörper. Nur das Licht der
Straßenlaternen, der Regen und die Nacht. Er schob die Hände in die
Hosentaschen und wartete, bis das Taxi vor dem Haus hielt.
Da war sie also, die Flugbegleiterin. Dritte Etage ,
flüsterte er stumm und steuerte die Info rmation unmittelbar in Sophies Bewusstsein.
Gleichzeitig entfernte er das Mädchen aus der Erinnerung des Fahrers.
Daniel befahl zuerst der Haustür aufzuspringen, dann
der Wohnungstür. Mit jeder Etage, die sie erklomm, wurden Sophies Schritte
lauter. Ihr Parfum stärker. Es würde sich noch eine Weile in der Luft halten,
selbst nachdem Daniel sie fortgebracht hatte. Er atmete durch und trat vom
Fenster zurück.
„Alors, Daniel… hier bin ich.“
Ihre Augen glitzerten. Und obwohl der Ort, an den er
sie gelockt hatte, kaum ihren Vorstellungen entsprechen konnte, spürte er in ihr
nur Verwunderung. Da war keine Angst vor der Dunkelheit.
Daniel rührte sich nicht, befahl jedoch der Tür, sich
hinter Sophie zu schließen. Ohne jede Vorwarnung und mit der gleichen
Willenskraft, mit der er alles andere befehligte, verlangsamte er ihren Puls
und begann, ihren Lungen behutsam die Luft abzuschnüren, um eine
Bewusstlosigkeit zu forcieren. Dann ließ er ihren Körper langsam auf den
staubigen Boden sinken. Noch schlug ihr Herz.
Daniel trat näher und streckte die Hand aus. Das
Smartphone in ihrer Umhängetasche gehorchte und erhob sich daraus. Es strebte
seiner Hand entgegen, als wäre es einverstanden mit der bevorstehenden
Überprüfung, aber Daniel musste sich überwinden, um es aufzufangen.
Gut. Seit ihrer Ankunft in der Stadt hatte Sophie weder
telefoniert noch Mitteilungen verschickt, das reduzierte die Gefahr möglicher
Komplikationen. Daniels Fingerabdrücke auf ihrem Telefon verwischten, während
es lautlos durch die Luft in ihre Handtasche zurückschwebte. Als nächstes erhob
sich das Blankokärtchen daraus. Daniel steckte es ein.
Eine Weile stand er nur da, dann ließ er sich langsam
auf den Boden nieder, neben seines Opfers bewusstlosen Körper. Er zog die Beine
an, stützte den Kopf auf seine Knie und wartete, bis der richtige Zeitpunkt
schon beinahe verstrichen war. Erst dann erhob er sich.
Das Mädchen würde auch ohne Überwachung im derzeitigen
Zustand verharren, während er den unzähligen Vorbereitungen der vergangenen
Tage einige abschließende hinzufügen müsste. Davon hing alles ab.
Er teleportierte nach London, in das Hinterzimmer des
Antiquitätengeschäfts seines Goldschmieds, obwohl er durchaus wusste, dass der
Normalsterbliche nach acht Uhr abends nicht mehr dort anzutreffen war. Nach all
den Jahren war Flint gebrechlich geworden, infolgedessen ging er mittlerweile
früh zu Bett. Daniel mutmaßte, dass der Mann seinen Auftrag nicht zeitnah zu
beenden imstande sein würde. Ungeachtet dessen wollte er aber wenigstens sehen,
wie die Arbeit voranschritt, doch als er an den Arbeitstisch des alten Goldschmieds
trat, war er mehr als überrascht. Flint hatte nichts weiter getan, als die
Steine aus ihrer Fassung zu entfernen. Neun Diamanten lagen inmitten des
Goldschmiedewergzeugs auf der verschlissenen Unterlage verstreut, ebenso wie
das in Stücke gebrochene Collier.
Daniel schluckte die Verblüffung herunter und fügte
sich den Gegebenheiten. Es war damit zu rechnen gewesen, dass der Schmuck
sobald noch nicht für die Vervollkommnung zur Verfügung stehen würde. Vorerst
musste also er selbst das Schutzschild des Engelskindes bleiben. Solange, bis
es ein neues Amulett bekam.
Daniel warf einen Blick auf sein Smartphone. Die Metro
Paris Subway App bestätigte ihm, dass es langsam Zeit wurde, deshalb
teleportierte er in die Dunkelheit derjenigen Straßenecke im Pariser Quartier
Latin, von der aus sein Kontaktmann erfahrungsgemäß das Apartment des
Engelskindes observierte. Daniel streckte seine Sinne aus und tastete die
Gegend ab, bevor er seinen Körper einige Schritte entfernt von Mendez
materialisierte.
Wo war der mysteriöse Anführer, der Daniel über
Mittelsmänner mit einem Mord beauftragt hatte? Würde er dem Aufnahmeritus nicht
beiwohnen, der für seinen Novizen vorbereitet worden war? Offensichtlich nicht,
denn Daniel konnte die Präsenz eines dritten Umgewandelten neben seiner eigenen
und Mendez´ nicht
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