Etwas Endet, Etwas Beginnt
man erwartet hatte, denn dem Vernehmen nach missbilligten Yennefers Konfratres ihre Verbindung mit einem Außenstehenden, noch dazu einem Hexer. Ein Teil hatte die Einladung überhaupt ignoriert, ein Teil redete sich auf Zeitmangel heraus und darauf, sie müssten unbedingt am jährlichen Weltkongress der Zauberer teilnehmen. So dass sich an Bord des »Kissenkreuzers«, wie Rittersporn ihn nannte, nur Dorregaray von Vole und Radcliffe von Oxenfurt befanden.
Und Triss Merigold mit dem Haar wie herbstliche Kastanien.
VI
»Hast du Triss Merigold eingeladen?«
»Nein.« Der Hexer schüttelte den Kopf, überaus froh, dass die Mutation der Blutgefäße es ihm nicht erlaubte, rot zu werden. »Nicht ich. Ich vermute, es war Rittersporn,obwohl alle behaupten, sie habe aus magischen Kristallen von der Hochzeit erfahren.«
»Ich will Triss nicht auf meiner Hochzeit haben!«
»Warum? Sie ist doch deine Freundin.«
»Verkauf mich nicht für dumm, Hexer! Alle wissen, dass du mit ihr geschlafen hast!«
»Hab ich nicht!«
»Hast du doch!«
»Hab ich nicht!«
»Doch!«
»Na schön« – vor Wut wandte er sich ab. »Hab ich. Und was folgt daraus?«
Die Zauberin schwieg eine Weile und spielte mit dem Obsidianstern, der an dem schwarzen Halsband befestigt war.
»Nichts folgt daraus«, sagte sie schließlich. »Aber ich wollte, dass du es zugibst. Versuch niemals, mich zu belügen, Geralt. Niemals.«
VII
Die Mauer roch nach nassem Stein und saurem Unkraut, die Sonnenstrahlen drangen durch das braune Wasser im Burggraben, hoben das warme Grün der am Grunde wachsenden Wasserpest und das leuchtende Gelb der an der Oberfläche schwimmenden Mummeln hervor.
Das Schloss erwachte langsam zum Leben. Im Westflügel klappte jemand mit einem Fensterladen und begann zu lachen. Jemand anders verlangte mit schwacher Stimme Sauerkrautsaft. Einer von Rittersporns Kollegen, außer Sicht, sang beim Rasieren:
Bei der Scheune hört man hier
Laut die Hähne krähen.
Liebste, gleich komm ich zu dir,
Muss nur pinkeln gehen.
Es quietschte eine Tür, auf den Hof kam Rittersporn, dehnte sich und rieb sich das Gesicht. »Wie geht’s, Bräutigam«, sagte er mit müder Stimme. »Wenn du vorhast, dich zu verdrücken, dann ist jetzt die letzte Gelegenheit.«
»Bist ein Frühaufsteher, Rittersporn.«
»Ich habe mich überhaupt nicht schlafen gelegt«, murmelte der Dichter, setzte sich neben dem Hexer auf die steinerne Bank und lehnte den Rücken gegen die von Tradeskantien bewachsene Mauer. »Götter, das war eine harte Nacht. Aber was soll’s, es heiraten nicht jeden Tag Freunde, das musste irgendwie gefeiert werden.«
»Die Hochzeitsfeier ist heute«, brachte ihm Geralt in Erinnerung. »Wirst du durchhalten?«
»Beleidige mich nicht.«
Die Sonne wärmte kräftig, Vögel lärmten in den Sträuchern. Vom See her war Plätschern und Kreischen zu hören. Morénn, Cirilla, Mona, Eithné und Kashka, die rothaarigen Dryaden, Freixenets Töchter, badeten wie üblich nackt in Gesellschaft von Triss Merigold und Freya, der Freundin Mäussacks. Oben, auf den verfallenen Schlosszinnen, rissen die königlichen Gesandten, die Ritter Yves, Sulivoy, Matholm und Devereux einander das Fernglas aus den Händen.
»Habt ihr euch wenigstens gut vergnügt, Rittersporn?«
»Frag nicht.«
»Irgendein größerer Skandal?«
»Mehrere.«
Der erste Skandal, berichtete der Dichter, drehte sich um Rassenfragen. Tellico Lunngrevink Letorte erklärtemitten im Vergnügen auf einmal, er habe es satt, als Halbling aufzutreten. Der Doppler zeigte mit dem Finger auf die im Saal anwesenden Dryaden, Elfen, Halblinge, die Sirene, den Zwerg und den Gnom, der behauptete, er heiße Schuttenbach, und nannte es diskriminierend, dass alle hier sie selbst sein könnten und nur er, Tellico, sich mit fremden Federn schmücken müsse. Worauf er – für einen Augenblick – seine natürliche Gestalt annahm. Bei diesem Anblick wurde Gardenia Biberveldt ohnmächtig, Fürst Agloval verschluckte sich gefährlich an einem Zander und Annika, die Tochter des Schulzen Caldemeyn, bekam einen hysterischen Anfall. Die Situation klärte der Drache Villentretenmerth, noch immer in Gestalt des Ritters Borch mit den Drei Dohlen, der dem Doppler ruhig erklärte, Gestaltwandel sei ein Privileg, das Verpflichtungen mit sich bringe, darunter die Pflicht, Gestalten anzunehmen, die allgemein als anständig gälten und gesellschaftlich akzeptiert seien; das erfordere die gewöhnliche
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