Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Fado Alexandrino

Fado Alexandrino

Titel: Fado Alexandrino Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: António Lobo Antunes
Vom Netzwerk:
und überwinden, von den salbungsvollen, finsteren Priestern, die das Land in einem großen schwarzen, von Gebetbüchern, Meßgewändern, Domherren überquellenden Schiff verlassen, an dessen Bug eine Nazistandarte flattert, davon, wie die Autos von begeisternden proletarischen Fahrrädern ersetzt werden, davon, wie wir alle fröhlich in die Büros, die Lagerhäuser, die Docks, die Werkstätten
radeln, chinesische Schlagworte gegen den verhaßten amerikanischen Imperialismus und gegen den noch verhaßteren sowjetischen Imperialismus entziffern, und was ich eigentlich wollte, Herr Hauptmann, war, ihr über dem inzwischen eiskalten Beefsteak und dem Bierschaum, der in den Gläsern kristallisierte und in einem Schleier weißer Blasen aushärtete, antirevolutionär gestehen, Vergiß den Marxismus-Leninismus-Maoismus und küß mich, laß den Genossen Ho Chi Minh für ein paar Minuten beiseite, und komm mit mir einen Augenblick lang hinter das Restaurant, wo der Koch den Müll und die Essensreste in große Zinkwannen schüttet, damit ich deine Brust berühren, damit ich deinen Bauch berühren, damit ich an deinem Hals saugen kann, wobei uns Trauben von Vagabunden und Hunden folgen, uns ausspähen, beobachten, die sich fröstelnd für die Nacht in trockene Zweige, Branntweinflaschen, schmutzige Lumpen und fleckige Zeitungsseiten einwickeln, laß das Mittagessen stehen, scheiß auf den Sozialismus, heb die Röcke hoch, leg dich auf das Gras, halt fest, was ich in meinen Unterhosen wachsen fühle, und steck ihn mit einem kurzen, heiseren, leichten tierischen Jammern in deine Scheide. Statt dessen, Herr Hauptmann, blieb ich ruhig, anstatt die Rechnung zu bezahlen und sie am Arm hinauszuzerren, sagte ich kein Wort, nickte ich mit dem Kopf, gab ich mir Mühe, mich auch für die Fabrikkommissionen zu interessieren, na klar, die Gewerkschaftsführung, das ist doch offensichtlich, die Priester alle vertrieben, wirklich eine Erleichterung, laßt uns das Paradies der wahren Volksdemokratie in diesem verrotteten, heruntergekommenen Europa errichten, in dem man nicht mehr leben kann, das von Coca-Cola, Wegwerffeuerzeugen und Kaugummi vergiftet, vom Krebsgeschwür der Multis und von der infamen Ausbeutung durch die liberale Wirtschaft zerfressen ist, düngt die Erde jetzt gleich mit den fetten, mit süßem Eidotter gefüllten Eingeweiden der Reichen. Ich zeigte Interesse, Zustimmung, rührte unaufhörlich den Kaffee mit einem Zinnlöffelchen um und sagte insgeheim zu mir, Ich möchte, daß das hier alles zum
Teufel geht, was geht mich das an, da drüben sind ein paar wirklich passende Büsche, Dália.
    – Ich hasse tiefgefrorenen Fisch, sagte die Parfümwolke, indem sie sich mit preziösen Goldschmiedsgesten noch einmal nahm, Von mir aus brauchen Sie es ja nicht zu glauben, aber ich schwöre Ihnen, daß ich lieber hungere, als diese gräßlichen Filets zu essen. Noch etwas Zitrone, Artur? Die ist wunderbar für die Nerven, da ist wahnsinnig viel Vitamin C drin, mein Vater, der bei der Handelsmarine war, zwang uns täglich, eine ohne Zucker auszulutschen.
    Nach dem Abendessen, dachte der Oberstleutnant in Panik, ein Likör, ein Digestif, ein Cordial, ein Whisky, winzige Gläser, das Klingeln von Eis, sie beide nebeneinander auf dem Sofa, nur eine blasse, intime Lampe brennt in der Ferne, entfernt sich langsam in der öligen Stille von Schiffen, ihr Körper, der sich, mit den Hinterbacken schaukelnd, erhebt, um das Radio anzumachen, um die Platte zu wechseln (Tangos, Sambas, Boleros, rhythmisch aphrodisierende Tricks), der sich mir nähert, der sein Bein leicht an meines lehnt, der den Schenkel an meine Hose preßt, die großen flüssigen Augen, die sich umnebeln und mich anstarren, der Mund, der sich wie eine Blüte öffnet und an dessen Vorderzahn ein kleines Stückchen Erdnußschale klebt, die Hand, die zufällig meine Finger am Rand des Aschenbechers streift, der Atem, der immer intensiver wird, immer näher kommt, die austernfarbenen Augenlider, die sich langsam schließen (Unser Kommandeur ist ein Vulkan, erklärte energisch der Soldat, er läßt keine aus), und wenn ich nicht kann, sorgte ich mich, und wenn ich ihn nicht hochkriege und wenn ich es nicht bringe und wenn ich eine traurige Figur abgebe wie bei der Concierge, schließlich kam die Rechnung auf einer gesprungenen Plastikuntertasse, ein kleines Rechteck aus rosa Papier, auf dem die Summe verblaßte, der Funker wollte ihr gestehen, Ich liebe dich, Dália, die Büsche da

Weitere Kostenlose Bücher