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Europe Central

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Titel: Europe Central Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William T. Vollmann
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sei ein Souvenir von einem romantischen Stelldichein mit Modigliani in Paris, kurz nach ihrer ersten Ehe.
    Wir haben Fotografien von ihren verschiedenen Affären aufgetrieben. Bei uns im Amt war sie der größte Witz, ein Dauerlutscher , sagte Pjotr Alexejew, und ich werde nicht verraten, was er damit meinte. Es stimmt nicht, dass sie kurzsichtig war, aber wie die meisten dieser sogenannten »Intellektuellen« hat sie ihr kostbares Köpfchen in den Sand gesteckt oder jemand anderem in den Arsch – Sie können sich die ganzen schmutzigen Dinge, die ich sie habe tun sehen, gar nicht vorstellen! –, also war es immer ganz einfach, sie im Auge zu behalten. Ich habe es ja gern etwas anspruchsvoller. Ohne mich loben zu wollen, ich bin sehr geschickt darin, die Pläne dieser Duckmäuser zu durchkreuzen. Hätte man Solschenizyn zum Beispiel mir überlassen, es wäre ihm nie gelungen, das Gift seines Archipel Gulag nach drüben zu schmuggeln. Als diese sogenannte »Geschichtsschreibung« erst einmal der New York Times in die Hände gefallen war, fügte sie uns unermesslichen Schaden zu. Wir werden ihm beizeiten dieselbe Behandlung angedeihen lassen wie Trotzki.
    Eines muss ich der Achmatowa zugutehalten: Sie hat mit uns kooperiert, um ihres Sohnes willen. (Eine ihrer Nachkriegsoden geht: Wo Stalin ist, ist die Freiheit / Der Erde Herrlichkeit und Frieden! Die brave kleine Nutte!)
3 Aus unserer Perspektive ist sie wirklich immer sauber geblieben – so sauber wie jemand bleiben kann, der seine Nase anderen Menschen in den … – oh, was ich alles gesehen habe!
    Die Unwissenden behaupten, sie habe eine geheime Trauergesellschaft gegründet. Sie können mir glauben; das ist Legende. Ich muss es wissen. Ich weiß, was diese Frau in den vergangenen dreißig Jahren zum Frühstück gegessen hat!
    Verehrer will ich ihr zubilligen. Die Siebte Nördliche Elegie ist schlau gemacht, so krankhaft sie auch sein mag. (Um die Wahrheit zu sagen, Literatur langweilt mich.) Als ich sie zum ersten Mal sah, trug sie eine
ihrer vielen Halsketten, posierte im Profil, ganz hingerissen von sich selber, die Augen auf durchtriebene Weise halb geschlossen. – Nicht schlecht!, sagte ich zu Pjotr Alexejew. – Unter den Dichtern ihrer Zeit ragte sie so weit heraus, wie E. E. Konstantinowskaja es getan hätte, hätte man sie in eines von Larionows Gemälden rosaartig lilafarbener fleischiger, dickbeiniger Tänzerinnen verpflanzt.
    Der Trotzkist N. Punin, der gestanden hat, ihren Urin getrunken zu haben, und den ich persönlich verhaften durfte – das wird Ihnen gefallen: Seines Vorgängers Gumiljow hatten wir uns am 25. August 1921 entledigt, also warteten wir '49, als wir Punin abholten, [ 17 ] bis zum 26. August, bloß um sie ein wenig zittern zu lassen! –, behauptete gern, und ich habe den genauen Wortlaut irgendwo, die Kunst sei weniger ein Derivat des Lebens, als dass sie unsere Wahrnehmung und Wertschätzung des Lebens verändere und sich über die Existenz lege wie ein Schatten .
5 Leider hatte er Recht. So derivativ die Achmatowa auch gewesen sein mochte, sie hat eindeutig ihre Spuren hinterlassen – sie hat markiert wie eine läufige Hündin. Nicht nur ihre perversen Liebhaber, nein, unsere ganze Sowjetkultur hat sie vollgepisst.
    2
    Anna Achmatowa, geb. Gorenko, ist für zwei Gedichte berühmt, vor allem das ekelhafte »Requiem«, das die »Organe« der Staatssicherheit angreift und nebenbei unser Gefängnissystem schlechtmacht. Schostakowitsch gehörte zu den Bewunderern dieser literarischen Bemühung; ich wünschte, ich hätte genug Platz, Ihnen ein paar Dinge über diesen Schwanzlutscher zu erzählen. (Andererseits brachte er uns gelegentlich zum Lachen; ich will nicht verschweigen, dass meine Arbeit auch ihre angenehmen Seiten hat. Im Jahr 1953 wollte die Achmatowa ihn mit irgendeinem Gefasel beeindrucken, das sie über die 7. Sinfonie zu Papier gebracht hatte, und er dankte ihr in der ihm eigenen Unaufrichtigkeit, dann ging er ins Hotel Sowjetskaja und sagte, in der naiven
Annahme, die Wände hätten keine Ohren, zu seiner damaligen Geliebten G. I. Ustwolskaja: Ich mag es nicht sehr, wenn man über meine Musik Gedichte schreibt. )
6 Wir hielten es mit diesem sogenannten »Kunstwerk« so: Da sie vernünftig genug war, keine große Sache daraus zu machen, warum ihr dann nicht ihr jämmerliches kleines Leben lassen? Isoliert hatten wir sie schon. Sie zu erschießen hätte für uns vielleicht den Verlust harter Währung aus

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