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Extraleben

Extraleben

Titel: Extraleben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Constantin Gillies
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Stunde über die Schotterstraße zurück zum Highway. Auf einmal stockt der Motor - krack! Unser Boot geht vorne in die Knie, als ob es gegen eine unsichtbare Barriere gefahren wäre. Nick steigt voll in die Eisen, aber da der Motor abgesoffen ist, stirbt auch der Bremskraftverstärker langsam ab, und das Auto kommt erst nach endlosen Metern zum Stehen, schon halb in der Böschung. Nichts passiert, wahrscheinlich ist ein Vorderreifen geplatzt, kein Wunder bei der Straße. Ich will gerade aussteigen, um den Schaden zu begutachten, da greift Nick nach meinem Unterarm und hält mich zurück. »Oh Shit!«, zischt er leise, während er wie hypnotisiert in den Seitenspiegel starrt. Ich drehe mich um, und dann sehe ich sie auch: Zwei Typen in einem weißen Pick-up haben direkt hinter uns angehalten, nur eine halbe Wagenlänge entfernt. Das sieht verdammt nach Ärger aus. »Cops?«, flüstere ich. »Nee, sieht eher nach Wachdienst aus«, raunt Nick zurück. Ich schaue in meinen Seitenspiegel. Langsam steigt ein Mann auf der Fahrerseite aus. Der Figur nach zu urteilen war er mal in der Armee, wahrscheinlich bei den Marines oder der Delta Force. Wie Wurst aus der Pelle quillt der Bizeps aus den kurzen Ärmeln seines hellgrauen Hemdes. Er trägt so eine in Regenbogenfarben verspiegelte Sonnenbrille. Typ Vanilla-lce-Video von 1990, und eine zu seinem hellgrauen Overall passende Baseballkappe. Vom Copiloten kann man nur die unbewegliche Silhouette erkennen. Am Rückfenster zwischen Fahrer und Beifahrer hängt einer dieser Gewehrhalter, den viele Leute in dieser Gegend haben. Ich bilde mir ein, dass mindestens ein Steckplatz besetzt ist. »Jetzt sind wir echt gefickt«, flüstert Nick in seinen T-Shirt Kragen. Er hat recht. Normale Passanten sind das nicht. Durch das halboffene Wagenfenster hört man, wie der Schotter unter den Sohlen der Kampfstiefel knirscht. Wir versuchen, beschäftigt auszusehen, und starren krampfhaft auf das Armaturenbrett, als ob man hier den magischen Rettungsplan ablesen könnte. Unterdessen dreht Nick mit zitternden Händen weiter wild am Zündschlüssel herum. Nichts. Nicht mal ein Klicken aus dem Motorraum, als ob die Batterie komplett ausgestöpselt ist. Leider tut auch die Zentralverriegelung nur das, was sie in solchen Momenten tun soll: Sie denkt, es hat einen Unfall gegeben, und entriegelt sich. Wir sitzen fest in einem offenen Käfig. Dann taucht der dunkle Umriss des Zweimetermanns vor Nicks Seitenscheibe auf. Wir tun weiter so, als hätten wir nichts bemerkt. »Hey guys, got problems?« Ein heiserer Bariton, abgeschmirgelt von jahrelangem Brüllen auf dem Kasernenhof, dröhnt durch die geschlossene Scheibe rein. »Yeah«, stammelt Nick, nachdem er die Tür einen Spalt weit geöffnet hat, »the engine just stopped, and ...« Ruppig fällt ihn der Typ ins Wort. »Should I have a look at it? I'm a trained mechanic.« Kann das wirklich wahr sein? Knallen die uns wirklich nicht ab, müssen wir wirklich nicht bei denen in der Dusche die Seife aufheben? »Mensch, mach auf!«, zische ich zu Nick rüber. Wie in Trance langt er zur Haubenentriegelung. Klack, der Grill quietscht ein paar Zentimeter hoch. Routiniert löst unser Helfer den zweiten Riegel am Kühler und verschwindet hinter der weißen Blechwand der Haube. Aus dem Motorraum kommen ein paar schlagende Geräusche, wie ein Hammer auf Metall. Ich schaue in den Rückspiegel. Da, der zweite Mann bewegt sich! Er scheint sich nach vorne zu bücken, kramt wohl im Handschuhfach rum. Jetzt holt der die Magnum raus und wir sind dran! Bange Sekunden vergehen. Rumms. Hinter der zufallenden Haube taucht das erstarrte Gesicht des Marine auf. »Try again«, brüllt er rüber. Nick dreht den Schlüssel und - der Wagen springt sofort an, als ob nichts gewesen wäre. »Äh, äh, great«, haspeln wir simultan. Völlig ungerührt stapft unser Retter zurück zu seinem Pick-up. Im Vorbeigehen redet er noch irgendwas von »radio antennas« und zeigt auf den Horizont. Noch ehe wir die Sendemasten in der Ferne ausmachen können, ist er schon wieder im Führerhaus verschwunden. Der V8-Bigblock heult kurz auf, und der Monstertruck rauscht an uns vorbei: Für einen Sekundenbruchteil blitzt das Gesicht des anderen Mannes auf, der die ganze Zeit auf dem Beifahrerplatz sitzen geblieben war; er scheint kleiner zu sein, trägt aber genau dieselbe Uniform und Sonnenbrille. Er starrt unbeweglich nach vorne. Erst, nachdem der Truck hinter der nächsten Hügelkuppe verschwunden

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