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Evies Garten (German Edition)

Evies Garten (German Edition)

Titel: Evies Garten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: K.L. Going
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Hintern hochkriegst, wird das den Fluch brechen.«
    Vater dagegen seufzte nur. »Okay, aber wir fangen bald mit dem Unterricht an, und dann kannst du nicht mehr den ganzen Tag schlafen. Hast du verstanden? Vielleicht kann ich dich ja zur Bücherei mitnehmen, wie Maggie vorgeschlagen hat, damit du mal aus dem Haus kommst.«
    Evie gab keine Antwort.
    »In Ordnung.« Vater stand auf und das Bett knarrte. »Denk darüber nach. Du weißt ja, wo du mich findest.«
    Evie hörte, wie er das Zimmer verließ und über den Flur ging. Sie rührte sich erst wieder, als unten die Haustür ins Schloss fiel. Dann spähte sie aus dem Fenster, bis sie ihren Vater zwischen den Bäumen verschwinden sah.
    Sie lauschte dem Wind und hörte, wie die große alte Weide tapp tapp tapp gegen die Scheibe ihres Fensters klopfte. Im Dämmerlicht des Morgens wirkte ihr Zimmer besonders fremd und dunkel. Vater und sie hatten fünf Zimmer zur Auswahl, aber sie hatten sich für die beiden kleinsten entschieden, die nebeneinander auf der Seite zum Apfelgarten hin lagen. Evie hatte ihr Zimmer gewählt, weil an der Wand das Bild eines Mädchens hing, das in einem wunderschönen Garten stand. Seine Augen wirkten traurig und verloren, und Evie wollte ihm Gesellschaft leisten. Sie überlegte, was sie selbst an diesem Bild anders gemacht hätte. Doch dann schüttelte sie den Kopf.
    Ohne Mom würde sie nie wieder malen.
    Evie seufzte. Sie stand auf und zog ihre ältesten Jeans und das Flanellhemd an, das sie zu Hause an kalten Tagen getragen hatte. Dann ging sie die breite Treppe hinunter in die Küche. Wie immer hatte Vater ihr eine kleine Schachtel Haferflocken in einer Schüssel neben dem Herd hingestellt. Sie aßen seit gut einer Woche nichts als Haferflocken, überreife Bananen und die Erdnussbuttersandwiches, die noch von der Reise übrig waren, weil Vater noch keine Lebensmittel besorgt hatte. Es war typisch für ihn, sich zuerst um die Apfelbäume zu kümmern, bevor er Eier und Butter einkaufte.
    Sie schob die Schüssel weg, und genau in diesem Augenblick entdeckte sie den Jungen in der Ferne. Er lehnte an einem Grabstein. Evie trat ans Küchenfenster und presste die Nase gegen das Glas. Ihr Atem zeichnete einen Nebelkreis auf die Scheibe. Der Junge drehte sich um, und für einen Moment dachte sie, er hätte sie gesehen. Hastig wich sie zurück und wischte den Kreis mit dem Ärmel weg.
    Sie fragte sich, was Mom wohl von dem fremden Jungen gehalten hätte. Zweifellos hätte Mom sich ihm längst vorgestellt.
    »Hallo! Ich heiße Tally, und du bist sicher der Geist von nebenan.«
    Falls der Junge lebte, hätte er gelacht, und falls nicht, würde Mom all seine Geheimnisse herauskriegen.
    Nachdenklich löste Evie kleine Farbflocken vom Fensterrahmen. Natürlich lebte er. Es konnte gar nicht anders sein. Aber warum hockte er den ganzen Tag in der Kälte auf dem Friedhof herum? Warum war er so bleich? Und wieso hatte ihn bei der Beerdigung niemand außer ihr bemerkt?
    Morgen , dachte Evie. Morgen finde ich heraus, dass er nur ein ganz gewöhnlicher Junge ist, und das war’s dann . Außerdem wollte ihr Vater bald mit dem Unterricht anfangen. Als sie wieder aus dem Fenster schaute, war sie sich beinahe sicher, dass der Junge zum Haus blickte, als wollte er sie zwingen, zu ihm nach draußen zu kommen.
    Evie machte erst einen Schritt. Dann noch einen. Sie sagte sich selbst, dass sie nur auf die Veranda gehen wollte, um ihn sich näher anzusehen. Doch sie zog die schweren Winterstiefel und ihren wärmsten Mantel an wie für eine lange Reise.

Alex
    Evie wagte sich bis an den Rand des Friedhofs vor. Dann zögerte sie. Sie konnte ihn einfach nicht betreten. Es ist auch nichts anderes, als Moms Grab zu besuchen , sagte sie sich. Aber es fühlte sich anders an. Der Ort hier hatte etwas an sich, das noch toter als tot war.
    Sie sah sich um. Nirgendwo waren Blumen oder Kränze. In der Erde steckten keine Fotos und keine Erinnerungsstücke. Nach Moms Tod hatte Evie ihr zum Geburtstag Pinsel und Farben und Lilien gebracht, und sie hatte ihr gläsernes Lieblingseinhorn neben dem Grab der Mutter vergraben. Hier war nichts. Nur Reihen von leeren Grabsteinen mit eingravierten Namen und Daten. Vielleicht stimmte es, was Maggie gesagt hatte: Die Leute von Beaumont erinnerten sich nicht gern an ihre Toten. Evie überlegte, ob sie etwas Neues oder Lebendiges auf jeden Grabstein legen sollte – aber würde das den Toten gefallen? Und wo sollte sie hier etwas Lebendiges

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