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Fado Alexandrino

Fado Alexandrino

Titel: Fado Alexandrino Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: António Lobo Antunes
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Kommuniqués, Kundgebungen und Kommentaren, machten dem Militär schöne Augen, bereiteten Subversives für September vor, der Präsident der Republik, mit Monokel und in Handschuhen, keifte vor der üblichen apathischen Menge, ewig unruhige Grüppchen der extremen Linken rührten sich, die Mulattin bat um ein weiteres Sandwich, und ihre riesigen, elastischen Backen blähten sich und zogen sich ölig wieder zusammen wie bei Fröschen in den Pfützen. Es muß Ende August gewesen sein, wenn ich es recht bedenke, ein paar Wochen bevor der Maler in Cruz Quebrada, in der Nähe der Einmündung der Abflußrohre, tot aufgefunden wurde, wo er unförmig zwischen Exkrementen und Müll dümpelte, die Zeitungen publizierten eine Nachricht dazu, vergaßen sie am Tag darauf, griffen sie wieder auf, als Desiré festgenommen wurde, der beschuldigt worden war, ihn umgebracht zu haben, wie, weiß ich nicht mehr, erstochen, mit einem Seil, die Hände am Hals, ich rannte eine Zeitlang bang herum, hatte Angst, ein paar Typen könnten in Uniform oder in Zivil, grimmig und unbeugsam, im Lager oder zu Hause aufkreuzen, mich zur Wache schubsen, mich von vorn und im Profil mit einer Nummer auf der Brust aufnehmen, mich mit Licht in den Augen einbuchten, mich unter Ohrfeigen zwingen, zig Vergewaltigungen, Raube und fürchterliche Dinge zu gestehen, die Odete entsetzt in der Zeitung lesen, die Tante und die Schwester schwer beeindruckt im Radio hören würden, aber sie verurteilten den Neger zu zwölf Jahren Gefängnis (Die Neger kann man verurteilen, brüllte der Richter in Lourenço Marques, oder wollen Sie zufällig,
daß wir Weiße verurteilen?), und er beruhigte sich ganz allmählich, fand wieder so etwas wie Freude an dem komplizierten, traurigen Wunder, am Leben zu sein.
    – Im Grunde hast du dich wegen dieser Beziehung zu dem Schwulen schuldig gefühlt, erklärte der Funker, schuldig, weil du dich hast monatelang von ihm aushalten lassen, ihn ausgenutzt, ihn verachtet hast. Im Grunde warst du mit dir selber nicht im reinen.
    – Und Odete, fragte der Leutnant, hat die nicht gemerkt, daß du plötzlich kein Moos mehr hattest? (Das ist nämlich, weißt du, eines der wenigen Dinge, die den Frauen nicht entgehen, erklärte der Oberstleutnant, eines der wenigen Dinge, die die Tussen sofort riechen.)
    Sie hat es nicht gemerkt, weil ich die Kollegen häufig zum Cais do Sodre begleitete, sie merkte es nicht, weil ich immer einen Alten fand, der bereit war, ein paar Piepen lockerzumachen für eine Runde im Auto in Monsanto, einen kurzen Besuch in der Wohnung eines einsamen Homosexuellen, die überquoll von gutem barockem, übertriebenem Geschmack, für einen kleinen Stop auf dem Parkplatz von Montes Claros, wo riesige Bäume über irgendeiner scheuen, gierigen Glatze mit den Zweigen rauschten. Sie bemerkte es nicht, weil das Gehalt bei Umzüge Ilídio eine einzige Scheiße war, die die Buchhalterin sich zu strecken weigerte, und was man nachts in den Pissoirs und den öffentlichen Anlagen verdiente, reichte, einmal davon abgesehen, daß es lustig war, für ein paar ordentliche fröhliche Runden in den Imbißstuben an der Ribeira, bei denen wir uns gegenseitig freundschaftliche Knüffe gaben und den Transvestiten Scherze zuriefen, die sich am Tresen ihrer Perücken entledigten, um sich eilig ein paar männliche Tresterschnäpse einzuverleiben. Einige dieser Frauen mit Bart, die tätowiert und mit Cremes bedeckt waren, leisteten uns melancholisch bis zum Morgengrauen Gesellschaft, mehr Bier, mehr Wein, mehr Oktopussalat, mehr Pipis, und das Make-up platzte, in dem Maße, wie die Stunden voranschritten, auf wie morscher
Putz, Risse und Sprünge öffneten sich auf den Wangen und auf der Stirn, Farbe kristallisierte am Hals aus, unter den Wimpern froststarrer Eulen erschienen Augenringe der Schlaflosigkeit, die Stimmen wurden tiefer, die Gesten wurden männlicher und komplizenhafter, der Kellner der Imbißstube löschte das Neonlicht an der Decke, und wir traten hinaus in die weiße Helligkeit des Morgens, von jenen merkwürdigen Amphibien ohne Geschlecht begleitet, die sich in Pensionszimmer in Santa Marta oder Alcäntara flüchteten, wo sie in den Nestern ihrer Eisenbetten die komplizenhafte Wiederkehr der Dämmerung erwarteten.
    – Wahnsinnsschuldig in bezug auf den Schwulen, ließ der Funker nicht locker, weil du dachtest, er habe sich deinetwegen umgebracht oder sei deinetwegen umgebracht worden.
    Na gut, wie auch immer, am Ende freundet man

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