Exodus
Handgranaten, und sogar die Schreie der Menschen drangen an sein Ohr.
Eine Position nach der anderen mußten die Araber von Abu Yesha räumen, während der unbarmherzig nachdrängende Gegner sie immer mehr aufsplitterte und isolierte. Schließlich wurden alle, die noch lebten, in einer Straße am Ende des Ortes zusammengedrängt. Mehr als fünfundsiebzig Araber waren gefallen, nachdem sie sich bis zuletzt in einem der erbittertsten Kämpfe, der jemals von Arabern zur Verteidigung eines ihrer Dörfer geführt worden war, zur Wehr gesetzt hatten.
Die letzten acht Mann verschanzten sich im Palast des Muktar, der gegenüber der Moschee am Ufer des Stromes stand. David forderte die Davidka an, um dieses letzte Bollwerk in Trümmer legen zu lassen. Die letzten acht Mann, darunter auch Taha, fanden den Tod. Es war fast schon dunkel, als David ben Ami bei Ari ankam.
»Es ist alles vorbei«, sagte er mit müder Stimme.
Ari starrte ihn wortlos an.
»Es waren annähernd hundert, die dageblieben waren. Alle tot. Unsere Verluste — vierzehn Jungens, drei Mädchen. Ein weiteres Dutzend Verwundeter sind oben in Gan Dafna.«
Ari schien überhaupt nicht gehört zu haben, was David sagte.
»Was wird aus ihren Feldern werden?« sagte er leise. »Und was wird aus ihnen — wohin sollen sie gehen?«
David ergriff Ari an der Schulter. »Geh nicht hinunter, Ari«, sagte er.
Ari richtete den Blick auf die flachen Dächer des Dorfes. Alles war so still.
»Ist das Haus am Strom —.«
»Nein«, sagte David. »Versuche, es in Erinnerung zu behalten, wie es war.«
»Was soll aus ihnen werden?« fragte Ari. »Sie sind meine Freunde.« »Wir erwarten deinen Befehl, Ari.«
Ari sah David an und schüttelte langsam den Kopf.
»Dann muß ich den Befehl geben«, sagte David.
»Nein«, flüsterte Ari, »ich werde ihn geben.« Er richtete zum letztenmal den Blick auf das Dorf. Dann sagte er: »Macht Abu Yesha dem Erdboden gleich.«
David schlief in Jordanas Armen. Sie drückte seinen Kopf fest an ihre Brust. Sie konnte nicht schlafen. Mit weit geöffneten Augen starrte sie in die Dunkelheit.
Ari hatte sie von Gan Dafna beurlaubt, damit sie mit David über das Wochenende nach Tel Aviv fahren konnte. Morgen mußte sie Abschied von ihm nehmen, und Gott allein wußte, wann sie ihn wiedersehen würde, falls sie ihn überhaupt jemals wiedersehen sollte. Jordana hatte schon die ganze Zeit geahnt, daß sich David freiwillig für eine heikle Aufgabe melden werde. Seit dem Beginn der Belagerung hatte ihm die Sorge um Jerusalem keine Ruhe gelassen. Jedesmal, wenn sie in seine Augen sah, hatte sie den abwesenden Ausdruck schmerzlicher Trauer darin gesehen.
Er bewegte sich unruhig im Schlaf. Sie küßte ihn sanft auf die Stirn und strich ihm mit den Fingern durch das Haar, und er lächelte im Schlaf und lag wieder ruhig.
Ein Sabre-Mädchen durfte dem Geliebten nicht verraten, daß sie krank vor Sorge um ihn war. Sie durfte nur lächeln und ihm Mut machen, aber die Furcht in ihrem Herzen mußte sie verschließen. Die Angst um ihn preßte ihr das Herz zusammen. Sie hielt ihn in ihren Armen und wünschte sich, daß diese Nacht kein Ende nahm.
Es hatte an dem Tag angefangen, an dem die Vollversammlung der UNO der Teilung zugestimmt hatte. Am nächsten Tag rief der Großarabische Aktionsausschuß zu einem Generalstreik auf, bei dem es zu wilden Brandstiftungen und Plünderungen im jüdischen Geschäftsviertel von Jerusalem kam. Und kurze Zeit darauf, als Abdul Kader mit Hilfe der an der Straße liegenden arabischen Ortschaften den jüdischen Güterverkehr von Tel Aviv nach Jerusalem blockierte, begann die Belagerung der Stadt. In Jerusalem entwickelten sich die Feindseligkeiten zu einem regelrechten Krieg. Der Kommandeur der Hagana von Jerusalem sah sich Problemen gegenüber, die über rein militärische Fragen hinausgingen. Er trug die Verantwortung für die Ernährung und den Schutz der Zivilbevölkerung. Seine Aufgabe wurde durch den Umstand
erschwert, daß sich ein großer Teil dieser Bevölkerung, fanatisch orthodoxe Juden, nicht nur zu kämpfen weigerte, sondern sich auch den Bemühungen der Hagana widersetzte.
Ein weiteres Problem waren die Makkabäer, die nur teilweise gemeinsame Sache mit der Hagana machten und im übrigen ihren Privatkrieg führten. Die Hügel-Brigade des Palmach, die ein allzu großes Gebiet in den Hügeln von Judäa zu sichern hatte und überbeansprucht war, nahm gleichfalls nur widerstrebend Befehle von dem Kommandeur
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