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lernte ich, dass ein Nein stärker ist als ein Ja. (Schostakowitsch wusste das schon.) Zwei Mal Ja ist nötig, damit ein Ich »wir« werden kann, aber nur ein Nein, um ein »wir« auseinanderbrechen zu lassen, egal, was die andere Hälfte will. Elena Konstantinowskajas Nein schlug mein Ja, das stumm in Einsamkeit versank. Sie hat mir das angetan, und es gibt keine Heilung.
    Sie sagte nein, um sich treu zu bleiben. Werde ich mich also auch selbst finden, wenn ich nein sage? Wie könnte es mir noch schlechter gehen? (Dieses Gefühl in meinem Herzen mag ich nicht; ob es wohl verschwindet, wenn ich lange genug schlafe?) Von jetzt an werde ich zu allem nein sagen.
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    Im Nebenzimmer saß Schostakowitsch am Klavier. Ich kann nicht gerade behaupten, dass er in das eben Geschehene eingeweiht war; ich werde nie erfahren, wie viel er wusste; mein Liebeskummer war zu groß. Wahrscheinlich wusste er nichts; er war viel zu tief in sich versunken, Tag und Nacht in dieser fensterlosen Kammer stationiert, mit der Aufgabe, Passwörter und verschlüsselte Passagen in die Partitur des Opus 110 einzuarbeiten.
    Er klopfte mir auf die Schulter und sagte: keine Sorge, keine Sorge. Es gibt nichts als Unsinn auf der Welt …
    Er war nett zu mir; dabei hatte er es nicht nötig, nett zu sein! Er war es, den ich liebte …
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    Also verweigerte ich jede Zusammenarbeit. Ich sagte nein. Leider heißt nein ja, da sie das Zusammentreffen mit Elena Konstantinowskaja arrangiert hatten und bei dessen Ausgang die Finger im Spiel gehabt haben mussten. Aber ein Ja hätte ebenfalls ja bedeutet. Mit anderen Worten, ja ist stärker als nein. Trotzdem, ich bestehe darauf, dass ich meinen Überzeugungen treu geblieben bin. Ich sagte ihnen, meine Schuld sei zu groß, nicht dass Schuld ihnen etwas bedeutet hätte. Ich verlangte, der Stasi übergeben zu werden. Ich gestand, noch immer ein bösartiger aktiver Angehöriger der Organisation Gehlen zu sein. Selbst ein Verhör im Ministerium für Staatssicherheit konnte mich nicht davon abbringen. Als sie mich zwickten, spürte ich es kaum.
    Sie flogen mich wieder zurück nach Ostberlin; das Fliegen hat mir schon immer Spaß gemacht. Bei meinem Verhör leistete mir ein Stenograph Gesellschaft. Vielleicht mochte er mich um meiner selbst willen. Er »spielte Klavier« auf einer erbeuteten Schreibmaschine der Marke »Erika«. Dann führten sie mich der Roten Guillotine vor, die mich zum Tode verurteilte und mir danach nach allen Regeln der sozialistischen Rechtsprechung einen fairen Prozess machte. In strenger, liebevoller Fürsorge sah eine goldene Wilhelm-Pieck-Büste dabei zu. Wieder gestand ich alles. Angesteckt vom amerikanischen Gangstertum, hatte ich mich verschworen, ihre Abwehrbereitschaft zu schwächen. Schlimmer noch, ich hatte weiter von einem sogenannten »deutschen Weg zum Sozialismus« geträumt. Ich hatte den größten Freund und Verbündeten der deutschen Arbeiterklasse vergessen, die Sowjetunion. Ich hatte sogar versucht, die Sowjetunion meiner wunderschönen Elena Konstantinowskaja zu berauben. Schließlich erinnerte ich das Gericht daran, dass meine Klasse ihre historische Mission bereits erfüllt hatte und keinerlei Existenzberechtigung mehr besaß. Stolz schloss mein Verteidiger mich in die Arme.
    Als sie mich erschossen, war ich unbesorgt; ich wusste, es würde mir nicht mehr Schaden zufügen, als ich Schostakowitsch zugefügt hatte. Es war so, als würde man den Abfluss einer schmutzigen alten Spüle
in einer Kommunalka hinuntergespült; ich spürte, wie ich abwärtsgesogen wurde, mich immer schneller um mich selbst drehte, bis ich plötzlich in dem Bleirohr mit der geheimen Verbindung in den Westen war.
    Ich schoss heraus, ohne Schaden genommen zu haben, und es war Nacht. Im Osten sterben heißt im Westen leben.
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    Nun war es geschafft! Ihre schwarzen Telefone begannen zu läuten. Mein Geständnis hatte ihnen gezeigt, in welcher Gefahr sie schwebten. Schostakowitsch war ihre Stimme und Elena ihre Seele. Wenn wir sie uns schnappen konnten, dann würden wir eine Seele haben, und sie hätten keine mehr. Ich war jetzt unschädlich gemacht worden, wenn nicht durch einen Genickschuss, dann durch die Liebe, aber was, wenn GREINER oder NEY durchkamen?
    Sie blockierten Berlin. Das war Phase eins. Sobald sie konnten, würden Sie den Eisernen Vorhang verstärken. Vorerst würden sie uns aus Westberlin heraushungern. Genau das hatte der Schlafwandler immer befürchtet.
    Die Träumer, die allnächtlich