Ewigkeit
Am Ende herrschen Grausamkeit und Tod über das ganze Land. In keinem einzigen Lichtstrahl oder Sandkorn wirst du Trost finden, denn alles ist dunkel, und der kalte Blick von Gottes gleichgültigen Augen mit ihren schweren Lidern fällt voller Verachtung gleichermaßen auf alle. Nur in deiner inneren Stärke gibt es Rettung. Du mußt so leben wie ein Baum oder wie die Kellerasseln und Flöhe, die im Lande und dem Ruin der Erde gedeihen. Und so lebst du und fühlst den Stachel des Wissens, daß du am Leben bist. Du ißt alles, was dir zur Hand kommt. Und wenn das, was du issest, einst ein Bruder oder eine Schwester war, möge es so sein. Gott kümmert sich nicht darum. Denn wenn alle Hunger haben, sind alle Huren, sogar diejenigen, welche die Huren benutzen. Und Krankheit gedeiht, wenn alle Huren sind; denn Krankheitskeime müssen leben, sich über das Land ausbreiten und die Erde zerstören.
Manche sagen, daß wir aus eigener Kraft wieder den Himmel erklimmen werden. Manche sagen, wir hätten alle sterben sollen zur Sühne. Aber so sollte es nicht kommen. Denn durch eine Laune der Zeit und der Geschichte kamen die Engel von dem Stein, um über das Land zu ziehen und Trost zu bieten, zu dem das Land nicht fähig ist, Wolken und Rauch wegzustoßen und die Sonne durchdringen zu lassen, unsere Feldfrüchte zu säen und unsere Nahrung zu ernten und uns dann den Pflug zu übergeben. Ihr staunt darüber und verflucht die Engel nicht in dem Wahnsinn eurer Schuld; denn sie sind eine Glorie wie ein Traum, und ihr glaubt nicht wirklich daran.
Sie betreuen euch in eurer Krankheit, und im Laufe der Zeit vereint ihr euch mit ihnen, um andere zu betreuen. Medizin wird zur Religion, Hilfe bei dem einzigen Gebot und Heilung als die größte Gabe an Gott, die man sich vorstellen kann.
Sie bringen Wunder aus dem Stein heraus. Sie bleiben unter uns, gehören aber nicht zu uns; und einige Leute murren, aber die wenigen werden ignoriert wie die Spreu. Worüber die wenigen murren, ist Trennung und Enttäuschung, denn wir sind niemals glücklich. Und niemals zufrieden und befriedigt. Aber die Engel hören nicht zu.
Und dann kommt von den Ländern der Bibel und aus dem Volke des Ostens im Buche Rebellion. Denn deren Länder sind nicht ausgedörrt worden, und sie können noch Kraft im Boden gewinnen, und sie sind klug und kennen das Gesetz von Baum und Floh. Denn sie sind von Gott erwählt, sie kämpfen gegen diese Engel, welche für sie keine Engel sind. Sie kämpfen und werden durch Wunder unterworfen und befriedet. Und die Leute des Buches schlafen den Schlaf des Friedfertigen. Sie bauen und arbeiten, kämpfen aber nicht. So ist es in dem Land, wo die Menschheit erstmals ihre Augen geöffnet hat.
Und dann sank in dem Lande das Böse ein an der Spitze des Herzens der Dunkelheit, wie weißer Unrat in eine schwarze Flasche. Von diesem Land kommen Afrikaans und Englisch sprechende Leute in ihren feinen Uniformen. Sie treiben ihre Sklavenheere vor sich her, um alle unberührten südlichen Gebiete der Erde zu plündern. Sie kämpfen und sie werden durch Wunder bezwungen und auf ihre Art befriedet. Und sie schlafen den Schlaf des Friedfertigen. Sie bauen und arbeiten und kämpfen nicht. So ist es am Boden der Amphora von Afrika.
Licht und Lernen beginnen wieder über dem Boden; denn Kraft kehrt wieder zum Boden und ins Fleisch zurück. AU dies verdanken wir den Engeln. Und wenn sie bloß Menschen sind, nur unsere eigenen Kinder, zurückgekehrt in Licht gekleidet – was macht das aus für unsere Freude und Dankbarkeit?
Sie erheben uns über das Gesetz von Baum und Floh und machen uns wieder menschlich.
GERSHOM RAPHAEL
Totenbuch, Sure 4, Buch 1.
1. KAPITEL
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Wiedereroberte Erde,
Unabhängiges Gebiet von Neuseeland, A.D. 2046
Der Friedhof der Station von New Murchison enthielt nur dreißig Gräber. Flaches Grasland umgab den eingezäunten Fleck, und ringsum und hindurch schlängelte sich schützend ein schmaler Bach, dessen leise flüsterndes Geplätscher den kühlen, trockenen Wind übertönte. Der Wind ließ die Grashalme säuseln und beben. In graue Wolken gehüllte Berge mit Schneestreifen blickten finster auf das Gelände. Die Sonne stand um eine Stunde über der Zwei-Daumen-Kette im Osten. Ihr Licht war hell, aber nicht warm. Trotz des Windes schwitzte Garry Lanier.
Er half dabei, den Sarg auf Schultern durch den schiefen weißen Lattenzaun zu dem neu ausgehobenen Grab zu tragen, das durch einen Hügel dunkler Erde
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