Evermore Bd. 6 - Für immer und ewig
stützt sich auf den Ellbogen, während er den Kopf in seine offene Hand legt, um mich besser zu sehen. »Du erinnerst dich nicht? An gar nichts?«, fragt er in einem lächerlich hoffnungsvollen Tonfall.
»Hm, mal sehen …« Ich tue so, als würde ich nachdenken, und tippe mir mit dem Zeigefinger ans Kinn. »Ich weiß noch, wie du das Licht ausgemacht hast und neben mir ins Bett geschlüpft bist …« Verstohlen werfe ich ihm einen Blick zu. »Ich erinnere mich an deine Hände oder zumindest das Beinahe-Gefühl deiner Hände …« Sein Blick verschleiert sich leicht, ein sicheres Anzeichen dafür, dass er sich auch daran erinnert. »Und irgendwie erinnere ich mich vage an das Beinahe-Gefühl deiner Lippen, aber, wie gesagt, meine Erinnerung ist ziemlich vage, also bin ich mir nicht ganz sicher …«
»Vage?« Er grinst, und seine Augen blitzen auf eine Weise, die nur allzu klarmacht, wie gern er meinem Gedächtnis auf die Sprünge helfen würde.
Ich erwidere sein Lächeln, doch es schwindet schnell wieder, als mir etwas einfällt. »Ach ja, und ich erinnere mich irgendwie an einen spätnächtlichen Spontanbesuch im Sommerland und an die verrückte Alte, bei der wir Havens Habseligkeiten vergraben haben, und dass du dich irgendwie widerwillig bereiterklärt hast, mir dabei zu helfen, den Sinn ihrer rätselhaften Botschaft zu entschlüsseln …« Erneut fange ich seinen Blick auf, und es ist genau, wie ich dachte. Er schaut, als hätte ich ihm eine Ladung kaltes Wasser über den Kopf gegossen.
Er rollt sich auf den Rücken und starrt an die Decke. Eine ganze Weile schweigt er eisern und nachdenklich, ehe er sich wieder aufsetzt, die Beine über die Bettkante schwingt und sich die Decke von den Knien zerrt.
»Damen …« beginne ich, unsicher, was nun folgen soll, doch das spielt keine Rolle, da er mich rasch aufklärt.
»Ich hatte gehofft, wir könnten die Winterferien mit anderen Dingen verbringen.« Er geht zum Fenster, bleibt stehen und wendet sich zu mir um.
»Was für Dinge?« Ich kneife die Augen zusammen und frage mich, was für andere Dinge es wohl geben könnte.
»Tja, zunächst einmal, findest du nicht, dass es höchste Zeit ist, mit Sabine ins Reine zu kommen?«
Ich packe das Kissen an der Seite und ziehe es mir übers Gesicht. Mir ist klar, dass das ein völlig nutzloses Unterfangen ist, ganz zu schweigen davon, wie kindisch es ist, aber das ist mir im Moment egal. Also, wenn ich nicht einmal an Sabine denken will, dann kann man wohl davon ausgehen, dass ich auch nicht über sie reden will. Und da kommt er und will mit mir über mein schlimmstes, verhasstestes und – zumindest für den Moment – unantastbarstes Problem debattieren.
»Ever …« Er zieht an meinem Kissen, doch ich umklammere es nur umso fester. »Du kannst es nicht einfach so stehen lassen. Das ist nicht richtig. Du musst irgendwann wieder zu ihr gehen.« Er zupft noch einmal, ehe er seufzend zu seinem Platz am Fenster zurückkehrt.
»Du wirfst mich raus?« Ich schiebe das Kissen nach unten, bis auf meinen Bauch, drehe mich zur Seite und umklammere es, als müsste es mich vor dem beschützen, was als Nächstes kommt.
»Nein!« Hastig schüttelt er den Kopf. Dann fährt er sich mit den Fingern durch sein verstrubbeltes Haar und streicht es zurecht. »Warum sollte ich das tun?«, fragt er schließlich und sieht mich erstaunt an, ehe er die Hand wieder sinken lässt. »Ich liebe es, mit dir schlafen zu gehen, genauso wie ich es liebe, neben dir aufzuwachen. Ich dachte, das wüsstest du?«
»Bist du sicher?«, hake ich nach, als ich seinen bestürzten Blick sehe. »Ich meine, ist es nicht zu frustrierend für dich? Du weißt schon, wir schlafen zusammen in einem Bett, ohne dass wir wirklich miteinander schlafen können?« Ich presse die Lippen zusammen und spüre, wie mir die Hitze in die Wangen steigt.
»Das Einzige, was ich frustrierend finde, ist, dass du dich unter einem Kissen verkriechst, um nicht über Sabine reden zu müssen.«
Ich schließe die Augen, zupfe gedankenlos am Saum des Kissenüberzugs herum und merke, wie sich meine Stimmung wandelt und ins Gegenteil von seiner umschlägt. Hoffentlich kann ich das noch aufhalten, ehe es zu weit geht und uns allzu sehr voneinander trennt.
»Da gibt es nichts zu reden. Sie glaubt, ich bin verrückt. Ich glaube das nicht. Oder zumindest nicht in dem Sinn,
wie sie es meint.« Ich spähe zu ihm hinüber und versuche, dem Ganzen ein wenig Leichtigkeit zu verleihen, doch das
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