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Exponentialdrift - Exponentialdrift

Titel: Exponentialdrift - Exponentialdrift Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
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Bündnisfall aus.
    4. Oktober 2001
Über dem Schwarzen Meer wird eine russische Passagiermaschine mit 78 Passagieren an Bord versehentlich von einer ukrainischen Rakete getroffen und zerstört.
    5. Oktober 2001
In den USA stirbt ein Pressephotograph an Lungenmilzbrand. Er hat sich offenbar mit Krankheitserregern infiziert, die sich in einem an ihn adressierten Brief befanden.
    6. Oktober 2001
Die deutsche Fußball-Nationalmannschaft spielt gegen Finnland 0:0 und verpaßt damit die direkte Qualifikation für die WM.
    7. Oktober 2001
Die USA beginnen mit Luftangriffen auf Afghanistan.

FOLGE 2
    M AN HÖRTE DIE eiligen Schritte von weitem in den Fluren hallen, die seltsam verlassen lagen für die Tageszeit. Durch das Oberlicht fiel das trübe Licht eines regnerischen Nachmittags und ließ die Wände fahl und die gerahmten Bilder darauf blaß aussehen. Dieser Teil der Klinik war nicht der, den man für die Prospekte fotografierte; es gab andere Gebäudeteile, in denen die Bemühungen der Architekten um Wohnlichkeit wesentlich mehr Erfolg gehabt hatten.
    Das Fernsehteam stand gesammelt auf der gegenüberliegenden Seite des Gangs, hinter dem Redakteur, der ungeduldig mit dem Fuß wippte. Einer der Leute mit den Scheinwerfern sah auf die Uhr, murmelte etwas von einer Verabredung mit seiner Freundin und bat den Kameramann um sein Handy, mit dem er sich ums Eck verzog.
    Doktor Röber sah ihm unwillig nach. Er fand die Sorgen dieser Leute lächerlich, und hier mit ihnen herumzustehen, nur weil sie glaubten, Ansprüche stellen zu können, war die reine Zeitverschwendung.
    Endlich kam der Mann, zu dem die Schritte gehörten, den Gang entlang, leicht außer Puste. Der Geschäftsführer der Klinik war untersetzt, ohne dick zu wirken, hatte ausgedünntes, ehemals lockiges Haar und große, fleischige Hände, mit denen er die des Redakteurs ergriff und schüttelte. »Herr Specht? Lembeck. Wir haben telefoniert.« Er nickte dem Rest des Teams flüchtig zu. »Was ist passiert?«
    »Einer Ihrer Apalliker ist aufgewacht«, sagte der Redakteur in einem Ton, der fast vorwurfsvoll klang. »Der, von dem Sie sagten, er würde nie wieder zu sich kommen.«
    »Herr Abel?« entfuhr es Lembeck. Er sah Röber mit großen Augen an. »Ist das wahr?«
    Röber nickte grimmig. »Spontanes Erwachen. Nach über vier Jahren im Wachkoma. Und Herr Specht hat es auf Band. Einen der Fälle, die Ihrer Meinung nach nur medizinische Märchen sind.«
    »Das habe ich so nie gesagt«, verwahrte sich der Geschäftsführer.
    »Aber gemeint.«
    »Drehen Sie mir doch nicht das Wort im Mund herum. Ich habe gesagt, daß wir die Kosten und ihr Verhältnis zum Nutzen im Auge behalten müssen, und dazu stehe ich, egal, was mit Herrn Abel passiert ist.«
    »Da drüben ist der Mann mit der Kamera«, sagte Röber. »Der ist bestimmt dankbar für eine Aussage, wieviel Mark ein Menschenleben wert ist.«
    »Wenn es nach Ihnen ginge, dann trieben wir den medizinischen Fortschritt so weit, bis eines Tages die eine Hälfte der Bevölkerung im Koma oder sonstiger Pflegebedürftigkeit vor sich hin dämmert und der Rest nichts anderes mehr tut, als sie zu pflegen«, versetzte Lembeck ärgerlich und hielt auf die Tür von Zimmer 62 zu. »Überhaupt will ich mir das erst einmal mit eigenen Augen ansehen.« Er verschwand im Patientenzimmer.
    Der Redakteur warf Röber einen abschätzigen Blick zu. »Sie haben ziemlich oft Streit mit ihm, was?«
    »Er ist ein Kaufmann«, sagte Röber. Das letzte Wort spuckte er beinahe aus, absichtlich.
    Lembeck kam wieder aus der Tür. Der Mann, der eine Maschinenbaufirma geleitet hatte, ehe er auf seine alten Tage dem Ruf des Stiftungsvorstands gefolgt war, schien sichtlich erschüttert. »Der ist ja wieder voll da«, meinte er. »Ich dachte, Sie meinen nur irgendwelche kommunikativen Zeichen.«
    »Er hat eigenständig Kontakt aufgenommen, mich fixiertund angesprochen«, erklärte Röber. »Wobei er, was Sprache anbelangt, noch desorientiert ist, aber man kann praktisch zusehen, wie er wieder adäquat wird. Und deshalb«, setzte er hinzu, »sollte ich jetzt da drin bei Schwester Irene sein.«
    »Nein, deshalb sollten wir jetzt da drinnen weiterfilmen«, unterbrach der Redakteur. Er stocherte mit dem Zeigefinger in Richtung auf Lembecks Brust. »Wir richten uns selbstverständlich nach ärztlichen Vorgaben, aber diese Gelegenheit müssen wir wahrnehmen und den ganzen Fall dokumentieren. Daraus kann eine große Sache werden, ein Beitrag für ein

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