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Eva und die Apfelfrauen

Eva und die Apfelfrauen

Titel: Eva und die Apfelfrauen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tania Kraetschmar
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ist so gut wie der erste Schluck Champagner nach einem stressigen Tag in der Schule! Wenn’s nicht so teuer wär, wäre ich glatt suchtgefährdet. «
    Â» Gut zu wissen « , murmelte Julika, die gern großzügige Geschenke machte. Lorenzo hatte sie bei der Scheidung anständig abfinden müssen.
    Â» Zur Not tut es auch Prosecco « , meinte Nele.
    Â» Läuft es schlecht bei dir in der Schule? « , fragte Eva.
    Sie hielt dem Kellner, der gerade die Speisekarten auf den Tisch legte, ihr Glas hin. Er griff nach der Flasche im silbernen Cooler und schenkte ihr den Rest ein. Dann warf er Julika einen fragenden Blick zu, und sie nickte. Bevor die nächste Bankkrise kam– und die kam sicher!–, konnte sie einen Teil ihres Vermögens genauso gut in Champagner rosé mit ihren besten Freundinnen anlegen.
    Â» Wir haben eine arabische Gang in unserer Schule « , antwortete Marion auf Evas Frage. Sie war Lehrerin in einer Brennpunktgrundschule in Neukölln. » Viertklässler! Der Bandenführer heißt Jihad. Was geht eigentlich in Eltern vor, die ihren Sohn › Heiliger Krieg ‹ nennen, könnt ihr mir das mal erklären? Neulich gab es Stress mit einer Lesepatin. › Ich sag’s meinen Cousins, wenn ich das noch mal lesen muss. Und die stechen dich ab, du Opfer! ‹ , hat dieser Minimacho gedroht. Unfassbar. Ich kann’s nicht abwarten, bis mein Sabbatjahr beginnt. « Sie griff nach ihrem Glas und leerte es in einem Zug.
    Â» Drei Monate hältst du noch aus, Marion « , sagte Nele ermutigend.
    Â» Was hast du dir für dein freies Jahr eigentlich vorgenommen? « , fragte Dorothee sichtlich gespannt.
    Â» Im Moment fallen mir nur vier Dinge ein: ausschlafen, wieder Tai Chi machen, ein bisschen mehr in die Tarotkarten schauen und endlich zum Friseur gehen! Schaut doch bloß mal. « Marion zeigte auf den Scheitel ihres blonden Pagenkopfes, wo ein dunkler, grau durchzogener Haaransatz zu sehen war. Mit ihren dreiundfünfzig war sie die Älteste der fünf Freundinnen. » Es wird absolut wundervoll sein, Zeit zu haben. « Sie schob die Ärmel ihrer bunten gefilzten Jacke hoch, schloss die Augen und begann, tief und ruhig zu atmen. Marion schwor auf asiatische Entspannungsübungen, auf Esoterik und auf Feminismus.
    Â» Das ist nicht viel für ein Jahr « , entgegnete Dorothee skeptisch.
    Â» Stimmt. Aber im Moment habe ich nicht mal die Power, mir zu überlegen, was ich mit mehr Freizeit anfangen könnte. Selbst dafür bräuchte ich Ruhe. Reisen, endlich Bogenschießen lernen– alles ist möglich. Nichts ist entschieden. We’ll see. « Marion unterrichtete auch Englisch.
    Der Kellner, der vom Panoramafenster aus dem Schnee nachgeschaut hatte, der auf den Potsdamer Platz rieselte, kam wieder an den Tisch. » Wollen die Damen bestellen? « , fragte er.
    Â» Einen Moment « , sagte Julika. Sie griff nach der in Leder gebundenen Speisekarte, schlug sie auf und runzelte die Stirn. » Mein Gott. Sie drucken ja immer kleiner! Wer soll denn das lesen können? «
    Dorothee kramte in ihrer Tasche, bis sie fand, was sie gesucht hatte. » Hier. Nimm. Ich versteh einfach nicht, wie du noch ohne auskommst. « Sie drückte Julika ihre Lesebrille in die Hand.
    Julika setzte sie auf. Der pinkfarbene Rahmen der Brille biss sich gefährlich mit dem Hennarot ihres langen Haares, aber sie sah deutlich erleichtert aus, als sie die Karte zum zweiten Mal aufschlug. » Oh, danke, das ist viiiiel besser! « Konzentriert studierte sie das Angebot. » Vitello tonnato? Carpaccio? Oder wie wär’s mit Antipasti misti als Appetizer? Wollen wir eine große Platte bestellen? «
    Nele, Eva, Dorothee und Marion nickten enthusiastisch.
    Â» Gut, dann fangen wir damit an. «
    Der Kellner notierte und zog sich zurück.
    Â» Du kannst die Brille behalten « , sagte Dorothee und schloss den Reißverschluss ihrer Tasche. » Ist meine Ersatzbrille. Die schenke ich dir noch zum Geburtstag. «
    Â» Ich brauche keine « , erklärte Nele kategorisch, während sie angestrengt blinzelnd die Hauptgerichte las. Eine steile Falte bildete sich dabei zwischen ihren Augenbrauen. » Ich sehe immer noch wie ein Adler. Zum Glück. «
    Die anderen vier sahen sich vielsagend an, schwiegen jedoch.
    Â» Und du, Dorothee? Wie sieht’s bei dir aus? Wie geht’s deiner Familie? « , fragte

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