Exodus
inszenieren. Doch beide Bemühungen schlugen fehl. Die meisten Araber, die mit den Juden Handel getrieben hatten, taten dies auch weiterhin, weil die beiden Partner wirtschaftlich aufeinander angewiesen waren, und vielerorts arabische und jüdische Gemeinden in ähnlich enger Freundschaft miteinander lebten wie Yad El und Abu Yesha. Außerdem stand die Hagana Gewehr bei Fuß bereit, um eine Wiederholung der Ausschreitungen des Jahres 1929 zu verhindern.
Die Engländer reagierten auf den Generalstreik mit noch mehr Gerede und weiteren Untersuchungsausschüssen. In der klaren Absicht, die aufgebrachten Araber zu beschwichtigen, beschränkten die Engländer diesmal die jüdische Einwanderung und den Erwerb von Grund und Boden durch die Juden auf ein absolutes Mindestmaß. Genau in dem Augenblick, da für die Juden die ungehinderte Einwanderung von so verzweifelter Dringlichkeit war, hielten sich die Engländer nicht mehr an ihre Zusagen.
Der Jischuw-Zentralrat ging mit Hilfe der Hagana auf die einzig mögliche Weise dagegen an: durch illegale Einwanderung — Aliyah Bet.
Der Mufti setzte die Engländer so lange unter Druck, bis sie der Royal Navy den Auftrag gaben, vor der Küste von Palästina eine Blockade zu errichten und die Aliyah-Bet-Schiffe aufzuhalten.
Die Position des Mufti von Jerusalem wurde mit jedem Tag stärker. Er besaß jetzt einen mächtigen Verbündeten: Adolf Hitler. Für die Deutschen, die im Nahen Osten eigene Absichten hatten, war die Situation ideal. Was konnte es für die deutsche Propagandamaschine
Besseres geben, als das Thema ausschlachten zu können, daß die Juden in Palästina das Land der Araber stahlen und dort versuchten, sich genau wie vorher in Deutschland, breitzumachen. Judenhaß und britischer Imperialismus — das war Musik für die Ohren des Mufti! Der Stern der Deutschen war im Steigen. Und endlich, endlich sah Hadsch Amin el Husseini Mittel und Wege, die Macht über die arabische Welt an sich zu reißen. Deutsches Geld begann in Kairo und Damaskus zu rollen. Die Deutschen sind eure Freunde! Werft die Briten und die Juden hinaus! Die arabische Erde den Arabern! In Kairo, Bagdad und Syrien umarmten sich Araber und Nazis und beteuerten einander ihre Freundschaft.
Dem bedrohlich aufziehenden Unwetter gegenüber hatten die Juden in Palästina noch immer einen Trumpf in der Hand — die Hagana! Zwar distanzierte sich der Jischuw-Zentralrat offiziell von dieser geheimen Armee, doch ihr Vorhandensein und ihre Stärke waren ein offenes Geheimnis. Die Engländer wußten, daß diese geheime Streitmacht bestand und, was noch wichtiger war, auch der Mufti wußte es.
Die Hagana hatte sich aus dem Nichts zu einer Streitmacht von mehr als fünfundzwanzigtausend Männern und Frauen entwickelt. Sie war eine reine Bürgerwehr, mit nur einigen »bezahlten« hauptamtlichen Anführern. Die Hagana verfügte über einen kleinen, aber unerhört schlagkräftigen Geheimdienst, der sich nicht nur der offenen Mitarbeit vieler englischer Offiziere erfreute, sondern sich außerdem leicht arabische Spitzel kaufen konnte. Jede Stadt, jedes Dorf, jeder Kibbuz und Moschaw hatte seine eigene Hagana-Einheit. Ein einziges Stichwort reichte aus, um tausend Männer und Frauen innerhalb weniger Minuten zu bewaffnen und kampfbereit zu machen.
Avidan, der kahlköpfige, vierschrötige ehemalige Offizier, der an der Spitze der Hagana stand, hatte die Organisation im Verlauf von anderthalb Jahrzehnten sozusagen unter den Augen der Engländer umsichtig aufgebaut. Ihre Leistung war phantastisch: sie unterhielt einen geheimen Sender, organisierte die illegale Einwanderung und hatte auf der ganzen Welt ihre Agenten, die Waffen kauften und nach Palästina schmuggelten.
Für diesen Waffenschmuggel gab es hundert verschiedene Methoden und Möglichkeiten. Ein besonders beliebtes Versteck waren Maschinen für Hoch- und Tiefbau. Fast jede Dampfwalze konnte in der Walze hundert Gewehre enthalten. Jede Kiste, jede
Maschine, ja sogar Konserven und Weinflaschen, die nach Palästina hereinkamen, waren Munitionsbehälter. Es war für die Engländer unmöglich, diesen Waffenschmuggel zu unterbinden, ohne sämtliche Frachtgüter zu überprüfen, und viele Engländer ließen in den Häfen sogar absichtlich die Waffen herein.
Obwohl alle Juden in Palästina geschlossen hinter diesem WaffenSchmuggel standen, war es dennoch nicht möglich, schwere Waffen oder auch nur ausreichende Mengen von erstklassigen leichten Waffen ins Land zu
Weitere Kostenlose Bücher