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Ewigkeit

Ewigkeit

Titel: Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
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seinen Körper noch sonst etwas fühlen, vermochte aber in gewisser Weise zu sehen – ohne Augen, indem er sich in Licht hüllte und Bilder fand.
    Er spürte die Anwesenheit seines Lehrers und wußte, daß es sich um das Wesen handelte, welches die Maske von Pavel Mirsky getragen oder dessen Rolle gespielt hatte oder wieder zu ihr zurückgekehrt war. Er vermischte sich mit diesem Wesen, beobachtete seine Natur und Eigenschaften und fing an, sich selbst danach zu modellieren und mehr Kontrolle zu gewinnen.
    Ohne Worte stellte er bestimmte dringende Fragen, die ihm von seinem physischen Verstand geblieben waren und empfing die Anfänge von Antworten.
    Wo sind wir?
    Zwischen der Erde und Thistledown.
    Es sieht nicht wie die Erde aus. Diese Lichtfinger…
    Wir sehen jetzt nicht mit Augen. Die hast du zurückgelassen.
    Ja, ja… Die Belastung durch seine Ungeduld schickte eine Welle durch ihn, die seine Strafe war. Bald würde er lernen, diese rudimentären Emotionen zu beherrschen. Ohne einen Körper waren sie zwecklos und sogar störend. Der Schmerz ist weg, aber auch mein Körper.
    Kein Bedarf.
    Lanier absorbierte und verarbeitete Bilder von der Erde unten. Sie schien von glühenden, sich verschiebenden Fäden bedeckt zu sein, die in die Dunkelheit hinaus reichten, sich verdrehten und verschwanden… Was ist das? Ich kann kaum den Planeten sehen, es gibt so viele von diesen Dingern.
    All diese werden gesammelt, große Kreaturen und kleine. Paß auf, wohin das Licht geht.
    Es bildet eine Art Knoten…Ich kann ihm nicht folgen.
    Das Ernten der Leben. Sammeln aller Erinnerungen und Muster, aller Sinnesempfindungen und Erinnerungen.
    Seelen?
    Nicht als solche. Es gibt keine ektoplasmischen Körper oder Seelen. Wir alle sind gebrechlich und kurzlebig, wie welkende Blüten. Wenn wir dahingegangen sind, sind wir wirklich gegangen – und das Universum ist leer, öde, formlos. Bis irgendwann jene, die die Macht besitzen, beschließen, eine Art Wiederauferstehung zu veranstalten.
    Wer tut das?
    Der Endgültige Geist.
    Unsere Nachkommen retten uns?
    Mit Grund. Die Beobachtungen von Lebewesen sind eine Destillation des Universums, eine Umwandlung von Information in Wissen. Jede Sinnesempfindung, jeder Gedanke, jede Erfahrung wird gesammelt, nicht erst im Tode, sondern während des ganzen Lebens eines jeden. Dieses Wissen ist kostbar. Es kann noch weiter destilliert und durch die feinsten Verbindungsspalten zwischen diesem Universum geleitet werden, wenn dieses stirbt, und dem neuen Universum, das daraus geboren wird. Die Destillation legt sich der neuen Schöpfung auf wie ein Samen, führt sie vom Chaos weg und drückt ein Muster auf. Dann kann die neue Schöpfung ihre eigenen Intelligenzen entwickeln, die in der einen oder anderen Weise den Prozeß wiederholen, wenn deren Universum alt wird.
    Nichts stirbt?
    Alles stirbt. Aber das, was in uns allen besonders ist, wird gerettet… wenn der Endgültige Geist Erfolg hat. Verstehst du, wie wichtig meine Mission ist?
    Laniers Erinnerungen an alle Jahre von Schmerz und Tod kamen zu ihm wie in einem Album dreidimensionaler Bilder ausgebreitet. Alles stirbt… Aber der Endgültige Geist verbrannte Galaxien am Anfang der Zeit, um Kraft zu gewinnen für seine Bemühungen, alles wiederherzustellen, das am feinsten gewesen war in allen Dingen, die je gelebt hatten. Nicht bloß menschliche Wesen, sondern alles Lebendige, auf jeden Fall alle Dinge, die Information in Wissen umgewandelt hatten, die gelernt und beobachtet hatten und zu der Erkenntnis gekommen waren, daß sie ihre Umwelt verändern konnten. Vom Maßstab der Mikroben bis hin zur lebendigen Erde selbst, wurde alles geerntet und aussortiert und
    gerettet.
    Er genoß diesen Gedanken, kostete ihn und erfaßte seine wahre Bedeutung: Nicht die Auferstehung des Körpers, noch die Rettung irgendeines Individuums, sondern Verschmelzen und Transzendieren des Ganzen. Das, was in allen von uns das Beste ist.
    Er dachte an seinen Vater, der in Florida in einem geparkten Wagen gestorben war. An seine Mutter, die in einem Krankenhaus in Kansas Krebs erlegen war. An seine Freunde, Verwandten und Kollegen und Bekannten, die jäh im Ofen des Todes geopfert wurden, jenem sengenden und zu Asche wandelnden Atem, der so kurz über der Erde lauerte. Ihre Leistungen, ihr Mut, ihre Torheiten und Irrtümer, ihre Träume und Gedanken – eingeerntet, als ob Mähdrescher über sie gefahren wären und ihr Korn von der Spreu des Todes getrennt hätten. All

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