Ewigkeit
Aber was für eine Aufgabe lag vor ihnen! Tricks und Ausflüchte, offene Lügen waren notwendig in einem ständigen Kampf gegen die Verheerungen des Todes und auch die Ursachen jener Katastrophe. Und gerade, als ich am Steuer der Bewältigung dieses Elends zusammenbrach, wünschte das Hexamon…
Er hielt inne. Was? Rückkehr zu den guten alten Tagen? Zu der Welt, mit der sie tatsächlich mehr vertraut waren, komfortabler trotz ihren Philosophien und festen Ziele? Die Zerstörung war – in Hexamonzeit – die Entscheidung eines Augenblicks gewesen, so wie es jetzt die Wiederöffnung war. Zacken in der glatten Kurve der Geschichte des Hexamons. Punkte kataklysmischen Bruchs in einer gläsernen Matrix.
Alles sehr menschlich, trotz der Jahrhunderte von Talsit und psychologischer Medizin. Sogar eine gesunde Kultur mit gesunden Individuen konnte sich nicht über Streit und Uneinigkeit erheben. Sie war bloß höflicher, weniger destruktiv und erschreckend.
Karen hatte gesagt, daß sie sie jetzt haßte. Lanier konnte sich nicht zu der gleichen Haltung durchringen. Trotz Ärger und Enttäuschung bewunderte er sie noch. Sie hatten sich schließlich zu einer Tatsache bekannt, die schon längst offenkundig gewesen war. Menschen der Vergangenheit – Alte Eingeborene – konnten sich nie behaglich mit Menschen der Zukunft verbinden. Bestimmt nicht binnen Jahrzehnten und nicht mit den verringerten Hilfsquellen, die verfügbar waren.
Mißtrauisch verfolgte er einen weißen Fleck, der über die grünen Hügel südwärts flog. Er sah ihn hinter Bäumen seiner Sicht entschwinden. Er blickte auf die Uhr und rief: »Karen, sie kommen.«
Sie schob sich durch die verhangene Tür mit einem Tablett umgepflanzter Gewächse. »Nachschub?«
»Das würde ich vermuten«, antwortete er.
»Wie nett!« Ihr Ton war jetzt nicht bitter. Sie hatten sich damit abgefunden, aus dem Weg gestoßen zu werden. »Vielleicht können wir irgendwem irgendwelche echten Neuigkeiten entlocken, wer es auch sein mag.«
Das kleine Shuttle blieb über dem kleinen quadratischen Fleck von Rasen und Garten vor dem Blockhaus lautlos in der Schwebe. Ein Traktionsfeld berührte den Boden. Es kam aus der Bugluke des Vehikels, und ein junger Geshel-Homorph in Schwarz kam herunter. Sie hatten ihn noch nie gesehen. Lanier raffte seine Decken zusammen und warf sie über die Sessellehne. Mit dem Notizblock in der Hand stand er auf.
»Hallo!« sagte der junge Mann. Er schien sich mit Manieren wie auch mit dem Aussehen gut auszukennen. »Mein Name ist Tapi Ram Olmy. Ser Lanier?«
»Hallo!« sagte Lanier. »Meine Frau Karen.«
Der junge Mann lächelte. »Ich habe Nachschub gebracht, wie vorgesehen.« Er sah sich um, immer noch lächelnd, aber offenbar unbehaglich. »Ich bitte meine Unbeholfenheit zu entschuldigen. Ich bin Neugeborener. Ich habe vor drei Monaten meine Inkarnationsprüfungen abgelegt. Die reale Welt ist… na ja lebhaft.«
»Möchten Sie hereinkommen?« lud Karen ein.
»Ja, vielen Dank!« Während er die Stufen zur Terrasse emporstieg, nahm er einen silbernen Stab von der Länge einer Hand aus einer Tasche in seinem schwarzen Anzug und ließ den Finger über eine grüne leuchtende Linie auf der einen Seite gleiten. Er sagte: »Ihr Haus wird nicht überwacht. Nur im Umkreis befinden sich Monitore.«
»Ihnen ist es gleich, was wir sagen oder tun«, sagte Karen ohne Schärfe in der Stimme, nur mit müder Ergebung.
»Nun, das ist günstig. Ich bringe ein Paket von meinem Vater.«
»Sie sind der Sohn von Suli Ram Kikura und Olmy?« fragte Lanier.
»Das bin ich. Mutter kann niemand erreichen, sie hatten große Angst vor ihr. Aber sie wird bald frei sein. Mein Vater versteckt sich, nicht weil sie hinter ihm her sind… Ich weiß wirklich nicht, weshalb er sich verbirgt. Aber er dachte, Sie hätten gern einen klaren, reinen Bericht über das, was auf Thistledown geschieht.« Der junge Mann machte ein feierliches Gesicht. »Ich könnte in ganz hübsche Schwierigkeiten geraten. Aber auch mein Vater ist in seiner Karriere Risiken eingegangen.«
»Sie haben gut geplant«, sagte Lanier und übersetzte ein piktographiertes Hexamon-Kompliment ins Englische.
»Danke!« Ram Olmy gab Lanier die altmodischen Gedächtniswürfel. »Sie können wahrscheinlich ein paar Wochen damit verbringen zu lesen, was da drin ist. Keine Piktogramme, nur Text. Vater hatte es da, wo es nötig war, aus Piktogrammen übertragen. Ich kann eine Zusammenfassung geben…«
»Bitte!« sagte
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