Exodus
von Ata war. Diesmal hielt Ari die Augen offen und war auf der Hut vor der Gefahr. Er dachte an die Worte seines Vaters und blieb ganz ruhig. Als die ersten Steine geflogen kamen, sprang er mit einem Satz vom Wagen, nahm sich den Anführer der Araber aufs Korn, ließ den mächtigen Ochsenziemer pfeifend durch die Luft sausen, daß sich das Ende um den Hals des Arabers wickelte, und riß ihn mit einem Ruck zu Boden. Dann ließ er das Leder mit solchem Schwung heruntersausen, daß es seinem Gegner ins Fleisch schnitt. Das alles ging sehr rasch.
Barak ben Kanaans Gesicht wurde bleich, als die Sonne zu sinken begann und Ari noch immer nicht zurück war. Zitternd stand er am Tor von Yad El. Endlich sah er den Eselskarren auf der Straße herankommen, und sein Gesicht begann zu strahlen. Ari hielt bei seinem Vater an.
»Nun, Ari, wie war die Fahrt?«
»Ganz in Ordnung!«
»Ich werde die Säcke abladen. Du gehst vielleicht besser gleich zu deiner Mutter. Sie scheint sich aus irgendeinem Grund Sorgen gemacht zu haben.«
Ari ben Kanaan hatte nicht nur die Statur seines Vaters; er war ihm auch im Wesen sehr ähnlich. Er war von der gleichen Besonnenheit und Entschiedenheit, und auch er hielt es für wichtig, den arabischen
Nachbarn genauer kennenzulernen. Taha blieb einer seiner nächsten Freunde, und auch allen anderen Arabern begegnete er mit Verständnis und Teilnahme.
Ari verliebte sich in ein Mädchen namens Dafna, deren Familie ganz in der Nähe auf einem Bauernhof lebte. Niemand wußte genau, wie und wann es eigentlich passiert war, doch es stand für alle fest, daß Ari und Dafna eines Tages heiraten würden. Die beiden hatten nur füreinander Augen.
Die kleine rothaarige Jordana war ein sehr lebhaftes Mädchen, wild und eigensinnig. In vieler Weise war sie typisch für die in Palästina geborenen Kinder der Neusiedler. Die Eltern dieser Kinder, die im Ghetto aufgewachsen waren und erfahren hatten, wie schlimm und erniedrigend es oft war, Jude zu sein, waren entschlossen, dieses Gefühl der neuen Generation zu ersparen. Sie taten des Guten fast zuviel, ständig bestrebt, ihre Kinder zu freien und furchtlosen Menschen zu erziehen.
Im Alter von fünfzehn Jahren gehörte Ari der Hagana an, der geheimen jüdischen Armee. Im Alter von dreizehn Jahren verstand Dafna, mit einem halben Dutzend Waffen umzugehen; denn diese Generation, die einen neuen Typ von Juden darstellte, war zugleich eine Generation, die mit einem geschichtlichen Auftrag heranwuchs, der noch wichtiger und schwieriger war als die Aufgabe der zweiten und dritten Aliyah-Welle.
Die Hagana war inzwischen stark genug geworden, um dämpfend und besänftigend auf die Störungsmanöver des Mufti zu wirken. Doch sie war nicht in der Lage, dem Übel an die Wurzel zu gehen. Die Engländer setzten abermals Untersuchungsausschüsse ein, und abermals wurden die Araber reingewaschen.
Die britische Ängstlichkeit führte dazu, daß der Mufti dreister wurde.
Kurze Zeit, nachdem die Unruhen abgeklungen waren, berief Hadsch Amin el Husseini führende Moslems aus aller Welt zu einem Kongreß nach Jerusalem. Er konstituierte eine Panarabische Föderation, an deren Spitze er selbst stand und proklamierte seinen Kampf zur Verteidigung des Islams gegen Engländer und Juden. Die Vernichtung der jüdischen Heimstätte wurde als »heilige Mission« aller Araber erklärt. Doch während die arabischen Demagogen Brandreden hielten und bald gegen die Engländer, bald gegen die Juden wetterten, nahmen die Engländer alles schweigend hin.
Im Jahre 1933 traf die Juden ein neuer schwerer Schlag, als Adolf
Hitler und die Nazis in Deutschland an die Macht kamen. Wieder einmal wurde die Notwendigkeit einer nationalen Heimat für die Juden, wurde die Richtigkeit der zionistischen Idee bestätigt. Es zeigte sich, daß der Judenhaß überall auf der Welt erneut aufflammen konnte. Herzl hatte es gewußt, und jetzt war sich jeder Jude darüber klar.
Die deutschen Juden, die vor Hitler flohen, waren anders als die Juden aus dem Ghetto und aus Osteuropa. Sie waren keine überzeugten Anhänger des Zionismus, sondern hatten sich weitgehend assimiliert und in die deutsche Gesellschaft eingeordnet. Diese Einwanderer waren nicht Siedler oder Händler, sondern Mediziner, Juristen, Wissenschaftler und Künstler.
Die arabischen Anführer riefen alle Araber auf, in den Generalstreik zu treten, um gegen die neue jüdische Einwanderung zu protestieren. Man versuchte auch, neue Unruhen zu
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