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Exodus

Titel: Exodus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leon Uris
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kannste mit ihm reden«, sagte der Posten.
    Karen nickte und sah durch die Öffnung. Sie konnte die beiden gegenüberliegenden Zellen sehen. Sie sah Akiba in der einen Zelle, und Dov in der anderen. Er lag in seinem scharlachroten Gewand auf dem Rücken und starrte an die Decke. Karen sah, wie ein Posten kam und die Tür seiner Zelle aufschloß.
    »Komm hoch, Landau«, schnauzte der Posten. »Da ist jemand, der mit dir reden will.«
    Dov nahm ein Buch, das auf dem Fußboden lag, schlug es auf und fing darin zu lesen an.
    »He, du hast Besuch!«
    Dov blätterte eine Seite um.
    »Bist du schwerhörig? Da ist Besuch für dich, hab' ich gesagt.«
    »Ich bin für keinen dieser Leute mit ihren Vorschlägen zu sprechen, sagen Sie ihnen —.«
    »Das ist keiner von uns. Das ist jemand von euch. Ein Mädchen, Landau.«
    Dovs Hand umklammerte krampfhaft das Buch. Sein Herz hämmerte. »Sagen Sie ihr, ich hätte keine Zeit.«
    Der Posten zuckte die Schultern und kam an die Öffnung in der Wand. »Er sagt, er will keinen sehen.«
    »Dov!« rief Karen. »Dov!«
    Das Echo ihrer Stimme hallte durch die Todeszelle. »Dov! Ich bin's, Karen!«
    Akiba richtete den Blick gespannt auf Dovs Zelle. Dov biß die Zähne aufeinander und blätterte die nächste Seite um.
    »Dov! Dov! Dov!«
    »Sprich mit ihr, Junge«, rief Akiba laut. »Geh nicht in dem feindlichen Schweigen aus der Welt, zu dem mein Bruder mich verurteilt hat. Sprich mit ihr, Junge.«
    Dov legte das Buch aus der Hand und erhob sich von seiner Koje. Er gab dem Posten ein Zeichen, und der Mann schloß die Tür von Dovs Zelle auf. Dov ging zu der Öffnung in der Wand und sah hindurch. Er konnte nur ihr Gesicht sehen.
    Karen sah in seine Augen. Sie blickten kalt und böse.
    »Ich habe es satt mit diesen Tricks«, sagte er bissig. »Wenn man dich hergeschickt hat, damit du mich bittest, ich möchte doch unterschreiben, dann kannst du gleich wieder gehen. Ich werde diese Hunde nicht um Gnade bitten.«
    »Sprich nicht so mit mir, Dov.«
    »Ich weiß, daß man dich hergeschickt hat.«
    »Kein Mensch hat mich aufgefordert, hierherzukommen — ich schwöre es dir.«
    »Weshalb bist du dann überhaupt hergekommen?«
    »Ich wollte dich nur noch einmal sehen.«
    Dov biß die Zähne zusammen und bemühte sich krampfhaft, nicht weich zu werden. Warum mußte sie auch herkommen? Sein Verlangen, ihre Wange zu berühren, war so übermächtig, daß es ihn fast umbrachte.
    »Wie geht es dir denn?« fragte sie.
    »Wie mir's geht? Oh, prima.«
    Beide blieben lange stumm. Dann sagte Karen:
    »Dov — was du da an Kitty geschrieben hast — meintest du das wirklich, oder hast du es nur geschrieben, um —.«
    »Ich meinte es wirklich.«
    »Ich wollte es nur wissen.«
    »Na schön, dann weißt du es jetzt.«
    »Ja, jetzt weiß ich es. Dov — ich werde bald aus Erez Israel weggehen. Ich gehe nach Amerika.«
    Dov zuckte die Schultern.
    »Ich hätte wohl besser doch nicht herkommen sollen. Es tut mir leid, daß ich dir lästig gefallen bin.«
    »Das ist schon in Ordnung. Ich weiß, du hast es gut gemeint. Meine Freundin, die würde ich wirklich gern noch mal sehen. Aber das ist eine Makkabäerin, die kann nicht herkommen. Sie ist so alt wie ich, weißt du.«
    »Ja, ich weiß.«
    »Ist ja auch egal. Du bist ein netter Kerl, Karen — und — hm — fahr du ruhig nach Amerika und denk nicht mehr an all das hier. Ich wünsche dir alles Gute.«
    »Ich glaube, es ist besser, wenn ich jetzt gehe«, sagte Karen leise. Sie stand auf. Dov verzog keine Miene.
    »Karen!«
    Sie wandte sich rasch um.
    »Hm — weißt du — eigentlich könnten wir uns noch mal die Hand geben — falls der Posten nichts dagegen hat.«
    Karen streckte ihre Hand durch die Öffnung in der Wand, und Dov nahm sie in seine beiden Hände, drückte sie, und preßte seine Stirn gegen die Mauer und schloß die Augen.
    Karen ergriff seine Hand und zog sie durch die Öffnung herüber auf ihre Seite.
    »Nein«, sagte er, »nicht —.« Doch er überließ ihr seine Hand.
    Sie küßte seine Hand, drückte sie an ihre Wange und ihre Lippen, und er fühlte, wie ihre Tränen darauffielen. Und dann war sie fort. Die Tür seiner Zelle fiel laut hinter ihm zu. Dov warf sich auf seine Bettstatt. Er konnte sich nicht erinnern, jemals in seinem Leben Tränen vergossen zu haben. Doch jetzt war es ihm unmöglich, sie zurückzuhalten. Er drehte sich zur Wand, damit die Posten und Akiba sein Gesicht nicht sehen konnten; er weinte lautlos, aus tiefstem

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