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Extraleben

Extraleben

Titel: Extraleben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Constantin Gillies
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Tabasco- Flasche hin und her und nuschelt »auch egal«, In diesem Moment taucht Suzi mit zwei gigantischen Steaktellern auf, die sie zusammen mit einer ganzen Batterie von Steaksoßen auf die Tischplatte krachen lässt, ehe sie das vorgeschriebene »Enjoy« abspult. Voller Erleichterung darüber, aus dieser deutlich zu emotionalen Situation gerettet worden zu sein, greifen wir zu unseren Steakmessern. Die Dinger sehen verdammt gut aus, aus Nicks Lappen tropft förmlich das Blut. Gerade kein Muh mehr drin, so, wie er es mag - das verfehlt seine Wirkung nicht. Sein Gesicht hellt sich auf, und alles sieht danach aus, als ob der Abend seinen normalen Gang nähme. Schon nach dem ersten Bissen fängt mein Blutsbruder wieder an rumzuspinnen: »Was für nen Wagen würde Bandit wohl heutzutage fahren? Sicher keinen 81er TransAm mehr.« Wir wägen kurz ab und entscheiden uns für eine Dodge Viper. »Hm, gut möglich«, urteilt Nick, »jedenfalls keinen Importwagen.«

 
    LEVEL 15
     
    Es ist sechs Uhr, und wir spielen Shinobi in Twin Peaks/Oregon. Gut, der Ort heißt nicht wirklich Twin Peaks, aber er könnte so heißen, denn hier sieht es genau aus wie in der Fernsehserie: Zwei Dutzend Holzhäuser quetschen sich in ein Tal, das von schwarzen, bedrohlichen Tannenwäldern umzingelt ist. Noch hat es die Sonne nicht über die Berge geschafft, und ein dunkles Grau liegt über dem Ort, hinter dem sich auch gut das Grauen verbergen könnte. Durch den dicken Morgendunst auf der Hauptstraße blinzeln nur eine Straßenlaterne und eine alte Telefonzelle. Seinen Kirschkuchen bekäme Agent Cooper hier allerdings nicht, da der nächste Coffeeshop zwanzig Meilen entfernt ist. Also müssen wir auf nüchternen Magen zocken. Und all das nur, weil Nick beschlossen hat, seine dreckigen T-Shirts dieses Jahr zu waschen, anstatt, wie sonst immer, einfach bei Wal-Mart ein paar neue zu kaufen. Scheint eine Tour der Traditionsbrüche zu werden. Wir haben natürlich auch schon vorher an einigen Münzwäschereien gehalten - nicht um zu waschen, sondern um eine Runde an einem der alten Arcade-Automaten zu zocken, die hier oft noch stehen. An denen sollen die Leute eigentlich spielen, während sie auf ihre Wäsche warten, und obwohl das außer uns kaum noch ein Kunde tut, werden die Dinger nicht weggeräumt. So haben sich die Coin Laundries im Laufe der Zeit zu einem interessanten Retrogaming-Reservat gemausert. Überhaupt ist dieser Ort angenehm in der Vergangenheit stecken geblieben. Die meisten Betreiber wirtschaften nach dem Motto »Waschmaschine ist Waschmaschine« und kaufen aus Prinzip keine neuen Geräte. Nicht selten sehen die schwimmbadgrün lackierten Monster aus, als habe die Kelly da schon die Uniform von ihrem Tom gewaschen, bevor der als G.I. nach Korea musste. Der Capri Laundromat macht da keine Ausnahme. Die beigen Waschmaschinen sind von der Sorte, in die man seine Sachen durch eine Klappe von oben rein steckt, und rotieren hier gut und gerne seit der Reagan-Ära; zwischen den Gerätereihen liegen ein paar verbogene Wäschekörbe aus Chrom herum. Irgendjemand hat versucht, den beißenden Geruch der Waschmittel mit einem Zimt-Duftspray zu überdecken, mit dem Erfolg, dass es jetzt wie Weihnachten in der Waschküche riecht. Neben der Tür hängt eine Pinnwand mit den dorfüblichen Infos: Hat jemand Allison (14) gesehen? Am 16. August startet die Kartoffelausstellung. Zuchtbulle zu verkaufen, 500 Dollar oder bestes Angebot. Daneben steht ein Automat, aus dem man sich wahlweise Schokozeugs oder Einzelpackungen Waschmittel ziehen kann - natürlich nicht so einen phosphatfreien deutschen Öko-Weichspüler, sondern hartes Amizeug mit Chlorbleiche, das die Wäsche weißer macht als eine Kutte vom Ku-Klux-Klan. Wenn man seine Hemden damit zweimal malträtiert, reißt der Stoff am Kragen auf. Früher haben wir immer versucht, den Trip zur Münzwäscherei romantisch zu verklären, so à la Levi's-Werbung. Mittlerweile mussten wir einsehen, dass in diese Läden kein Nick Kamen reinkommt, um seinen Astralkörper aus der 501 zu schälen, sondern nur Joe aus dem Wohnwagenpark, und der hat kein Sixpack, sondern trinkt höchstens eines. Heute Morgen scheinen wir allein zu sein, jedenfalls im Moment. Auf dem Parkplatz vor der Tür steht zwar ein alter Pick-up - Stoßstangen-Aufkleber: »Born to fish, forced to work« -, und als wir reinkamen, lief schon eine Waschmaschine. Doch der Besitzer der Wäsche hat sich noch nicht blicken lassen. Wir packen zwei

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