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Extrem laut und unglaublich nah

Extrem laut und unglaublich nah

Titel: Extrem laut und unglaublich nah Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Safran Foer
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Kamera scharf.
    Er hielt seine Hände extrem still.
    Ich machte das Foto.
    Ich sagte zu ihm: »Ich gehe jetzt nach Hause.« Er griff nach seinem Buch und schrieb: »Was ist mit deiner Oma?« »Richten Sie ihr aus, dass ich morgen mit ihr rede.«
    Auf halbem Weg über die Straße hörte ich, wie hinter mir jemand in die Hände klatschte, es klang fast wie die Flügel schläge der Vögel draußen vor Mr Blacks Fenster. Ich drehte mich um und sah den Mieter in der Tür des Hauses stehen. Er legte sich eine Hand an die Kehle und öffnete den Mund, als wollte er noch einmal versuchen, etwas zu sagen.
    Ich rief ihm zu: »Was wollen Sie mir sagen?«
    Er schrieb etwas in sein Buch und hielt es hoch, und da ich die Wörter nicht lesen konnte, rannte ich zurück. Auf der Sei te stand: »Bitte erzähl deiner Großmutter nichts von unserer Begegnung.« Ich erwiderte: »Wenn Sie es nicht wollen, tue ich es auch nicht«, ohne mir die nahe liegende Frage zu stellen, warum er unsere Begegnung unbedingt geheim halten wollte. Er schrieb: »Wenn du je meine Hilfe brauchst, wirf einfach Steinchen ans Gästezimmerfenster. Dann komme ich runter und treffe dich unter der Straßenlaterne.« Ich sagte: »Danke.« Dachte aber insgeheim: Wofür sollte ich je seine Hilfe brauchen?
    An diesem Abend wollte ich einfach nur einschlafen, konn te aber nicht anders, als mir unaufhörlich Sachen auszuden ken.
    Wie wäre es, wenn Flugzeuge eisgekühlt wären, damit sie nicht von mit Wärmesensoren ausgerüsteten Raketen getrof fen werden konnten?
    Wie wäre es, wenn die Drehkreuze am Eingang der U Bahn-Stationen gleichzeitig Strahlungsmessgeräte wären?
    Wie wäre es, wenn Rettungswagen so lang wären, dass sie jedes Gebäude mit einem Krankenhaus verbänden?
    Wie wäre es, wenn Umhängetaschen einen Fallschirm ent halten würden?
    Wie wäre es, wenn man in Pistolenkolben Sensoren einbau te, die registrierten, wenn man wütend war, sodass man nicht aus Wut schießen konnte, selbst nicht als Polizist?
    Wie wäre es, wenn es mit Teflon beschichtete Overalls gäbe?
    Wie wäre es, wenn Wolkenkratzer bewegliche Teile enthiel ten, sodass sie sich im Notfall selbst umbauen und sogar ein Loch in ihrer Mitte öffnen konnten, um ein Flugzeug durch fliegen zu lassen?
    Wie wäre es, wenn …
    Wie wäre es, wenn …
    Wie wäre es, wenn …
    Und dann kam mir ein Gedanke, der ganz anders als alle bisherigen war. Er berührte mich tiefer, und er war lauter. Ich hatte keine Ahnung, woher er kam oder was er zu bedeuten hatte oder ob er mir gefiel oder nicht. Er öffnete sich wie eine Faust oder eine Blume.
    Wie wäre es, wenn ich Dads leeren Sarg ausgraben würde?

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WARUM ICH NICHT BEI DIR BIN
11.9.03
Tut mir Leid, ich spreche nicht.

Ich heiße Thomas .

Tut mir trotzdem Leid .

An mein Kind: Meinen letzten Brief habe ich dir am Tag deines Todes geschrieben, eigentlich wollte ich dir danach kein einziges Wort mehr schreiben, ich habe meine Vorsätze so oft gebrochen, warum bin ich überrascht, dass ich den Stift heute Abend doch wieder zur Hand genommen habe? Ich schreibe diese Zeilen, während ich auf Oskar warte, in einer knappen Stunde werde ich dieses Buch zuklappen und ihn unter der Straßenlaterne treffen, und dann machen wir uns auf den Weg zum Friedhof, zu dir, dein Vater und dein Sohn, und so ist es dazu gekommen. Vor fast zwei Jahren habe ich dem Portier deiner Mutter eine Nachricht gegeben. Ich habe von der anderen Straßenseite zugeschaut, wie die Limousine vorfuhr, sie stieg aus, sie griff nach der Tür, sie hatte sich sehr verändert, aber ich habe sie trotzdem wiedererkannt, ihre Hände hatten sich verändert, aber ihre Handbewegungen waren immer noch die gleichen, sie ging mit einem Jungen ins Gebäude, ich konnte nicht sehen, ob der Portier ihr meinen Brief gab, ich konnte nicht sehen, wie sie reagierte, der Junge kam wieder heraus und verschwand in einem Gebäude auf der anderen Straßenseite. Abends beobachtete ich sie, sie stand am Fenster und drückte ihre Hände an die Scheibe, ich hinterließ noch eine Nachricht beim Portier, »Willst du mich wiedersehen, oder soll ich verschwinden?« Am nächsten Morgen hing eine Nachricht in ihrem Fenster: »Verlass mich nicht«, die Wörter hatten irgendetwas zu bedeuten, aber sie bedeuteten nicht: »Ich will dich wiedersehen.« Ich las eine Hand voll Steinchen auf und warf sie gegen ihr Fenster, nichts tat sich, ich warf noch mehr, aber sie kam nicht ans Fenster, ich schrieb einen Satz in mein Tagebuch

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