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Exodus

Titel: Exodus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leon Uris
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Flammen und Trümmer langsam herankam. Das Licht ging aus, und im Bunker wurde es dunkel und still. Dann klopfte jemand an die Tür. Es war das verabredete Zeichen. Die Tür wurde geöffnet und geschlossen, und im Bunker wurde es wieder hell.
    »Dov! Um Himmels willen! Was willst du denn hier?«
    »Schick mich nicht wieder fort, Mundek!«
    Die beiden Brüder umarmten sich, und Dov weinte. Er war glücklich, daß er wieder bei Mundek war. Alle drängten sich um Dov, der die schlimme Botschaft brachte: Es sei endgültig entschieden, daß die polnische Widerstandsbewegung den Juden nicht zu Hilfe kommen würde und daß draußen alle Leute den Aufstand des Ghettos zu verschweigen trachteten.
    »Als ich jetzt zurückkam«, sagte Dov, »war der Kanal voll von Menschen, die einfach im Schlamm liegen. Sie sind so schwach, daß sie nicht mehr weiterkönnen. Sie wissen auch nicht, wohin. Niemand in Warschau ist bereit, sie aufzunehmen.«
    So kam also der kleine Dov in das Ghetto zurück — und nicht nur er. Es geschah etwas sehr Merkwürdiges. Aus ganz Warschau und den umliegenden Dörfern kamen jetzt Juden, denen es gelungen war, unterzutauchen und als Christen zu leben, wieder ins Ghetto zurück, um an der letzten Phase des Kampfes teilzunehmen. Sie hielten es für ein Privileg, ehrenvoll zu sterben.
    Das Bombardement hörte endlich auf. Die Häuser brannten nieder, das Feuer erlosch.
    Von neuem schickte Stroop seine SS in das Ghetto, und diesmal hatte sie gewonnenes Spiel. Die Juden hatten keinerlei AbwehrStellungen mehr, keine Verbindung untereinander, kaum noch Waffen und fast nichts mehr zu essen und zu trinken. Die Deutschen gingen systematisch vor, riegelten jeweils einen Abschnitt des Ghettos ab und knackten mit Artillerie und Flammenwerfern einen Bunker nach dem andern, bis in dem ganzen Abschnitt nichts mehr lebte.
    Sie bemühten sich, Gefangene zu machen, um aus ihnen die genaue Lage der anderen Bunker herauszufoltern, doch die Kämpfer des ZOB verbrannten lieber bei lebendigem Leibe, als sich zu ergeben. Die Deutschen öffneten die Schleusendeckel und pumpten Giftgas in die Kanäle. Bald war das schlammige Wasser voller Leichen. Doch der ZOB kämpfte noch immer. Wenn die Besatzung eines Bunkers eine deutsche Patrouille entdeckte, kam sie hervor und schlug rasch und tödlich zu. Selbstmörderkommandos stürzten sich in den sicheren Tod. Die Verluste der Deutschen stiegen in die Tausende.
    Am 14. Mai 1943 versammelte Mundek die zwölf Überlebenden seiner Gruppe. Er sagte ihnen, sie hätten die Wahl zwischen zwei Möglichkeiten: entweder dazubleiben und zu kämpfen bis zum letzten Mann, oder aber die Flucht durch den Kanal zu versuchen. Vielleicht gelang es Dov, sie aus dem Ghetto heraus und in Sicherheit zu bringen. Dann bestand die freilich sehr geringe Chance, eine Gruppe der Widerstandskämpfer zu erreichen und sich ihr anzuschließen. Dov versicherte Mundek, es sei möglich, das vergaste Gebiet des Kanalsystems zu umgehen.
    Er machte sich zunächst allein auf den Weg, und es gelang ihm wirklich in die Stadt zu kommen. Doch als er sich dem Haus Zabrowska 99 näherte, sagte ihm sein Instinkt, daß dort irgend etwas nicht stimmte. Ohne stehenzubleiben ging er an dem Haus vorbei. Seine scharfen Augen entdeckten ein Dutzend Leute, die von verschiedenen Beobachtungsposten aus das Haus Zabrowska 99 überwachten. Dov wußte nicht, ob Wanda von der Gestapo gefaßt worden war oder nicht, aber er wußte jedenfalls, daß das Haus nicht mehr sicher war.
    Spät am Abend kam er ins Ghetto zurück. Es war selbst für ihn nicht leicht, den Bunker zu finden, denn es gab keine Straßen, keine Häuser mehr, nur noch Trümmer. Als er näher kam, roch er den vertrauten Geruch verbrannten Fleisches. Er stieg hinunter und zündete die Kerze einer kleinen Lampe an, die er immer bei seinen Gängen durch den Kanal benutzte. Bei ihrem flackernden Licht ging Dov von einem Ende des Bunkers zum anderen, kniete sich bei jedem, der am Boden lag, hin und leuchtete ihm mit seiner Kerze ins Gesicht. Die noch rauchenden Toten waren durch Flammenwerferstöße aus nächster Nähe bis zur völligen Unkenntlichkeit entstellt. Dov Landau wußte nicht, welche der verkohlten Leichen die seines geliebten Bruders Mundek war.
    Am 15. Mai    1943 brachte    der    Sender des ZOB    seinen letzten
    Aufruf: »Hier spricht das Warschauer Ghetto! Wir bitten euch, helft uns!«
    Am nächsten Tag, nachdem bereits sechs volle Wochen seit dem ersten

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