Fado Alexandrino
dachte der Oberstleutnant, ich idealistisch und naiv mit noch ein paar Hoffnungen: mach dir keine Sorgen, du wirst die Illusionen umgehend verlieren, du Blödmann, mach dir keine Sorgen, du wirst schnell zu einem verstorbenen Stück Scheiße werden genau wie ich. Er stand auf, und bevor er sich zum Fenster
wandte, zeigte er dem anderen ein Bündel kopierter, mit kleiner, konspirativer Schrift engbedruckter Seiten, die mit Verbesserungen gespickt waren.
– Was hat dieses ganze Gerede hier zu bedeuten, Herr Hauptmann?
Der Wind wirbelte die gelbe Erde des Kasernenhofes auf, Beete, die pyramidenstumpf- oder quaderförmigen Betongebäude der Kasernen, Spielzeugjeeps, die bei den Bäumen rollten: Vor zwanzig Jahren hatte ich so was im Kopf, glaubte ich an die Menschen, die Kameraden, an die Möglichkeit einer Veränderung: jetzt nicht, mein Sohn, jetzt überzeugt mich kein Abenteuer mehr. Hauptmann Mendes, der häßlich, groß und unbeholfen war, studierte schnell die Papiere:
– Eine Studie unserer Lage im Vergleich zu der der Milizionäre, Herr Kommandeur, erklärte er in einem nach außen hin matten, oberflächlichen Tonfall. Und als Anhang ein halbes Dutzend kritische Kommentare in bezug auf die allgemeine Lage des Landes, der Überseeprovinzen: wie Sie sehen können, haben fast alle Offiziere unterschrieben.
Die Bäume, die Mauer, und jenseits der Mauer die Stadt: winzige Sozialbauwohnungen, der Verkehr nach Vila Franca, Fabriken, der Beginn des Anfangs der Provinz.
– Über zweihundert Namen bis jetzt, Herr Kommandeur, verkündete Hauptmann Mendes, der mitten im Raum stand und seine farblosen Oktopusblicke in der Runde schweifen ließ. Es wird erwartet, daß die, die noch nicht unterzeichnet haben, dies in Kürze tun werden.
– Es handelt sich also schlicht und ergreifend um eine Rebellion, entgegnete der Oberstleutnant, während er mit den Händen über die Brust, die Flanken, die Hinterbacken, die Beine der Putzfrau strich, deren Gesicht sich in einem stummen, fleischfressenden Lächeln weitete, während der Major auf dem Flur brüllend einen diensttuenden Soldaten zusammenstauchte: deine Handgelenke rufen mich, deine Knie halten mich gefangen, dein Mund
bittet. Ich nehme an, fügte er hinzu, während er dachte, Ich werde nicht schaffen, in sie einzudringen, daß das da überall im Umlauf ist.
– Ich ließ nicht zu, daß meine Tochter eine andere Angestellte besorgte, ertrug ihr Schimpfen, ihre Warnungen, Drohungen, verlangte, daß die Concierge weiter für mich arbeitete, einmal in der Woche bekam ich im Sanitätsposten eine Vitaminspritze, eine Spirale meines Blutes stieg dunkel in der Spritze auf. Vor zwanzig Jahren, verdammt noch mal, da zitterte ich vor Malaria in Indien, die Gewalt des Regens ließ das wacklige Holz der Veranda zusammenstürzen, riesige Geckos platschten oben an der Decke entlang. Hauptmann Mendes legte das Papierbündel mit einer Bewegung auf den Schreibtisch, deren Grazie ihn überraschte, wie die bestimmter mechanischer Stangen, die winzige Metallstückchen bewegen:
– Aktive Solidarität aller Einheiten des Landes, Herr Kommandeur. Majore und Hauptleute, aber auch viele Oberstleutnants und untere Offiziersgrade.
Grauer Himmel, graue Gebäude, graue Straßen, grauer Nebel: Scheißwinter, mieser Frühling, Regentropfen, die in der Luft schaukelten: sogar das Grün der Zweige kam ihm an diesem Morgen grau vor, die Gesichter blaß und kraftlos, die Bewegungen fettig von Niedergeschlagenheit, Mutlosigkeit. Er zerriß das Manifest in zwei Teile und warf es in den Weidenkorb unter den Fahnen:
– Ich hoffe zumindest, daß Sie genau wissen, was Sie da zusammenbrauen, meinte er ohne die geringste Überzeugung, während er sich auf die Putzfrau legte und dachte, Gebe Gott, daß ich diesmal kann. Die Leuchtzeiger des Weckers winkten, das Bild seiner Frau dicht neben ihm machte ihm Mut, sehr ernst und mit toupierter Frisur. Nach dem Regen die erstickende Feuchtigkeit, daher setzte er sich auf das, was von der Veranda noch übrig war, befächelte sich mit einem aus der Zeitung gerissenen Stück Papier. Die weiße, auf einem Bügel hängende Uniform tropfte steif an der Wand.
– Erlauben Sie bitte, Herr Kommandeur? bat Hauptmann Mendes, der auf dem Teppich in unbeholfenem Langustengang auf ihn zukam. Türen schlugen, die Waschmaschine arbeitete stockend, die anderen Zimmer der Wohnung näherten und entfernten sich im Rhythmus der aus dem Takt geratenen Schläge seines Blutes, das
Weitere Kostenlose Bücher