Exodus
hereinzubringen. Jetzt machte sie sich an die Aufgabe, diesen jungen Menschen zu helfen, sich als Mitglieder in die israelische Gemeinschaft einzuordnen. Die Lösung des Problems waren
Jugenddörfer wie Gan Dafna, doch für all die vielen, die jetzt kamen, gab es zu wenige dieser Dörfer. Bei den Erwachsenen übernahm die israelische Armee, die unter anderem jedem neuen Soldaten Hebräisch beibrachte, diese Aufgabe.
Kitty Fremont sprach inzwischen fließend Hebräisch. Es war für sie nichts Neues mehr, mit Fester J. MacWilliams und einem Transport tuberkulöser Kinder nach Israel zu fliegen oder eine Siedlung an der Grenze zu besuchen, um den Gesundheitszustand der Kinder zu inspizieren.
Und dann mußte Kitty etwas erleben, das sie zugleich froh und traurig machte. Sie traf einige der älteren Mädchen, mit denen sie in Gan Dafna zusammengewesen war, Mädchen, die inzwischen geheiratet hatten und in den verschiedenen Siedlungen lebten. Kitty hatte diese Mädchen im Lager auf Zypern und auf der Exodus bemuttert; sie waren sozusagen ihre Babys gewesen, und jetzt hatten sie selbst Babys. Kitty hatte beim Ausbau der Jugend-Aliyah und der Ausbildung des Pflegepersonals mitgearbeitet, von den ersten unsicheren Versuchen bis zu dem Punkt, wo alles vorbildlich und reibungslos funktionierte. Und jetzt erkannte Kitty Fremont plötzlich mit schwerem Herzen, daß sie ihre Schuldigkeit getan hatte. Sowohl Karen als auch Israel würden von nun an ohne ihre Hilfe auskommen. Kitty fand, es sei Zeit, ihre Zelte hier abzubrechen.
Barak ben Kanaan wurde fünfundachtzig Jahre alt. Er zog sich aus dem öffentlichen Leben zurück und war zufrieden, sich mit der Leitung seiner Farm in Yad El beschäftigen zu können. Das hatte er sich ein halbes Jahrhundert lang gewünscht. Ungeachtet seines hohen Alters war Barak noch immer ein Mann voller Kraft, geistig rege und körperlich durchaus in der Lage, den ganzen Tag über auf den Feldern seiner Farm zu arbeiten. Sein riesiger Bart war inzwischen fast ganz weiß geworden, zeigte aber immer noch Spuren des früheren flammenden Rots, und seine Hand hatte noch immer einen stahlharten Griff. Die Jahre nach der Beendigung des Freiheitskrieges gewährten ihm große Befriedigung. Er hatte endlich Zeit für sich und Sara.
Sein Glück war allerdings durch den Gedanken an Jordana und Ari getrübt, die nicht glücklich waren. Jordana konnte über den Tod von David ben Ami nicht hinwegkommen. Sie war eine Zeitlang in Frankreich herumgereist, und sie war mehrere unüberlegte Verbindungen mit Männern eingegangen, die sich sehr bald als unhaltbar erwiesen hatten. Schließlich war sie nach Jerusalem, der Stadt Davids, zurückgekehrt, und hatte wieder an der Universität zu arbeiten angefangen; doch war in ihr eine innere Leere geblieben. Ari hatte sich selbst in die Verbannung der Negev-Wüste geschickt. Barak wußte, warum; doch an seinen Sohn konnte er nicht heran. Kurze Zeit nach seinem fünfundachtzigsten Geburtstag machten sich bei Barak Magenschmerzen bemerkbar. Viele Wochen lang sagte er nichts davon. Er fand es ganz in Ordnung, daß sich in seinem Alter einige Beschwerden einstellten. Den Schmerzen folgte ein quälender Husten, den er trotz aller Anstrengungen vor Sara nicht verheimlichen konnte. Sie bestand darauf, daß er zum Arzt ging, und Barak versprach es ihr schließlich, fand aber immer wieder einen Grund, den Besuch beim Arzt zu verschieben. Eines Tages rief Ben Gurion bei Barak an und fragte ihn, ob er Lust hätte, mit Sara nach Haifa zu kommen, um an der Feier des dritten Jahrestages der Unabhängigkeitserklärung teilzunehmen und bei der Parade auf der Ehrentribüne zu sitzen. Das war eine außerordentliche Ehrung und
Barak sagte zu. Sara benutzte die Gelegenheit der Reise nach Haifa, um Barak das Versprechen abzuverlangen, zum Arzt zu gehen. Fünf Tage vor dem Fest fuhren sie nach Haifa. Barak begab sich in ein Krankenhaus, um sich gründlich untersuchen zu lassen, und er blieb dort bis zum Vorabend des Jahrestages der Unabhängigkeit.
»Nun«, fragte Sara, »was haben die Ärzte gesagt?«
»Schlechte Verdauung und Altersbeschwerden«, sagte Barak lachend. »Sie haben mir irgendwelche Pillen verordnet.«
Sara wollte es genau wissen.
»Nun laß schon, altes Mädchen. Wir sind hier, um den Tag der Unabhängigkeit zu feiern.«
Den ganzen Tag über waren Massen von Menschen nach Haifa geströmt: per Anhalter, im Auto, mit dem Zug und mit dem Flugzeug. Die Stadt wimmelte von
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