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Ex en Provence

Ex en Provence

Titel: Ex en Provence Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elke Ahlswede
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und der sich in die Parklücke hinter Ralphs Prestige-Kutsche quetscht: Nathalie mit ihrem Kinder-Kastenwagen! Sie winkt mir fröhlich zu, mustert dann Ralph und starrt mich verstört an. Und starrt …
    Eine Sekunde zu lange.
    Mit einem lauten Krachen landet ihr Kangoo an der glänzenden Stoßstange von Ralphs Neuwagen.
    Wutentbrannt läuft Ralph auf sie zu und beschimpft die noch im Auto sitzende Nathalie mit seinem ganzen Repertoire an deutschen Schimpfwörtern.
    »Beeindruckend«, sagt Nathalie aus dem heruntergekurbelten Fenster und in ihrem besten Deutsch. Ralph verstummt. »Beeindruckend, welch interessante Begriffe ich in meinen Deutschkursen doch verpasst habe. Tja, man lernt nie aus.« Dann steigt sie aus, sieht sich den Schaden an, zückt lässig einen Versicherungszettel und drückt ihn Ralph in die Hand.
    »Pardon, mir ist da wohl ein kleines Malheur passiert. Aber meine Versicherung übernimmt den Schaden. Die Werkstatt hier am Ort kennt mich schon. Die arbeiten sehr gut. Sind Sie Ralph?«
    »Ja«, brummt mein Ex.
    »Und wo ist Ihr Gummibärchen? Ihre Alisa?«
    »Alina!«, donnert Ralph, setzt sich in sein Auto, rangiert wutentbrannt aus der Parklücke und lässt das getönte Fahrerfenster geräuschlos heruntersurren. »Das ist eine bodenlose Unverschämtheit«, brüllt er Nathalie an. »Und überhaupt: Wie kann man nur so unfähig sein beim Autofahren?«
    »Unfähig?«, fragt Nathalie mit gespielter Unschuld. »Ich? Aber nein. Es ist doch gar nichts passiert. Schickes Auto haben Sie da übrigens. Wieviel PS hat es denn so?«
    Ich stoße Nathalie entsetzt in die Seite. »Was soll das denn?«
    »Lass mich«, haucht sie nur zurück.
    Aha, das war wohl die Französinnen-Technik »Gezieltes Anhimmeln«. Aber so etwas wird bei so einem Sturkopf wie Ralph bestimmt nicht …
    »272, und er braucht nur 6,2 Sekunden von null auf hundert.«
    Aaaah!
    »Oh là là«, raunt Nathalie bewundernd. »Ein echtes Prachtstück haben Sie da also.«
    »Ja, in der Tat. Anja, Schatz, wann können wir reden?«
    »Gar nicht. Und ich bin auch nicht dein Schatz. Sieh es endlich ein, Ralph. Es ist vorbei! Du hast es vermasselt.«
    »Ich? Ich habe hier überhaupt nichts vermasselt. Ich bin reuevoll zu dir zurückgekehrt und hätte schon ein bisschen mehr Verständnis erwartet. Wenn ich Jule nachher von der Schule nach Hause bringe, besprechen wir das alles in Ruhe.«
    »Da gibt es nichts zu besprechen.«
    »Doch, doch. Du wirst sehen. Alles wird gut.«
    Bevor ich noch etwas entgegnen kann, ist Ralph auch schon davongebraust.
    Nathalie nimmt mich in den Arm. »Hey Anja, schön, dich zu sehen«, sagt sie sanft. »War der schon immer so?«
    »Nein, eigentlich nicht. Es ist alles so schrecklich …«
    »Aber Anja! Du weinst ja! Aber doch nicht wegen diesem Ralph, oder?«
    »Nein, natürlich nicht.«
    »Wegen Philippe?«
    »Nein, schon gar nicht. Aber Eric …«
    »Moment, ich habe da wohl irgendwas verpasst. Vielleicht können wir ja einen kleinen Kaffee bei dir trinken, und du erzählst mir alles?«
    »Musst du denn gar nicht arbeiten?«
    »Doch, eigentlich schon, aber ich bin mal wieder so hoffnungslos zu spät, dass ich heute vielleicht gar nicht mehr zum Dienst ins Krankenhaus fahre.«
    »Geht das denn einfach so?«
    »Na ja, natürlich nicht. Aber ein Freund von Jonathan ist Arzt, der kann mir ja vielleicht ein Attest …«
    »Aha, schon klar«, sage ich und schließe meine Haustür auf.
    »Und ich bin von dieser Fahrt mit Camilles Klasse auch wirklich ziemlich erledigt. Siehst du, ich komme ja kaum die Treppen bei dir rauf. Du kannst dir ja gar nicht vorstellen, wie groß dieser Papstpalast in Avignon ist, wenn man hinter 26 Kindern herlaufen muss. War das bei dir auf dem Bauernhof auch so anstrengend?«
    »Nein, eigentlich war es einfach nur wunderbar, weil …«
    »Entschuldige, aber was macht denn diese Palme hier mitten im Weg?«
    »Das ist das Werk meiner Mutter. Sie ist Feng-Shui-Beraterin. Beziehungsweise sie war Feng-Shui-Beraterin.«
    »Das ist vielleicht auch besser so. Und was leuchtet da unten in der Erde dieser bemitleidenswerten Pflanze?«
    »Was? Ach, das ist das Handy von Philippe. Er hat es hier vergessen, und es hat mich mit diesem blöden Klingelton so genervt. Die Europa…«
    »…hymne von Ludwig van Beethoven. Sehr schön, nicht wahr?«
    Aaaaah !
    »Ja, ja.«
    »Sieh mal, es ist ja noch eingeschaltet. Und geht sogar noch!« Nathalie wischt ein bisschen Erde vom Display. »Na, mal sehen, was der tolle Hecht

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