Exodus
jüdische Nation!« stieß er zwischen den Zähnen hervor. Er wandte sich um. »Fahren Sie, David — finden Sie einen Weg nach Jerusalem!«
Als Moses mit den Kindern Israels an das Ufer des Roten Meeres kam, da fragte er nach einem Mann, dessen Glaube an die Allmacht Gottes so fest war, daß er bereit sein werde, als erster ins Meer zu gehen. Der Mann, der damals vortrat, hieß Nachschon.
Und »Nachschon« wurde jetzt der Deckname für das gewagte Unternehmen Ben Amis.
Bei Einbruch der Dunkelheit startete David in der südlich von Tel Aviv gelegenen Stadt Rechovot und fuhr nach Judäa. Am Fuß der Berge, kurz vor Latrun, bog er von der Straße in die Wildnis der steilen, steinigen Schluchten und Wadis ab. David ben Ami wurde auf seinem Weg von einer leidenschaftlichen Besessenheit vorangetrieben, doch seine Leidenschaft wurde durch das Bewußtsein von der Schwierigkeit und Wichtigkeit seiner Aufgabe gezügelt und von seiner genauen Kenntnis des Landes kontrolliert.
David fuhr mit gedrosseltem Motor und im ersten Gang langsam und vorsichtig, als er in die Nähe von Latrun kam. Die Gefahr, einer Patrouille der Legion zu begegnen, war groß.
Seine Aufmerksamkeit verschärfte sich noch, als er in der Ferne das Fort sah. Langsam steuerte er das Fahrzeug einen steilen Hang hinunter. Er war auf der Suche nach der vom Schutt der Jahrtausende bedeckten Römerstraße. An einer Stelle, wo zwei Wadis aufeinanderstießen, hielt er an, stieg aus und kratzte mehrere Steine hervor. Ihre Struktur gab ihm die Bestätigung, daß sich die Straße hier befand. Nachdem er erst einmal die allgemeine Richtung des Marschweges der römischen Legionen festgestellt hatte, war es ihm möglich, sich auf diesem Weg mit größerer Geschwindigkeit vorwärtszubewegen.
David ben Ami fuhr im Bogen um Latrun herum, sich und seinem Fahrzeug das Äußerste abverlangend. Immer wieder stellte er den Motor ab und saß unbeweglich, um auf ein feindliches Geräusch zu lauschen, das er gehört zu haben meinte. Oftmals kroch er auf Händen und Knien über den Boden, um in der Dunkelheit die Richtung des Weges durch die trockenen, felsigen Wadis zu ertasten. Die sechzehn Kilometer schienen endlos. Die Nacht verging zu schnell, und die Gefahr, auf eine arabische Patrouille zu stoßen, wurde immer größer.
Ben Zion und Avidan, die die ganze Nacht über gewartet hatten, waren bei Morgengrauen müde und voller Sorge. Davids Wagnis hielten sie für einen sinnlosen Versuch, und in ihrem Innern waren sie davon überzeugt, daß sie ihn nie wieder sehen würden.
Das Telefon klingelte. Avidan hob den Hörer ab, und sein Gesicht nahm einen gespannten Ausdruck an.
»Die Funkstelle ruft an«, sagte er zu Ben Zion. »Sie haben eben einen Funkspruch aus Jerusalem bekommen.«
»Inhalt?«
»J—35—8.«
Ben Zion schlug eine Bibel auf und begann ungeduldig darin zu blättern. Dann stieß er einen langen Seufzer der Erleichterung aus, als er die Stelle fand. »Jesia, Kapitel fünfunddreißig, Vers acht: Und es wird daselbst eine Bahn sein und ein Weg. Es wird da kein Löwe sein, und wird kein reißend Tier drauftreten noch daselbst gefunden werden, sondern man wird frei sicher daselbst gehen.«
Der erste Schritt auf dem Weg des Unternehmens »Nachschon« war getan: David ben Ami hatte den Weg gefunden, auf dem Latrun umgangen werden konnte! Es bestand wieder Hoffnung für Jerusalem.
Tausende von Freiwilligen wurden in Jerusalem zu strengster Geheimhaltung verpflichtet. Heimlich brachen sie auf und strömten aus der Stadt, um mit ihren Händen einen Weg durch die Wildnis zu bahnen, längs der Route, die David gefunden hatte. David kehrte nach Tel Aviv zurück, von wo sich eine zweite Gruppe freiwilliger Arbeiter aufmachte, die auf der anderen Seite zu bauen anfing. Die beiden Arbeitskommandos hielten sich bei Tage verborgen und arbeiteten nachts, direkt vor den Wachen der Arabischen Legion in Latrun. Sie arbeiteten fieberhaft und schweigend. Das gesamte Erdreich mußte Sack für Sack auf dem Rücken weggeschleppt werden. Durch die Wadis und Schluchten arbeiteten sich die beiden Gruppen Schritt für Schritt die alte Römerstraße entlang aufeinander zu. David ben Ami erbat seine Versetzung nach Jerusalem; sie wurde ihm gewährt.
Jordana hatte sich die ganze Zeit, seit sie in Tel Aviv Abschied von David genommen hatte, in einem Zustand hochgradiger Nervosität befunden. Sie kehrte nach Gan Dafna zurück, wo ungeheure Arbeit zu leisten war, um die zerstörte Siedlung
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