Exodus
Untersuchungsausschuß ein. Er stellte fest, daß an dem jahrelangen Blutvergießen, hinter dem der Mufti als treibende Kraft stand, die jüdischen Einwanderer schuld waren.
Whitehall und Chatham-House und Neville Chamberlain, englischer Premierminister und als Leisetreter bekannt, verblüfften die Welt durch eine amtliche Verlautbarung. Am Vorabend des zweiten Weltkrieges gab die englische Regierung einen Beschluß bekannt, der den verzweifelten Juden in Deutschland den Weg nach Palästina versperrte und den Juden in Palästina den Erwerb von Grund und Boden untersagte. Die Leisetreter von München, die die Spanier und die Tschechen verraten und verkauft hatten, taten jetzt dasselbe mit den Juden in Palästina.
Die Makkabäer, die bis dahin mehr oder weniger passiv gewesen waren, wurden auf einmal höchst lebendig. Der englische Beschluß führte ihnen neue Mitglieder zu Hunderten zu. Die Makkabäer schlugen mit einer Reihe von Überfällen zurück, sprengten ein britisches Offizierskasino in Jerusalem in die Luft und verbreiteten unter den Arabern Angst und Schrecken. Sie stürmten ein britisches Arsenal und überfielen mehrere Wagenkolonnen.
General Haven-Hurst machte die bisherige Politik der halben Zusammenarbeit mit den Juden in allen Teilen rückgängig. Die von den Engländern aufgestellte jüdische Polizei wurde aufgelöst; die Hagana wurde verboten und mußte untertauchen. Führende Männer des Jischuw-Zentralrats und weitere Angehörige der aufgelösten Kommando-Einheit wurden vor Gericht gestellt und ins Gefängnis geworfen.
Auch diesmal appellierte Ben Gurion an den Jischuw, die gleiche Besonnenheit und Zurückhaltung an den Tag zu legen, die die Juden in Palästina bisher gezeigt hatten. Er distanzierte sich öffentlich von den Terrormethoden. Barak ben Kanaan wurde nach London geschickt, um gemeinsam mit Chaim Weizmann und anderen Wortführern des Zionismus zu versuchen, die Engländer zu einer Änderung ihrer Haltung zu bewegen. Doch die Männer von Whitehall waren entschlossen, an dem eingeschlagenen Kurs festzuhalten, um die Araber nicht zu reizen.
In Palästina war der Klan der Husseinis wieder eifrig am Werk. Hadsch Amin war zwar immer noch im Exil, doch die übrigen
Angehörigen seines Klans hielten weiterhin die Opposition durch Meuchelmorde in Schach. Ein Neffe des Mufti, Gamal Husseini, rief den Großarabischen Aktionsausschuß wieder ins Leben.
In Deutschland befanden sich die Juden in einer verzweifelten Lage. Die Zionistische Organisation sah sich kaum einer zu meisternden Aufgabe gegenüber, weil jetzt auch diejenigen deutschen Juden, die sich zunächst nicht aus ihrer Ruhe hatten bringen lassen, in panischer Angst aus dem Lande hinauszukommen versuchten.
Die Engländer machten es den Jischuw-Angehörigen, die ihnen durch ihre Tätigkeit in der Hagana und bei der illegalen Einwanderung bekannt waren, fast ebenso schwer, aus Palästina hinauszukommen, wie den deutschen Juden, nach Palästina hereinzukommen. Als Ari von Avidan den Befehl bekam, sich nach Berlin zu begeben, mußte er bei Hamischmar schwarz über die libanesische Grenze und zu Fuß nach Beirut gehen. Er reiste mit dem Paß eines Juden, der vor kurzer Zeit als »Tourist« nach Palästina gekommen war. Von Beirut aus fuhr er per Schiff nach Marseille, und eine Woche später erschien er in Berlin im Hauptquartier der Zionistischen Vereinigung, in der Meineckestraße 10. Sein Auftrag lautete, soviel Juden wie möglich aus Deutschland hinauszuschaffen. Die Nazis holten aus dem Geschäft mit Ausreisegenehmigungen alles heraus, was nur herauszuholen war. Je verzweifelter die Juden wurden, desto höher wurde der Preis, den sie für ihre Freiheit bezahlen mußten. Viele Familien opferten ihr gesamtes Vermögen für das Recht, aus Deutschland fliehen zu dürfen. Visa wurden gefälscht und gestohlen. Ein Visum bedeutete Leben. Sehr bitter war es, daß nur wenige Länder der Welt die deutschen Juden aufnehmen wollten. Die meisten Länder machten ihnen die Tür vor der Nase zu. Wenn sie bereit waren, Einreisevisa zu erteilen, dann nur unter der stillschweigenden Bedingung, daß die Juden nicht wirklich in das betreffende Land einreisten.
Ari sah sich vor die Aufgabe gestellt, zu entscheiden, wer ein Visum bekommen sollte und wer nicht. Tag für Tag kamen Leute zu ihm, die ihm drohten, ihn zu bestechen versuchten oder ihn verzweifelt anflehten, ihnen zu helfen. Nachdem die Zionisten fünf Jahre lang die deutschen Juden vergeblich
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