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Exodus

Titel: Exodus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leon Uris
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kleine Dov hätte am liebsten von früh bis spät bei den Bauleuten gesessen, doch die Familie drang darauf, daß er zur Schule ging und möglichst viel lernte.
    Im Frühjahr 1941 beschloß Adolf Hitler, das jüdische Problem endgültig zu lösen. In einer Geheimsitzung am Großen Wannsee verkündete Heydrich den führenden Männern des SD, der SS und anderen Nazi-Größen den Geheimbefehl des Führers. Die Endlösung hieß: Ausrottung! Mit dieser Aufgabe wurde der Siedlungsexperte SS-Obersturmbannführer Eichmann betraut.
    Innerhalb weniger Monate wurden aus den »Einsatzkommandos« — den Liquidationskommandos des SD — »Sondereinsatzgruppen« formiert und nach Polen, in das Baltikum und das besetzte russische Gebiet in Marsch gesetzt, um dort den Führerbefehl zu vollziehen und die Massenliquidierung zu organisieren. Zunächst gingen die Einsatzgruppen nach einem feststehenden Schema vor. Sie trieben die Juden zusammen und brachten sie in irgendein abgelegenes, unbeobachtetes Gebiet. Dort wurden die Juden gezwungen, ihr eigenes Grab zu graben, sich auszuziehen und nackt an ihrem Grab hinzuknien. Sie bekamen den Genickschuß.
    Einen besonderen Höhepunkt erreichte die Aktivität der Einsatzgruppen in Kiew, vor allem in einem Vorort namens Babi Yar, wo innerhalb von zwei Tagen am Rande riesiger Massengräber dreiunddreißigtausend Juden erschossen wurden.
    Daß die Einsatzgruppen so »erfolgreich« arbeiten konnten, lag zum Teil auch daran, daß sie auf keinerlei Widerstand seitens der Bevölkerung stießen, die annähernd ebenso judenfeindlich war wie die Deutschen. Das Massaker von Babi Yar fand vor den Augen zahlreicher Ukrainer statt, die laut ihre Zustimmung bekundeten. Doch es zeigte sich bald, daß die Methoden der Einsatzgruppen für den großen Plan der Ausrottung sämtlicher Juden unzureichend waren. Das Erschießen war umständlich und ging zu langsam. Außerdem taten die Juden den Nazis nicht den Gefallen, in ausreichenden Mengen zu verhungern.
    Daher arbeiteten die Nazis einen grandiosen Plan aus. Er erforderte die sorgfältigste Auswahl unauffälliger, abgelegener Plätze mit Eisenbahnanschluß und in der Nähe größerer Orte. Hochqualifizierte Fachleute wurden beauftragt, Vernichtungslager zu entwerfen, die an geeigneten Punkten errichtet werden sollten, um die Massenliquidierungen mit möglichst geringen Unkosten durchzuführen. Aus dem Personal der schon seit langem bestehenden Konzentrationslager innerhalb von Deutschland wählte man die besten Leute aus, die die neu zu errichtenden Lager übernehmen sollten.
    Es wurde Winter. Im Warschauer Ghetto hielt der Tod eine Ernte, die sogar die Zahl der Toten überstieg, die in den Gruben von Babi Yar lagen. Hunderte und Tausende von Menschen verhungerten oder erfroren. Es starben Kinder, die zu schwach waren, um zu weinen, und alte Menschen, die keine Kraft mehr hatten, um zu beten. Jede Nacht starben Hunderte; die Straßen waren morgens mit Toten besät. Sanitätskommandos zogen durch die Straßen und schaufelten die Leichen auf Karren. Säuglinge, Kinder, Frauen, Männer wurden aufgeladen und zu den Krematorien gefahren, wo man die Leichen verbrannte.
    Dov war inzwischen elf Jahre alt. Als Mundeks Bäckerei geschlossen wurde, ging Dov nicht mehr in die Schule, sondern lungerte auf der Suche nach Nahrung herum. Selbst Gruppen wie die Bauleute, die fest zusammenhielten, waren in schwerer Bedrängnis. Dov lernte es, sich mit List und Schläue im Ghetto am Leben zu erhalten. Er hielt Augen und Ohren offen und entwickelte die scharfe Witterung und den Instinkt, mit der sich ein Tier im Kampf ums Dasein behauptet. Es gab viele Tage, an denen der Kochtopf der Familie Landau leer war. Wenn es keinem der Familie oder der Bauleute gelungen war, eine Mahlzeit zusammenzubekommen, trennte sich Lea von einem ihrer letzten Schmuckstücke, um es gegen Nahrung einzutauschen.
    Es war ein langer, harter Winter. Einmal, als sie fünf Tage lang nichts zu essen gehabt hatten, gab es bei den Landaus endlich wieder eine Mahlzeit; doch Leas Hand war ohne Ehering. Dann ging es ihnen wieder besser, denn die Bauleute hatten ein Pferd organisiert. Es war ein alter, magerer Klepper, und der Genuß von Pferdefleisch war den Juden verboten; doch es schmeckte wunderbar.
    Ruth war jetzt neunzehn. Als sie in diesem Winter Jan heiratete, war sie so mager, daß man sie eigentlich nicht hübsch nennen konnte. Sie verlebten ihre Flitterwochen in dem einen Zimmer, das sie mit den vier

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