Exodus
war klein und schmal, hatte große leuchtende schwarze Augen und einen geradezu unverschämten Humor. In Casablanca hatten er und seine Familie in einer Mellah gelebt, der orientalisch-afrikanischen Abart eines Ghettos. Diese orientalischen und afrikanischen Juden hatten kulturell wenig mit ihren russischen oder deutschen Glaubensgenossen gemein. Sie stammten größtenteils von spanischen Juden ab, die vor der Inquisition geflohen waren.
Viele von ihnen hatten noch immer spanische Namen. In den meisten arabischen Ländern wurden die Juden menschenwürdig, fast als Gleichberechtigte behandelt. Sie wurden Hofärzte, Philosophen und Künstler und zählten zur Elite der Gesellschaft. Mit dem Untergang der arabischen Größe büßten auch die Juden ihre Bedeutung in den arabischen Ländern ein.
Es gab Juden in Bagdad und Kairo, und in Damaskus und Fez, in
Kurdistan und in Casablanca, an der ganzen afrikanischen Küste und tief im Innern der Länder des Nahen Ostens.
Gewiß hatte es auch Feindschaft gegeben. Doch die Moslems hatten nie so viele Juden getötet wie die Christen. Die arabischen Pogrome waren immer in Grenzen geblieben; man hatte jeweils nur ein paar Dutzend Juden totgeschlagen.
Joab Yarkoni war mit seinen Eltern aus der Mellah von Casablanca geflohen, als er noch ein kleiner Junge war. Die Familie ging in einen Kibbuz an der Küste von Samaria. Der Kibbuz war eine Fischersiedlung bei Caesarea und hieß Sdot Yam. In der Nähe von Caesarea gingen viele Schiffe mit illegalen Einwanderern an Land, und Joab begann als Waffenschmuggler für Aliyah Bet zu arbeiten, als er kaum zwölf Jahre alt war.
Mit fünfzehn leistete er sich ein Husarenstück, das seinen Namen bei allen Juden in Palästina berühmt machte. Er zog von Sdot Yam mit seinem Esel los und begab sich nach Bagdad. Dort stahl er eine Anzahl junger Dattelpalmenschößlinge, über die die Iraker mit Eifersucht wachten, und schmuggelte sie nach Palästina hinein. Diese Schößlinge wurden nach dem Kibbuz Schoschana gebracht und bildeten die Grundlage für einen ganz neuen Exportzweig.
Die Aufgabe, die Ari ihm stellte, war für den siebzehnjährigen Joab eine Kleinigkeit. Er begab sich nach Damaskus, nach Beirut und nach Tyra und kam drei Wochen später wieder nach Hamischmar zurück. Seine Feststellungen bestätigten das, was sie bereits wußten, in allen Einzelheiten und erbrachten außerdem lückenlose Informationen über die Stationierung und die zahlenmäßige Stärke der Vichy-Truppen.
In aller Stille bewegten sich Streitkräfte des unbesetzten Frankreichs nach Palästina und massierten sich in Galiläa für die geplante Invasion. Aris fünfzig Leute wurden durch vierzig ausgesuchte Australier verstärkt, die Fachleute im Umgang mit Landminen, automatischen Waffen und Sprengstoffen waren. Diese neunzig Mann wurden in drei Gruppen zu je dreißig Mann aufgeteilt. Jede dieser Gruppen erhielt einen Sonderauftrag, als Vortrupp der Invasion über die Grenze nach Syrien und in den Libanon zu gehen, um entscheidende Straßen und Brücken so lange gegen einen etwaigen Gegenangriff zu halten, bis die Invasionsarmee herangerückt war.
Aris Gruppe hatte den gefährlichsten dieser Sonderaufträge. Sein Auftrag lautete, mit seinen dreißig Mann an der libanesischen Küste vorzugehen, bis an eine Garnison der Vichy-Truppen heran, um diese daran zu hindern, ein halbes Dutzend wichtiger Brücken in den Bergen zu besetzen oder zu sprengen und dadurch das Vorgehen der Invasionsarmee aufzuhalten. Ari nahm Joab, Seew und David mit, außerdem noch sechzehn Juden und zehn Australier.
Sie setzten sich vierundzwanzig Stunden vor Beginn der Invasion in Bewegung und gingen ohne jede Schwierigkeit an der Küste vor, da sie jeden Meter des Geländes genau kannten. Unangefochten überschritten sie die sechs wichtigsten Brücken und machten drei Meilen vor Fort Henried, einer Garnison der Vichy-Streitkräfte, bei einem Übergang über das Gebirge halt. Sie verminten die Straßen, brachten ihre Maschinengewehre in Stellung und warteten auf das Eintreffen der Invasionsarmee.
Wie so oft bei einem großangelegten kriegerischen Unternehmen passierte eine Panne: der östliche Keil der Invasionsarmee begab sich von Transjordanien aus zwölf Stunden vor dem planmäßigen Zeitpunkt X nach Syrien hinein, marschierte auf Damaskus zu und verriet dadurch die gesamte Operation.
Für Ari bedeutete das, den Paß über das Gebirge zwölf Stunden lang und noch weitere drei bis vier
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