Ewigkeit
Lanier. »Nehmen Sie Platz!« Er wies auf einen Ohrensessel am Kamin. Ram Olmy setzte sich und faltete die Hände vor dem Bauch.
»Der Ingenieur wird heute abend eine Anzahl virtueller Universen erschaffen. Um das Ende des Weges herauszufischen. Ich denke, Sie würden imstande sein, die Nebeneffekte zu erkennen. Es wird eindrucksvoll sein.«
Lanier nickte. Er war sich nicht sicher, was für eindrucksvolle Wunder gerade jetzt zu erwarten wären.
»Die Verteidigungsanlagen sind in Stellung. Sie sind noch nicht getestet worden, aber das wird bald geschehen. Ich bin einer Testmannschaft zugeteilt worden.«
»Viel Glück!«
»Ich schätze Ihre Ironie, Ser Lanier«, sagte Ram Olmy. »Wenn alles gut geht, wird der Weg in einer Woche wieder angeschlossen sein und die erste Probeöffnung binnen zweier Wochen stattfinden. Ich hoffe dort zu sein, wenn er geöffnet wird.«
»Das sollte ein eindrucksvoller Augenblick sein.«
Lanier hatte sich nicht hingesetzt. Karen stand hinter ihm. Ram Olmy schaute zu ihnen auf mit ruhigem Blick, aber körperlich immer noch nicht entspannt. Er griff mit den Händen an die Lehnen des Sessels und faltete sie dann wieder. Wie ein junges Füllen, dachte Lanier.
»Ich habe auch eine Botschaft von Konrad Korzenowski«, sagte Ram Olmy. »Ser Mirsky ist nirgendwo gesehen worden. Der Ingenieur sagte mir, ich sollte es Ihnen mitteilen: ›Der Avatar ist geflohen.‹«
Lanier nickte. Dann wandte er sich um und sagte zu Karen: »Wir machen es dem Jungen ungemütlich. Setzen wir uns hin!« Sie zogen Stühle heran. Karen bot Erfrischungen an, aber Ram Olmy lehnte ab.
»Ich bin nach anderen Richtlinien gebaut worden als mein Vater. Nicht ebenso leistungsfähig, aber ich brauche keine Talsit-Mittel.« Er hielt die Hände hin, offenbar stolz auf seine neue materielle Gestalt.
Lanier lächelte. Tapi erinnerte ihn an Olmy, und das war eine angenehme Erinnerung. Karen schien von diesem Hauch eines Hexamonwindes weniger begeistert zu sein.
»Warum versteckt sich Ihr Vater?«
»Ich denke, er bringt eine Art von Mißbilligung zum Ausdruck, weiß es aber nicht richtig. Wir alle sind über Ihre Isolation hier verstimmt. Ich kenne niemanden in der Liga für Verteidigung und Schutz, der die Art billigt, wie die Erde behandelt wird…«
»Aber Sie halten es für notwendig«, sagte Karen.
Ram Olmy blickte ihr ruhig und fest in die Augen. »Nein, Ser Lanier. Ich nicht. Die Notstandsgesetze legen die Verantwortung für Entscheidungen dem Präsidenten und Spezialrat des Nexus’ auf. Die erteilen uns die Befehle. Ungehorsam gegenüber diesen Befehlen bedeutet nach den gleichen Gesetzen Verlust von Inkarnationsprivilegien und direkte Speicherung im City-Gedächtnis. Das würde mich dahin zurückbringen, wo ich angefangen habe.«
»Wie haben Sie sich diesen Dienst organisiert?« fragte Lanier.
»Verzeihung… organisiert?«
»Beschafft.«
»Ich habe darum nachgesucht. Niemand hatte etwas dagegen einzuwenden. Ich sagte, daß Sie Freunde meines Vaters und des Ingenieurs seien, und daß ich Ihnen eine Mitteilung vom Ingenieur überbringen könnte.«
»Ihre Eltern sind nicht abgesondert?«
»Nein. Mein Vater hält sich versteckt, hat aber keine Gesetze übertreten. Man kann Sie nicht zwingen, Kommandopositionen zu übernehmen. Das wäre lächerlich.«
»Korzenowski hat sich freiwillig gemeldet?« fragte Karen mit zunehmendem Interesse.
»Ich bin nicht sicher, was seine Beweggründe sind. Manchmal wirkt er recht seltsam, aber er schafft seine Arbeit, wie ich höre. Das Spezialkomitee des Nexus’ kann nicht alle Nachrichtenverbindungen überwachen. Es gibt allerhand Geschwätz auf Thistledown. Ich sehe ihn sehr selten, und sein Partial hat mir diese Botschaft übergeben.«
»Wir sind dankbar, daß Sie sie uns überbracht haben«, sagte Lanier.
»Es war mir ein Vergnügen. Meine Eltern haben oft von ihnen gesprochen. Sie sagten, daß Sie zu den besten Alten Eingeborenen gehörten. Ich wollte auch noch sagen…« Er stand plötzlich auf. »Ich muß jetzt zurückkommen. Die Vorräte sind ausgeladen. Wenn dies vorbei ist, wenn der Weg wieder offen steht, dann erwartet das Hexamon endlich die Hilfsquellen zu bekommen, um unser Werk auf der Erde zu vollenden. Ich warte darauf und möchte jetzt gern freiwillig mit Ihnen an irgendeinem Projekt unter Ihrer Führung arbeiten. Mit Ihnen beiden. Es wäre mir eine Ehre, und sowohl mein Vater wie meine Mutter wären sehr stolz.«
Lanier schüttelte langsam den Kopf.
Weitere Kostenlose Bücher