Expedition zur Sonne
leuchten. Eine vollständige Geburt wurde noch in keinem Fall beobachtet, aber wir wissen genug, um uns die Umstände mit einiger Gewißheit vorstellen zu können.
Und wie bei Findlingskindern, so liegt der Ursprung von Sternen im Dunkel. Lange Zeit wurde angenommen, daß Veränderungen in der Dichte des interstellaren Raums den Schlüsselfaktor darstellen, daß Zufall der Vater ist. Für Ledermann, jung und konservativ, war es kein Problem, diesen Standpunkt einzunehmen. Für ihn war es klar, daß zufällige »Winde« im Raum zeitweise Gaskonzentrationen schufen, die so dicht waren, daß ihre Schwerkraft den spaltenden Gezeitenkräften der restlichen Galaxis standhalten konnte, sie überwinden konnte, um ein lokales Potential zu produzieren, das imstande war, die Energiepartikel einer Wolke anzusammeln.
Der beinahe zwanzig Jahre ältere Elvin Toner hatte starke Vorbehalte gegen reine Statistiken. Wie jeder Mann mit bescheidenen Grundkenntnissen der Physik erkannte er die grundlegende statistische Natur vieler Gesetze des Universums. Er gab zu, daß ein Stern durch die Verkettung von Zufällen entstehen konnte, wie das die meisten Leute für sicher hielten. Aber er bezweifelte ernstlich, daß die zufälligen Bewegungen von interstellaren Gasen oft genug die nötigen Bedingungen herstellen konnten, um damit die Entstehung so vieler bekannter Sterne zu erklären, auch wenn man die eindrucksvolle Lebensdauer der Sterne berücksichtigte. Er war überzeugt – und das war für ihn ebenso ein Glaubensgrundsatz wie die bekannte wissenschaftliche Voraussetzung, daß es für alles eine natürliche Ursache geben muß –, daß irgendein besonderer Prozeß für die Entstehung der Sterne verantwortlich war.
Er konnte beweisen, daß ein solcher Prozeß der Dichte der Sterne zugrunde liegen mußte. Ledermann konnte beweisen, daß das nicht der Fall war. Beide Beweise waren statistisch, die gleichen Gesetze des Zufalls lagen ihnen zugrunde. Sie unterschieden sich natürlich, was die grundlegenden Bedingungen betraf, auf denen sie aufgebaut waren. Beide Zusammensetzungen von Bedingungen waren logisch. Und beide Hypothesen lebten weiter, weil keine genau untersucht werden konnte. Elvin Toner hatte fast dreißig Jahre dazu gebraucht, eine sehr vermögende Institution dazu zu bewegen, diese Untersuchungen durchzuführen. Und jetzt hatte er die Chance.
Es hatte viel Geld und große Anstrengungen gekostet.
Die Grunduntersuchung bestand aus detaillierten Messungen der Positionen, Geschwindigkeiten und Beschleunigungen aller Partikel, so genau, wie Heisenberg es zuließ, und möglichst gleichzeitig – in einem Gebiet von mehr als fünf Astronomischen Einheiten. Da elektromagnetische Energie benutzt wurde, brauchte man etwa zwei Stunden, nur um das Wellenmuster herzustellen, das als Rahmen für die Batterien der Meßinstrumente dienen sollte, die selbst Kraftfelder bildeten.
Nach der Errichtung des Wellenmusters mußte man die Vektor-Quantitäten der Partikel in der Region messen. Diese Messungen geschahen gleichzeitig und rasch, aber es dauerte eine Stunde, bis man die Impulse aufzeichnete, die von der Ymyrgar entlang des Wellennetzes zur Anfforddus reisten, von der die Angaben an das Mutterschiff weitergeleitet wurde.
Das war das Programm A, das nun ablief. Elektromagnetische Wellen von beinahe fünfhundert verschiedenen Frequenzen gingen von der Ymyrgar aus, pflanzten sich durch die nicht ganz leere Milliarde Kilometer fort, die das kleine Schiff von seinem Schwesterschiff trennten. Einige der Frequenzen waren ob ihrer Fähigkeit ausgewählt worden, mit den Atomen und Ionen des Raumes in Wechselwirkung zu treten, andere auf die gegenteilige Fähigkeit hin. Einige wurden von dem Apparat an Bord der Anfforddus absorbiert und analysiert, andere wurden zu ihrer Entstehungsquelle zurückreflektiert, um das feste Wellenmuster zu kreieren, das für Programm B gebraucht wurde. Und ungeheure Energien würden verschwendet werden, wenn eines der beiden kleinen Schiffe seine Position auch nur um Mikronen änderte.
Die Lichter des Kontrollsystems an Bord der Holiad berichteten vom Fortgang des Experiments, Mikrosekunde um Mikrosekunde, vom Arbeiten jedes Frequenzgenerators. Aber das Instrument, das Toner nie aus den Augen ließ, verfolgte die Funktion des Interferometers an Bord der Anfforddus . Das Licht dieses Instrumentes schien gelb, solange das Originalsystem unverändert blieb. Jede kleine Veränderung in der einen Richtung würde
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