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Exzession

Exzession

Titel: Exzession Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Banks
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lächelte
sie an. Sie lächelte zurück.
    Nachdem sie den Gallertanzug entfernt hatte, perlte etwas
Schweiß auf ihre Stirn und Oberlippe. Er fächerte ihrem
Gesicht mit seinen Flügeln behutsam Luft zu, indem er sie
schwungvoll von den rückwärtigen Schultern hervorschwenkte
und dann wieder zurück. Die großen Augen betrachteten ihn
eine Weile, dann legte sie den Kopf zurück, reckte sich und
seufzte. Ein paar rosafarbene Kissen schwebten vorbei, trafen auf
ihre fließenden Arme und prallten träge davon ab.
    Die Mietbegrenzungs-Warnanlage der Jacht klingelte; es war nicht
erlaubt, sich zu weit von Stuf zu entfernen. Er hatte das Boot
bereits angewiesen zurückzukreuzen, sobald die Grenze erreicht
wäre; es setzte gehorsam seine Maschinen in Gang, und sie wurden
für eine Weile mit köstlich verschlungenen Gliedern in die
schlüpfrig warmen Flächen der Polster und Kissen
gedrückt. Das Mädchen wand sich mit einer
sinnlich-fleischlichen Trägheit; ihre Augen waren jetzt sehr
dunkel.
    Er wandte den Blick zu einer Seite und bemerkte die kleine
Kameradrohne, die sie mitgebracht hatte; sie saß auf dem Sims
unter einer der diamantförmigen Sichtluken, das eine Perlauge
immer noch starr auf sie beide gerichtet. Er blinzelte ihr zu.
    Etwas bewegte sich draußen, in der Dunkelheit, zwischen den
langsam kreisenden Sternen. Er betrachtete es eine Zeitlang. Die
Jacht murmelte etwas, ihre Motoren feuerten leise; eine scheinbare
Gravitation klebte ihn und das Mädchen für eine oder zwei
Sekunden an die Decke, dann trat die Schwerelosigkeit wieder ein. Das
Mädchen gab ein paar kleine Geräusche von sich, die darauf
hindeuten mochten, daß sie schlief, und schien sich innerlich
zu entspannen, sich von ihm zu lösen. Er zog sie mit den Armen
wieder näher an sich heran, damit er ihr nicht entglitt,
während seine Flügel, einmal, zweimal schlugen und sie
näher zur Sichtluke brachten.
    Draußen, ganz dicht, zog ein Schiff vorbei, in die Richtung
nach innen unterwegs, auf dem letzten Streckenstück nach Stuf.
Sie mußten sich direkt in seiner Bahn befunden haben; das
Feuern der Jachtmotoren hatte einem Ausweichmanöver gedient.
Leffid blickte hinab auf das schlafende Mädchen und
überlegte, ob er sie aufwecken sollte, damit sie hinausschauen
konnte; es war etwas Magisches an dem Anblick dieses vorbeiziehenden
großen Schiffes, dessen dunkler, auffällig
geschmückter Narbenrumpf nur hundert Meter von ihnen entfernt
den Raum durchschnitt.
    Er hatte eine Idee, und vor sich hin grinsend streckte er die Hand
nach der kleinen Kameradrohne aus – die gegenwärtig eine
hübsche Aussicht auf das Hinterteil des Mädchens und seine
Eier hatte –, um sie umzudrehen, mit Blickrichtung durch die
Sichtluke auf das vorbeiziehende Schiff, damit sie eine
Überraschung erleben würde, wenn sie die Aufzeichnung
ansehen würde, doch dann nahm etwas anderes seine Aufmerksamkeit
in Anspruch, und seine Hand berührte die Kameradrohne gar
nicht.
    Statt dessen starrte er zur Luke hinaus, den Blick fest auf einen
bestimmten Teil des Schiffsrumpfes geheftet.
    Das Schiff zog vorbei. Er starrte weiterhin hinaus in den
Raum.
    Das Mädchen seufzte und bewegte sich; zwei ihrer Arme griffen
aus und zogen sein Gesicht näher zu ihr; während ihre Scham
sein Glied wie eine Faust umschloß.
    »Huuuu«, hauchte sie und küßte ihn. Ihr
erster echter Kuß, ohne Gallertanzug über ihrem Gesicht.
Ihre Augen waren immer noch bezaubernd, ozeantief und
bezaubernd…
    Estray! Ihr Name war Estray! Natürlich. Ein ziemlich
gewöhnlicher Name für ein ungewöhnlich reizvolles
Mädchen. Sie würde einen Monat lang hierbleiben, ja? Leffid
beglückwünschte sich. Dies würde letzten Endes doch
noch ein wirklich gelungenes Festival werden.
    Sie fingen wieder an, sich gegenseitig zu liebkosen.

    Es war genauso gut wie beim ersten Mal, aber nicht besser, weil er
immer noch nicht fähig war, den Vorgängen seine
uneingeschränkte Aufmerksamkeit zu widmen; jetzt versuchte er
zwar nicht mehr, sich an den Namen des Mädchens zu erinnern,
vielmehr konnte er nicht aufhören darüber zu grübeln,
warum ein Notsignal des Elench umständlich über den
Narbenrumpf eines Affronter Leichten Kreuzers gespritzt worden
war.

 
6 – Armseligkeit
     
     
I
     
    Ulver Seich schluchzte in ihr Kissen. Es ging ihr nicht zum
erstenmal schlecht; ihre Mutter hatte ihr irgendeinen Wunsch
abgeschlagen, ein Mann hatte – unglaublicherweise –
jemanden ihr vorgezogen (was zugegebenermaßen sehr

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