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SeelenZauber - Die Wahrheit (German Edition)

SeelenZauber - Die Wahrheit (German Edition)

Titel: SeelenZauber - Die Wahrheit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erik Kellen
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PROLOG
     
    Irland 52 v. Chr.
     
    Der Fluss der Zeit
     
    Eines weiß ich jetzt. Ich bin tot! Der Wind hat mich mit sich genommen. Und dennoch bin ich noch hier. Bei meinem Bruder, meiner einzigen Liebe, so wie ich es immer gewollt habe.
    Der Lärm der Schlacht ist nur noch Nebel. Schilde donnern, Klingen singen, Knochen brechen und Leben vergeht. Doch nicht hier. Hier bei ihm ist alles wunderbar leise.
    Liran hat einen Sturm entfesselt.
    Blut weht in diesem Wind.
    Ich lege meine Hand auf seine Schulter. Ich gehe mit ihm, egal wohin. Steige über die sterbenden Leiber, trete auf Rüstungen, blutverschmierte Waffen und über die Schreie derer, die diese fallen gelassen haben.
     
    Ich kenne meinen Bruder wie ich keinen anderen Menschen kenne.
    Er fehlt mir in jedem Augenblick meines Seins. Ich muss es so einfach sagen, damit man es versteht.
    In meiner Erinnerung sehe ihn noch immer dort rennen, durch die schrägen Schatten der Bäume hindurch. Eine Weidenrute lachend in der Hand. Wer spürt schon die Erde unter sich, auf der er steht. Er fühlte sie immerzu! Nichts war je weiter von mir entfernt und dennoch so nah an meinem Herzen, wie der Atem meines Bruders. Kein Gedanke existiert in mir, der diesem Gefühl gleich kommt.
    Ich kann den Wald von damals auf meinen Wangen spüren. Kalt und doch voller Leben. Die weichen, vom Moos gedämpften Schritte unter meinen nackten Füßen. Das Geräusch der Wipfel in meinen Ohren, meine eigene Rute in den Händen und die kindliche Gewissheit im Bauch, die beste Kriegerin aller Zeiten werden zu wollen.
    Der Wind bauschte meine Haare, während wir durch die Stämme flitzten, mein Bruder sich plötzlich wie ein Blatt im Fluss drehte und mir den biegsamen Stock mitten in die stolze Brust stieß.
    Ich taumelte zurück. Ich war erschrocken, getroffen, beschämt.
    Ich schritt wütend auf ihn zu, das vermeintliche Schwert drohend erhoben. Er aber lachte und seine blauen Augen funkelten damit selbst die dunkelsten Wolken in mir beiseite. Ich wusste, in meinem Blick würde er immer leuchten, egal wie hell oder dunkel er dabei sein würde.
    Ich konnte ja nicht ahnen, wie dunkel.
    Mein Bruder ist gefährlich.
    Wenn du etwas haben willst, das er beschützt, bereite dich darauf vor, zu sterben.
     
    Doch jetzt schreitet er über die sieben versetzten Wälle, welche die Stadt umgeben wie gigantische unförmige Ringe. Ich folge ihm. Liran blutet aus so vielen Wunden, dass ich jedes Mal aufschreie, sie aufhalten will. Doch er hört mich nicht.
    Die Abtrünnigen beginnen zu fliehen! Ich erkenne Karg und Cormac unter ihnen. Meine Wut möchte ihnen folgen, doch ich bleibe bei Liran.
    Mein Bruder schleppt sich durch das letzte Tor, das wie ausgerissen in der hohen Festungsmauer hängt. Das Schwert schleift er hinter sich her. Zu müde es noch einmal zu heben und doch erhebt er es und wirft es dann fort.
    Denn dort steht er. A´kir Sunabru. Er, der unserer Mutter einst einen vergifteten Pfeil in die Seite gebohrt hatte, so wie nun auch mir. Er, der alles nehmen wollte, ohne je etwas dafür zu geben.
    Seine Hand liegt auf dem Gesicht des Mädchens, das mein Bruder vor so vielen Jahren aus dem Wald getragen hatte. Die Sehnen und Adern auf dem Arm des Abtrünnigen pulsieren, als würden sie etwas hervorholen, das nicht hervorgeholt werden will - das Geheimnis des Lebens. Das grausam verschobene Gesicht in Ekstase dem Himmel zugewandt. Das blutrote Haar still im Wind verharrend.
    Dann geschiet es. Die Klinge faucht mit jeder Drehung in der Luft wie uralter Zorn, durchschneidet Muskeln und Sehnen, trennt Sunabrus Arm von den lebenden Dingen und bringt ihn zu den Toten. Ein Schrei von unmenschlicher Kraft lässt selbst die Wolken erzittern. Mein Bruder sinkt zu Boden, er kann nicht mehr, es ist genug. Endlich ist es genug.
     
    Sie bannen den Wahnsinnigen. Durch die Verletzung geschwächt, sperren sie ihn in einen Sarg aus Stein, versehen mit den tiefen Kerben von Siegeln und Bannsprüchen. A´kir Sunabru verflucht alles und jeden, klammert sich schreiend und tobend an eine alte Wurzel und reisst sie mit dem verbliebenem Arm schließlich mit sich, als man den Deckstein über seine dunkle Macht wuchtet.
    Ein Schiff steht bereit, den Einzigen an einen Ort zu bringen, von dem er niemals zurückkehren soll. Liran steht da, auf den Klippen, sieht dem immer kleiner werdenden Segel nach, das über die neunte Wellen wankt, mit einem stillen Versprechen auf den Lippen, das eine erneute Begegnung unmöglich machen

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