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Exzession

Exzession

Titel: Exzession Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Banks
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schwieriger. Vielleicht auch
entschuldbarer, aber ganz bestimmt auch schwieriger.
    Sie hatten sich auf der Party der Homomdanischen Botschafterin zur
Feier des Beginns des sechshundertundfünfundvier- zigsten
Festivals von Stuf kennengelernt. Er hatte beschlossen, sich für
den Monat des Festivals die Neurallitze entfernen zu lassen; da das
diesjährige Thema Primitivismus lautete, hatte er sich
veranlaßt gesehen, einen wichtigen Teil seiner
Zusatzausstattung abzulegen. Seine Wahl war auf die Neurallitze
gefallen, denn obwohl das keine körperliche Veränderung
bedeutete und er für alle anderen genau wie vorher aussah, hatte
er vermutet, daß er sich anders fühlen würde.
    Was wirklich der Fall war. Es war ein seltsam befreiendes
Gefühl, andere Leute nach Dingen zu fragen und um Informationen
zu bitten und nicht genau zu wissen, wie spät es war und wo
genau im Habitat er sich befand. Aber andererseits bedeutete es auch,
daß er sich auf sein eigenes Gedächtnis verlassen
mußte, wenn es darum ging, sich an die Namen von Leuten zu
erinnern. Und wie unvollkommen war doch das menschliche
Gedächtnis, wenn es nicht unterstützt wurde (er hatte das
ganz vergessen!).
    Er hatte sogar auch daran gedacht, sich die Flügel abnehmen
zu lassen, zumindest teilweise, um deutlich zu zeigen, daß er
dem Geist des Festivals folgte, aber letzten Endes hatte er sie doch
behalten. Vielleicht war das ganz gut so; dieses Mädchen hatte
ein großes Aufhebens um seine Flügel gemacht; sie war
direkt auf ihn zugekommen, maskiert, mit glitzerndem Körper. Sie
war beinahe so groß wie er, makellos proportioniert, und sie
hatte vier Arme! Außerdem einen Drink in jeder Hand. Genau die
Art von Frau, die ihm zusagte, wie er auf der Stelle beschloß,
während sie noch seine zusammengefalteten schneeweißen
Flügel bewunderte. Sie trug so etwas wie einen Gallertanzug;
seine Grundfarbe war ein tiefes Blau, aber mit einem Muster, als ob
er vollständig mit Golddraht umwickelt und mit kleinen Diamanten
in einem kontrastierenden, sanft schimmernden Rot übersät
gewesen wäre. Ihre Schnurrhaar-Maske bestand aus Porzellan-Bein,
mit eingelegten Rubinen und schillernden Badra-Federn
geschmückt. Betäubendes Parfüm.
    Sie reichte ihm ein Glas und nahm die Maske ab, um Augen von der
Größe offener Münder zu enthüllen; sanfte Augen,
schwarz und tiefgründig im strahlenden Licht der vibrierend
dekorierten Kuppel, bis er genauer hinsah und die winzigen
Lichtfunken in ihrer gewölbten Oberfläche bemerkte. Der
Gallertanzug bedeckte sie überall mit Ausnahme dieser stark
veränderten Augen und eines kleinen Lochs an ihrem Hinterkopf,
wo ein Zopf aus langem, glänzend rotbraunem Haar herausfiel. Mit
Golddraht umwickelt, fiel er ihr bis auf den Po-Ansatz hinab, wo er
an den Anzug gebunden war.
    Sie hatte ihren Vornamen genannt; die Lippen des Gallertanzuges
hatten sich geteilt und weiße Zähne und eine rosafarbene
Zunge entblößt.
    »Leffid«, hatte er sich seinerseits vorgestellt und sich
tief verneigt, ohne dabei jedoch ihr Gesicht aus den Augen zu lassen,
so gut es eben ging. Sie hatte zu seinen Flügeln hinaufgeblickt,
als diese sich über sein schwarzes Gewand zu ihr erhoben hatten.
Er hatte bemerkt, daß sie tief Luft holte. Die Lichter in ihren
Augen hatten hell gefunkelt.
    Ah-ha! hatte er gedacht.
    Die Homomdanische Botschafterin hatte die ausgelassen dekorierte,
stadiongroße Schüssel, die ihre Wohngemächer
darstellte, für die Party in einen altmodischen Jahrmarkt
verwandeln lassen. Sie waren zwischen den Schaubuden, Zelten und
Fahrbetrieben hindurchgewandert, er und sie, hatten brav Konversation
betrieben, über andere Leute, an denen sie vorüberkamen,
gelästert, sich über die erfrischende Abwesenheit von
Drohnen bei der Party gefreut, die Vorteile von Wirbelkarussellen,
Schüttelrüttlern, Rumpelbahnen, Eisrutschen,
Quittelquatteln, Scheibenrädern, Klemmschaukeln, Windschleudern,
Trampeltrommeln und Schmeißwänden diskutiert und die pure
Sinnlosigkeit von speziesübergreifenden Lustigste-Geschichte-
Wettbewerben bejammert.
    Sie befand sich auf einer Fortbildungstour, auf die sie von ihrer
Heimat-Orbitalstation geschickt worden war und die darin bestand,
daß sie mit einer Gruppe von Freunden auf einem
halbexzentrischen Schiff, das hier für die Dauer des Festivals
angelegt hatte, ihr Wissen erweiterte. Eine Tante von ihr hatte
Kontakte zum Kontakt und hatte ihr eine Einladung zum Festival der
Botschafterin zukommen lassen; ihre

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