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Fado Alexandrino

Fado Alexandrino

Titel: Fado Alexandrino Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: António Lobo Antunes
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Vergangenheit, die Geräusche der Straße erhielten unmerklich die Textur von Schimmel oder Moos, die sich auf den Konsolen und den Kleidern der Verstorbenen ausbreiten. Onkel Ilídio, in Schlafanzug und Schal, nieste ganze Sonntage lang beim Legen von Patiencen auf dem fleckigen kleinen runden Tisch mit der bis zum Boden reichenden Decke, die Hühner erschienen und verschwanden streng und dumm auf der Fensterbank, der Himmel über den Dächern, über den Steinbögen, über den rostigen Schornsteinen mit ihren Hütchen war melancholisches, sich verdickendes, hart werdendes und sich wieder verflüssigendes Wasser, ein vertikales Meer mit seinen winzigen Dampfern und seinen riesigen Schiffbrüchen, die dreckigen Fingernägel des Alten mischten und verteilten die Karten, aber sogar seiner alten, fleischfressenden, ständigen Wut waren Kraft und Sinn abhanden gekommen, die Angestellten gehorchten ihm nicht mehr eifrig wie sonst, die Ladungen hatten Verspätung, die Lastwagen brauchten Ewigkeiten, bis sie wieder zurückkamen, hielten an jeder Taverne zu einer Feier nach der anderen, täglich verloren wir Kunden, täglich schimpfte zorniges Gebell am Telefon, Sie haben mein Klavier kaputtgemacht, Mir fehlen zwei Sessel, Was ist eigentlich aus meinem Intarsienschrank geworden?, nur die Blume in der Vase im gläsernen Büro mit den aufgereihten Aktenordnern und den nacheinander abgelegten Rechnungen schien zu blühen, nahm an Farbe und Größe zu, allein die Blume in der Vase würde die Fensterrahmen zersprengen, sich im Lager ausbreiten und uns unweigerlich alle verschlingen, Lastwagen, Angestellte,
Mäuse, Möbel, Staub, riesig, scharlachrot, tentakelbewehrt, fleischfressend, die Blume, die, während sie uns verdaute, zur Straße in Richtung Krankenhaus gleich gegenüber und zum Conde de Redondo mit seinen heruntergekommenen Nutten und seinen menschenleeren Konditoreien hinaufsteigen würde, Odete kam noch einmal mit ein paar Kartons mit einem mageren, unbedeutenden Typen in einem bis zum Boden reichenden Mantel als Unterstützung zurück, um Bücher, Papiere, Fotos, die Plakate mit den bärtigen Typen und unsympathischen Arbeitern mitzunehmen, die an den Wänden klebten, sagte von der Tür aus guten Tag zu mir und verschwand im Zimmer, um in Schubladen zu wühlen, der magere Typ, der kerzengerade neben ihr stand, um größer zu wirken, riet, Das ist wichtig, das ist unwichtig, das unbedingt, das hierlassen, das verbrennst du besser, denn wenn die Bourgeoisie das Haupt erhebt, kann alles passieren, Genossin, und ich, verblüfft, mit offenem Mund, sah ihren Körper an, der voller geworden war, ihre Brüste, die größer geworden waren, auf die runden Schenkel im Kleid, die angemalten Augenlider, das braune Haar den Rücken hinunter, ich dachte, Schälst du die Birne immer noch über den Fischgräten?, der Alte begegnete ihr und schnaufte empört, warf einen mörderischen Seitenblick zum Mantel, als trüge er die Hörner, Herr Hauptmann, als wären es seine, als würde seine Stirn schwer wiegen, Odete (oder muß ich sie Dália nennen, Herr Oberleutnant?) brachte ganze Borde in Unordnung, kippte Schubladen aus, wickelte respektvoll die Büste eines stirnrunzelnden Alten in ein Blatt Papier, Schälst du die Birne immer noch über den Fischgräten, Odete?, und dann fiel mir der Kleine ein, und das hat mich berührt, und dann spürte ich ihren Geruch, und da war ich natürlich gerührt, der anders ist als der von der Mulattin, Herrschaften, ein Aroma ohne Duftstoffe, nur gewaschene Haut und Fleisch und Seife (Baden die Kommunisten auch? fragte der Leutnant, benutzen die Revolutionäre auch Deodorant unter den Achseln?), der schmächtige Freund trug ihr, unter dem Gewicht schwankend, die Kartons auf
die Straße, während sie auf Knien, mir den Hintern zugewandt, den Koffer mit der Wäsche mit Ketten und Bändern verschnürte, und ohne es zu wollen, einfach so, sprudelte mir die Stimme aus der Kehle, Schälst du die Birne immer noch über den Fischgräten?, kein Zorn, kein Tadel, keine Klage, nur, Schälst du die Birne immer noch über den Fischgräten?, Odete hielt verblüfft inne, starrte mich an, ihre Augenbrauen berührten sich über der Nase wie die Zirkumflexakzente der Häuserdächer, Was? fragte sie, was ist denn das für eine Geschichte von Gräten und Birnen?, Onkel Ilídio hustete tadelnd in der Ferne, ließ die Asthmapumpe pfeifen, ließ absichtlich in der Küche Töpfe fallen, Warum ist das Weib noch nicht weg, warum

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