Fado Alexandrino
Lächeln der Putzfrau wurde allmählich zu einem langandauernden gutturalen Jammern, ihre schuppigen, harten Fersen preßten ihm die Hinterbacken zusammen. Er blieb mitten im Büro abwartend stehen: Hätte ich vor zwanzig Jahren den Mut gehabt, wenn sie mich dazu verlockt hätten, würde ich mit den anderen bei so einer Verrücktheit mitgemacht haben? Hauptmann Mendes hüstelte, um die Stimme zu klären, und schob die asymmetrische Brust, in der die Rippen kleine Knoten unter dem Hemd bildeten, in seine Richtung vor. Eine Arterie am Hals schlug sanft zwischen den Sehnen:
– Wir hätten gern gewußt, ob wir mir Ihrer ausdrücklichen Unterstützung rechnen können, Herr Kommandeur: Wenigstens, das mußte man immerhin sagen, ein respektvoller Blick, ein Sinn für Hierarchien, verdammt. Wie Sie sehen, haben viele höhere Offiziere bereits unterzeichnet, die Tatsache, daß Sie sich uns anschließen, kann nicht als isolierte Haltung bewertet werden. Und die Fliederfarbe der Dämmerung, ferner Donner, die Unruhe des Busches, das Mädchen, das durch den Hintereingang hereinkommen würde, mit Cremes und Ölen eingeschmiert, und wortlos, wie eine riesige Eidechse ins Bett schlüpfen würde. Der Oberstleutnant drehte dem Hauptmann den Rücken zu, um zerstreut die Vitrine mit den Standarten und Trophäen der Einheit zu betrachten. Die Fotografie des Admirals in Weiß wunderte sich von oben herab mit einem Ausdruck vollkommener Dummheit.
– Das Puzzle ist noch nicht fertig, mir fehlen noch Daten, entgegnete vorsichtig der Oberstleutnant, der sich wie ein Fötus an den energischen Körper der Frau klammerte. Und dann sagen Sie mir doch mal im Vertrauen, wohin das alles führen soll.
– Eine schlappe Revolution, Herr Hauptmann, beklagte sich der Funker, dessen beschlagene Brillengläser ohne Pupillenfische darin das Schillern des Nebels über dem Meer annahmen, eine richtig schlappe Revolution. Ein kleinbürgerlicher Staatsstreich, von den Moskauer Revisionisten kontrolliert, die das Heer mit den Sirenengesängen der Sozialdemokratie infiltriert haben. Wir wollten eine wahre, von den Bauern, der Arbeiterklasse, den Unterdrückten ganz allgemein angeführte Erhebung des Volkes auf dem Weg zu einem absoluten Sozialismus.
Eine große, glitschige Eidechse, die niemals sprach, immer in lange grüne Tücher gewickelt war, mit dunklen, beinahe reglosen Gliedern, nicht vorhandenen Brüsten und einem Gesicht ohne Wangen, dessen Flintsteine oder dessen vorstehende Holzknubbel oder dessen konvexes Metall der Augen auf dem Kopfkissenbezug glitzerten. Und nicht einmal ein Schrei, nicht einmal ein Seufzer, nicht einmal eine Zärtlichkeit, eine rätselhafte, passive Gleichgültigkeit: Heute muß sie eine alte Frau sein, dachte der Oberstleutnant, eine Alte, die mit Mittelscheitel, einem Punkt auf der Stirn und langem glattem grauem Haar vor ihrer Adobehütte im Dorf sitzt und zuschaut, wie der Regen wütend die Vordächer und Palmen auflöst.
– Das steht hier alles, Herr Kommandeur, argumentierte Hauptmann Mendes, während er sich auf den ellenlangen Beinen wiegte, ich weiß wirklich nicht, welche Angaben Ihnen noch fehlen, damit Sie uns Ihre Unterstützung geben oder nicht. Wir haben es satt, als Sündenbock zu dienen, wir möchten zu einer friedlichen, konstruktiven Lösung des Problems beitragen. Unter Militärs stimmen Sie doch sicher zu, daß der Krieg in den Überseeprovinzen nicht zu gewinnen ist. Unser General Spinola beispielsweise tritt für eine föderative Lösung ein.
Sie hat nicht einmal etwas gesagt, als ich mich morgens in dem Haus von ihr verabschiedete, das von einem riesigen Gewitter zerstört wurde, in dem unsichtbare Hände die Wolken wie Brotteig kneteten. Die Bäume zappelten zwanghaft, Schwefelhelligkeit
ließ die wenigen, verstreuten Möbel jäh kupferfarben aufblitzen. Kein Wort, kein Ton, die feuchten Finger ausgestreckt, die vollkommene Ausdruckslosigkeit der Züge, der Jeep fuhr los, unsicher im Sturm, von losen Blättern, Müll, Wasserschwällen, Schlammniesern getroffen, die Spuckestrahlen glichen. Durch den Körper, die Sätze, das Gesicht, den Blouson von Hauptmann Mendes hindurch sah er, wie das Haus in der Ferne immer kleiner wurde, den Aufruhr des Flusses, die Angst des Waldes, sein eigenes, mikroskopisches Herz, das zitterte. Jetzt schaust du zu, wie der Regen auf irgendein nichtssagendes Dorf fällt, kochst in einem dreibeinigen Topf über einem kleinen Haufen aus Glut und gewundenen Scheiten,
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