Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Fado Alexandrino

Fado Alexandrino

Titel: Fado Alexandrino Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: António Lobo Antunes
Vom Netzwerk:
Nachmittage nicht mehr, die Standarten setzten Schimmel an, die Fahnen lösten sich von ihren Holzstangen, auf der Gipsglatze der Leninbüsten sprossen unerwartete Locken aus Staub und Pilzen, der Cellist meldete sich als Freiwilliger, um in Kambodscha zu kämpfen, und brach mit dem Instrumentenkasten voller Maschinenpistolen und Plastikrevolver auf, die Versammlungen des Zentralkomitees verloren mit dem Fehlen von ungestümen, energischen Genossen den Biß, der Rauchnebel, der sich verzogen hatte, gab den Blick auf die kranken, feuchten Wände frei, die verblichenen, zerfetzten Poster, die Rußflecken, den Schimmel an der Decke, die tausend Risse und Spalten und Schrunden und Mängel und Wasserblasen im Stuck, die Beiträge reichen nicht, um die Miete zu bezahlen, blökte verzweifelt der Schatzmeister, ihr werdet schon sehen, eines Tages erscheint der Vermieter mit einer Räumungsanordnung und zack, wir versuchten es mit Verlosungen und nichts, versuchten es mit Tombolas und so gut wie nichts, wir bereiteten eine Tanzveranstaltung vor, aber die Nachbarn haben sie nicht gestattet, wir baten das aufgeklärte Proletariat und die Bauern mit dem hellsten Verstand um Unterstützung und bekamen nicht einen lumpigen Heller, bis kurz vor Weihnachten ein Herr mit kleinem Schnurrbart und Weste in Begleitung eines Herrn mit Aktentasche auftauchte, der selbstgefällig ein getipptes Blatt Papier zückte, ein Polizist, der die Hände hinter dem Rücken verschränkt hatte, scheuchte unten majestätisch die Gaffer aus der Umgebung weg, und eine halbe Stunde später fanden wir uns trotz der Prosteste von Olavo, der mit sich überschlagender Stimme marxistisches Gebrüll von sich gab, den Mantel auf den Boden warf, hinter zwei
Umzugsmännern mit Schultern wie Schränken tieftraurig auf der Straße wieder, als Aufpasser für eine Pyramide aus humpelnden Stühlen und einarmigen Tischen, aus Haufen von Manifesten, fliegenden Blättern, Dosen mit rotem und schwarzem Spray für Wandinschriften, lahmen Schreibmaschinen, einem kaputten Vervielfältigungsapparat, Helmen, Kampfanzügen, nicht einstellbaren Ferngläsern, Karnevalsmasken, mottenzerfressenen Dominos, römischen Gladiatorenstiefeln, prunkvollen Bazookas aus Weißblech zum Abfeuern von Tomaten und Melonen und unzähligen, streng träumerischen Bärten von Engels aus zerbrochenem Ton in den verschiedensten Größen, saßen auf dem letzten schiefen Sofa, dessen Sprungfedern den von Streichhölzern und Kippen geschwärzten, brandfleckigen Stoff der Kissen durchstießen, und schauten auf den Fluß, während die Straßenjungen, die Zigeuner, die Drogenschmuggler, die Blinden und die Obstverkäufer uns Mobiliar, Embleme und Inschriften stahlen, die mit riesigen Hämmern bewaffneten Umzugsmänner lösten für immer den unsterblichen Namen der Organisation von der Fassade, und der Herr mit dem kleinen Schnurrbart und der Weste stieg in Begleitung des Herrn mit der Aktentasche in einen goldfarbenen Opel mit gestreiften, gewebten Decken als Sitzüberzug, der ruckelnd davonfuhr, gegen die Gemüsekarren und die an die Tür der Tavernen gelehnten Müßiggänger stieß, bis er sich mit einem letzten Rülpser an einer messerscharfen Gassenecke verflüchtigte, wo eine Alte auf einem dreibeinigen Schemel gleichgültigen Kaufmannslehrlingen Zeitungen und Blumen aus Gummi aufdrängte.
    – Mich hatte seit Ewigkeiten niemand mehr so behandelt, entschuldigte sich der Oberstleutnant. Seit Jahren hatte ich nicht mehr erlebt, was ein gewaschener Frauenkörper ist.
    – Wenn Sie sich nicht umgehend für das entschuldigen, was Sie gesagt haben, warnte die Schwiegermutter (halten Sie den Mund, Jaime, Sie spucken nur Unsinn aus), werde ich noch morgen mit meinem Anwalt sprechen.

    – Und da haben Sie einfach so geheiratet, Herr Kommandeur, meinte traurig der Soldat. Da haben Sie sich gleich mit der ersten begraben, die Ihnen über den Weg gelaufen ist.
    – Wir haben noch ein oder zwei Stunden darauf gewartet, daß uns jemand half, erklärte der Funker: Olavo hat einen Freund angerufen, der einen Laster hat, und nichts, Dália hat ein paar Cousins um Hilfe gebeten, die nie gekommen sind, und am Ende sind wir alle gegangen und haben den Schrott einfach mitten auf der Straße stehenlassen, als würde uns, wissen Sie, nichts davon gehören, während die Zigeuner und die Blinden sich gegenseitig die Bücher mit den Protokollen und die Bilder von Ho Chi Minh aus den Händen rissen. Es muß jetzt im Bairro Alto

Weitere Kostenlose Bücher